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1. Kapitel

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In den folgenden Wochen und Monaten entwickelt Robert eine Menge Theorien, wie er dieses Stückchen Papier der Besitzerin wieder zuführen könnte. Aber keine führte zum Ziel.

Beruflich geht es überraschend schnell aufwärts. Robert avanciert zum Abteilungsleiter in der großen Maschinenfabrik, in der er seit fünf Jahren tätig ist. Die unmittelbare Nähe zu seinem Chef birgt auch spürbare Besonderheiten, wie zum Beispiel plötzlich anberaumte Besprechungen an einen Samstag, Robert nimmt es gelassen.

Der Sommer ist vorüber, Robert sitzt in einem IC auf der Rückfahrt von einem Seminar, zu dem ihn sein fürsorglicher Chef geschickt hatte, auf dass er noch mehr wisse als bisher, Nur, soviel Neues konnte er da auch nicht in Erfahrung bringen. Der Zug fährt schnell, die Landschaft zieht vorbei, noch zwei Stunden, dann ist er wieder in seiner kleinen Stadt. Plötzlich fällt ihm das Lesezeichen ein. Das ist sein immer noch ungelöstes Problem. Er greift in die Innentasche seiner Jacke und erstarrt. Da ist es nicht. Natürlich, es steckt in der braunen Jacke, die er zur Arbeit anzieht. Jetzt kommt Panik auf. Am Montag hat er auf dem Weg zum Bahnhof die Jacke zur Annahmestelle der Reinigung gebracht, nur reingereicht und gerufen „Keine Zeit, ich muss zur Bahn." Es echote: „Alles okay. Wie immer, Herr Wille."

Und nun ist das Lesezeichen in die Reinigung gekommen. Keine Hoffnung auf ein Überleben. Ein Blick auf die Uhr. Der Laden ist zu. Robert hadert mit sich. Morgen in aller Frühe wird er zu dem Laden gehen und die Jacke abholen. Vielleicht …

Robert hat eine schlechte Nacht hinter sich gebracht, als er ohne zu frühstücken sich als erstes auf dem Weg macht, um die Jacke abzuholen. Gegenüber vom Laden gibt es Frühstück, das will er sich heute gönnen. Im Eilschritt ist Robert unterwegs zur Annahmestelle. Die Frau hinter dem Ladentisch scheint ihn schon erwartet zu haben. Ein Stapel Hemden aus der vorigen Woche liegt auf dem Tisch, die braune Jacke und eine weiße Tüte.

„Das ist alles für Sie, Herr Wille. Und das hier …", sie nimmt die Tüte in die Hand, „hat die Reinigung extra mitgeschickt. Da war noch etwas in einer Innentasche. Kontrolle ist eben alles."

Robert nimmt die Tüte in Empfang, ein Blick hinein genügt, es ist das Lesezeichen. Glücklich verlässt er den Laden mit einer großen Tasche und einer kleinen Tüte. Er geht direkt zum Lokal gegenüber. Als er am Büffet auswählt, stellt er beiläufig fest, so entspannt ist er seit langem nicht gewesen.

Trotz aller Zufriedenheit in seiner beruflichen Tätigkeit – er fliegt mit seinem Chef in alle Kontinente, außer Australien – bleibt ein Unbehagen, das eher größer wird, als dass es verfliegt. Wer ist die Frau, der dieses Lesezeichen gehört? Er kommt einfach nicht los von diesem Teil, das er mindestens einmal am Tag in seinen Händen hält. Robert erklärt sich manches Mal für verrückt, weil er dieses Stückchen Pappe mit Wollfaden nicht einfach beiseite legt. Seine Skatfreunde werden schon aufmerksam ob seiner immer öfter auftretenden Unkonzentriertheit.

Seele an Seelchen

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