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8. Kapitel

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Es ist ein trauriger Vormittag mit Opa. Beide sind ratlos.

Robert fragt Opa Heinrich: „Wissen Sie etwas über die Hintergründe, die Seelchen in die selbst gewählte Isolation geführt hat mit der auffälligen Absicht, Abstand von den Männern zu halten?"

Opa: „Ach, Robert, das ist eine ganz schlimme Sache, ein tiefes Tal, durch das Seelchen immer noch wandelt. Seelchen hat das Ende der Beziehung mit ihrem Freund, den sie sehr geliebt hat, den wir auch gut kannten, meiner Frau erzählt. Von ihr weiß ich etwas über das Drama. Aber wollen Sie das wirklich wissen?"

Robert: „Wie soll ich Seelchens Verhalten überhaupt verstehen? Ich kann mir eine ganze Menge vorstellen, aber richtig einordnen kann ich keine meiner Vorstellungen."

Opa: „Seelchen hat sich voll und ganz auf ihren Winfried verlassen. Wir hatten übrigens Vorbehalte, die zu äußern zu heftigen Kontroversen führten. Sie glauben gar nicht, wie Seelchen ihre Meinung verteidigte! Aber das muss sich etwa so abgespielt haben …" Opa setzt sich in Positur, zieht die Stirn in Falten, fährt fort: „Seelchen war auf einem Kongress in der Schweiz, dann wollte sie Freunde in Genf besuchen, ganz nette Leute, die uns auch hier besucht haben. Aus irgendeinem Grund kommt das Treffen nicht zustande. Seelchen fährt zwei Tage früher als geplant nach Hause, trifft sich mit ihrer Freundin, geht mit ihr in ein Cafè, bevor sie sich auf den Heimweg macht. Die Freundin erzählt ihr, dass sie Winfried mit einer Frau zusammen gesehen hat. Da ist ja nicht unbedingt etwas dabei.

Als sie später die Haustür öffnet, hört sie Musik, am Haken in der Garderobe hängt ein fremder Damenmantel. Seelchen geht der Musik nach, öffnet die Tür zum Schlafzimmer und sieht etwas, was ihr die Sinne raubt. Ihren Winfried bei der Arbeit in ihrem Bett … Sie schließt die Tür sicherlich nicht leise und läuft aus dem Haus, nimmt ihr Handy und ruft ihn an. Er soll die Wohnung sofort verlassen und seine Sachen mitnehmen, nimmt den letzten Zug und fährt hierher. Oma Maria hörte sich alles an, ich wurde aus dem Zimmer geschickt, einfach so. Es war eine schrecklicher Abend. Die Wohnung hat sie gekündigt und sich eine neu Bleibe gesucht, für sich selbst.

Wir haben Seelchen nicht wieder erkannt. Nur langsam ist sie wieder so geworden, wie sie früher war. Nur langsam verschwand die Verbitterung. Aber mit den Männern wollte sie nichts mehr zu tun haben."

„Da habe ich schlechte Karten", sagt Robert, „Ich habe mir eben vorgestellt, dass es solche Szenen nur in schlechten Filmen gibt."

Opa: „Glauben Sie mir, Robert, Seelchen ist zutiefst verletzt. Das versteht man nur, wenn man weiß, wie sehr sie ihrem Freund vertraut hat."

Robert: „Was hat denn dieses Scheusal für einen Beruf?"

Opa: „Banker, man glaubt es kaum, die werben doch immer um Vertrauen."

Robert: „Offenbar gibt es Ausnahmen."

„Wie gesagt", Opa hebt beide Hände hoch, „ich weiß nur soviel, wie von der weiblichen Zensur freigegeben worden ist."

Robert: „Das ist aber auch schon genügend schlimm." Dann nachdenklich: „Dann war sie tatsächlich auf der Flucht, als ich sie auf dem Bahnsteig ganz arglos leicht berührte."

Opa nickt. „So sehe ich das auch. Aber, Robert, irgendetwas hat sich verändert. Sie hat Vertrauen in Sie gefasst. Würde Sie sonst anrufen, fragen, ob Sie hier sind?"

Robert: „Mögen Sie recht haben, Opa Heinrich. Ich bin richtig traurig. Hat dieser charakterlose Typ auch einen Namen gehabt? Man weiß ja nie, wofür es gut ist, den Namen zu wissen."

Opa: „Rottmann heißt er, Winfried Rottmann. Bei welcher Bank er arbeitet, weiß ich nicht."

„Das interessiert auch nicht" murmelt Robert, „aber was ist, wenn dieser Typ Seelchen nachstellt?"

Opa: „Bis jetzt hat Seelchen keine Andeutung in dieser Richtung gemacht."

Robert bricht das Thema ab: „Entweder Schach oder spazieren gehen im Park?"

„Das Letztere, bitte", sagt Opa, „kann mich nicht konzentrieren."

Die Beiden sind lange im Park unterwegs, immer im Gespräch. Selbst der alte Cicero muss herhalten.

Seele an Seelchen

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