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I. Begriff

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Der Begriff des Europarechts kann im weiteren und im engeren Sinn verstanden werden. Im weiteren Sinn bezeichnet Europarecht das Recht der europäischen internationalen Organisationen, wobei der Kreis zunächst auf westeuropäische Organisationen beschränkt wurde. Einige von ihnen haben allerdings auch nicht-europäische Mitglieder, andere wurden ab 1990 auch für osteuropäische Staaten geöffnet.

Beispiele:

Zu diesen Organisationen zählen zB die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA), die Europäische Patentorganisation (EPO), der Europarat, die NATO, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ua.

Beim Europarecht im weiteren Sinn handelt es sich um klassisches Völkerrecht.

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Europarecht im engeren Sinn bezeichnet das Recht der Europäischen Union. Deren Ursprünge gehen zurück auf die 1957 gegründete Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG, später in Europäische Gemeinschaft/EG umbenannt) und die ebenfalls 1957 gegründete Europäische Atomgemeinschaft (EAG oder EURATOM). Die 1951 gegründete Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) war zeitlich limitiert und lief 2002 aus. Das Recht dieser drei Gemeinschaften nannte man Europäisches Gemeinschaftsrecht.

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Auf der Basis der Europäischen Gemeinschaften wurde durch den Vertrag über die Europäische Union vom 7. Februar 1992 (EUV oder Vertrag von Maastricht) die EU geschaffen und durch den Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 und den Vertrag von Nizza vom 26. Februar 2001 modifiziert. Ihre heutige Gestalt erhielt die EU schließlich durch den Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (zur Gestalt der EU vor dem Lissaboner Vertrag s. Vorauflage Rn 24 ff).

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Die EU enthielt sowohl supranationale (s. Rn 1159) wie auch Elemente klassischer völkerrechtlicher Kooperation. Umstritten war allerdings, ob sie eine eigenständige internationale Organisation darstellte. Das BVerfG bezeichnete die EU in seinem Maastricht-Urteil vom 12. Oktober 1993 (BVerfGE 89, S. 155 ff) als „Staatenverbund“. Was dies konkret bedeutet, hat es zunächst offengelassen, im Lissabon-Urteil vom 30. Juni 2009 dann aber (für die mit dem Lissabon-Vertrag neu errichtete EU) wie folgt beschrieben (BVerfGE 123, 267 ff, 347):

„Der Begriff des Verbundes erfasst eine enge, auf Dauer angelegte Verbindung souverän bleibender Staaten, die auf vertraglicher Grundlage öffentliche Gewalt ausübt, deren Grundordnung jedoch allein der Verfügung der Mitgliedstaaten unterliegt und in der die Völker – das heißt die staatsangehörigen Bürger – der Mitgliedstaaten die Subjekte demokratischer Legitimation bleiben.“

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Durch den Vertrag von Lissabon kam es zu einer grundlegenden Änderung der Konstruktion der EU. Daher spricht man auch vom „Reformvertrag von Lissabon“.

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Die EU basiert gemäß Art. 1 Abs. 3 Satz 1 EUV seither auf zwei Verträgen, dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Der erste Vertrag ersetzt den bisherigen EUV, der zweite benennt den EGV um und ändert ihn teilweise. Beide Verträge sind rechtlich gleichrangig (Art. 1 Abs. 3 Satz 2 EUV). Dazu kommt noch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) (Art. 6 Abs. 1 EUV).

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Der Begriff des Europäischen Gemeinschaftsrechts entfällt seitdem, man spricht nur mehr vom Unionsrecht oder EU-Recht (Ausnahme s. Rn 32).

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Die EU hat den Status einer internationalen Organisation bekommen, die Völkerrechtssubjektivität besitzt (Art. 47 EUV, s. Rn 1161). Sie ist an die Stelle der EG getreten, deren Rechtsnachfolgerin sie ist (Art. 1 Abs. 3 Satz 3 EUV). Folgerichtig hat sie die gesamten bisher von der EG oder von ihr selbst erlassenen Rechtsakte übernommen, die vorbehaltlich späterer Änderungen in Geltung geblieben sind. Ebenso hat sie alle völkerrechtlichen Verträge, welche die EG abgeschlossen hat, übernommen (sog. acquis communautaire).

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Das gesamte Unionsrecht ist seit Lissabon supranational (s. Rn 1159), allerdings mit einer Ausnahme. Diese betrifft die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), die insoweit eine Sonderstellung bekommt, als sie einem speziellen intergouvernementalen Verfahren mit grundsätzlicher Einstimmigkeit bei Abstimmungen unterliegt (Titel V EUV).

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Die Europäische Atomgemeinschaft (EAG) wurde nicht in die EU einbezogen, sondern besteht als eigenständige internationale Organisation mit Völkerrechtssubjektivität weiter. Der EAGV wurde – soweit notwendig – dem EUV und dem AEUV angepasst (Protokoll Nr 2 zum Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, ABl. 2016, C 202, S. 198 ff [konsolidierte Fassung]). Durch den Fortbestand der EAG bedingt gibt es auch weiterhin – aber nur für die EAG – den Begriff des Gemeinschaftsrechts.

§ 1 Begriffsbestimmung › B. Europarecht › II. Der Begriff des Europarechts im GG und in den Länderverfassungen

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