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10. ZWEITE ORIENT-REISE (1867)

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Freitag, 19. Juli 1867:

Ich bin heute wieder auf der Reise in den Süden. Über Genua und Monaco, das durch seine Spielbank1 weltbekannt ist, will ich nach Marseille weiterreisen. Von hier werde ich nach Algier übersetzen und mich von dort aus über die Grenze nach Tunesien begeben.

Dienstag, 13. August 1867:2

Es war erst neun Uhr vormittags, und doch brannte die afrikanische Sonne schon stechend auf das vor uns liegende Tal herab. Wir kamen aus der Provinz Constantine, hatten gestern zwischen Dschebel Frima und Dschebel el Maallega die tunesische Grenze überschritten und waren dann quer durch das Wadi Melis gegangen. Wir wollten bis zum Abend Seraïa Bent erreichen. Mein Diener Achmed es Sallah war lange Zeit in Algier gewesen, stammte aber aus der Gegend, wo wir hinwollten, und war daher für mich der ideale Führer. Er hatte seine Heimat verlassen, da er arm war und Mochallah, die Tochter des Scheiks der Uëlad Sedira, liebte, die ihm dieser jedoch verweigerte. Er hatte in Algier viele Franken und Piaster verdient und nun konnte er dem Scheik bezahlen, was dieser für seine Tochter gefordert hatte.

Bei einer Gazellenjagd lernte ich den Obersten der Leibgarde des Herrschers von Tunis kennen, der als ‚Krüger Bei‘ bekannt und ein ehemaliger Bierbrauer aus Brandenburg war. Als ich ihn auf Deutsch ansprach, war er erst verblüfft, dann aber hocherfreut, dass er in mir einen Deutschen vor sich hatte. Und dann tauchte noch eine weitere Überraschung auf: Lord David Percy, der eigentümliche Sohn des Earl von Forfax, mein ehemaliger Reisegefährte in Indien.3 Beide wollten nach Seraïa Bent, um von Scheik Ali en Nurabi einige prächtige Pferde zu kaufen. Von den Reitern des Stammes wurden wir mit einer Fantasia begrüßt und vom Scheik zum Essen eingeladen. Wir machten ihm die geschossenen Gazellen zum Geschenk. Seine beiden Söhne waren mit einigen jungen Leuten unterwegs, um einen Überfall durch die Beni Hamema auf eine Karawane zu verhindern. Dann besichtigten wir die Pferde des Stammes. In der Herde befanden sich eine prachtvolle milchweiße Stute und ein noch kostbareres Bischarîn-Hedschîn. Während der Besichtigung kamen die beiden Söhne des Scheiks mit einem Gefangenen: Sâdis, der Krumir, der einen aus dem Stamm getötet und zwei andere verwundet hatte. Kaum waren wir im Lager, da stellte sich der Krumir hinter die Tochter des Scheiks und rief: „Ich bin der Beschützte!“ Die Versammlung der Ältesten beriet über das weitere Schicksal des Krumir. Achmed bat mich, ‚Schmiere‘ zu stehen, damit er sich heimlich mit der Tochter des Scheiks treffen konnte. Als ich das Liebespaar bewachte, sah ich eine verdächtige Gestalt. Es war der Krumir. Doch ich wurde von einigen anderen Personen niedergeschlagen, die mich fesselten und knebelten. Als ich aus der Bewusstlosigkeit erwachte, konnte ich aus ihrem Gespräch ihr weiteres Vorhaben hören. Sie wollten die Tochter des Scheiks entführen, das Bischarîn-Hedschîn und die weiße Stute stehlen. Trotz der Fesseln konnte ich einen meiner beiden Revolver erreichen und sechs Schüsse abgeben, sodass das ganze Duar geweckt wurde. Achmed hatte inzwischen einen der Hamema-Beduinen erschossen und einen zweiten verwundet, als sie auch meinen Hengst stehlen wollten. Es wurde beschlossen, dass ich mit Achmed, Lord Percy, dem Scheik und sechzig Beduinen die Verfolgung aufnehmen sollte, während hundertfünfzig Stammesangehörige unter der Leitung des Scheiksohnes der erwarteten Karawane entgegenreiten würden.

Mittwoch, 14. August 1867:

Krüger Bei, der Anführer der tunesischen Heerscharen konnte sich unserer Unternehmung nicht anschließen. Er kehrte mit seinen Begleitern nach el Bordsch zurück, wobei er eine große Strecke mit den Uëlad Sedira reiten konnte, die der Kâfila entgegengingen. Er nannte mich seinen Freund und mahnte, ich solle nicht vergessen, ihn in Tunis zu besuchen. Dann brachen wir auf, die einen nach Norden und wir anderen nach Süden. Wir ritten in Richtung des Bah Abida, den der Krumir übersteigen wollte. Später entdeckten wir, dass die Räuber sich getrennt hatten. Es waren vier verschiedene Spuren entstanden und es dauerte lange, bis ich endlich die gesuchten Hufeindrücke fand, die ich dem Krumir zuordnen konnte. Er schien mit der Tochter des Scheiks allein weiterzureiten. Nun aber ging es mit verdoppelter Eile auf der neu entdeckten Fährte weiter. Wir erreichten den Bah Abida nach dem Nachmittagsgebet und waren bei Sonnenuntergang auf seinem Gipfel.

Donnerstag, 15. August 1867:

Obwohl die Verfolgten der Spur nach nur zwei Stunden vor uns waren, mussten wir nach einigen Stunden feststellen, dass wir ihnen nicht näher gekommen waren, weil sie bessere Pferde besaßen. Deshalb trennten wir uns von unserem Trupp und wir vier, Achmed, Lord Percy, der Scheik und ich, ließen unsere Tiere doppelt ausgreifen. Nach stundenlangem Ritt sah ich weiße und farbige Punkte, die sich bewegten. Durch mein Fernrohr erkannte ich ein Kamel mit einer Atuscha und sieben Reiter, der eine von ihnen auf einer Milchstute. Als wir ihnen näher gekommen waren, blickte sich der Krumir um und erkannte, dass wir ihn einholen würden. Er ließ nur einen kurzen Augenblick halten, dann stob der Trupp auseinander, der Krumir geradeaus, das Hedschîn nach rechts und die anderen Reiter nach links. Ich eilte dem Krumir nach und hatte ihn beinahe erreicht, als er nach links abbog auf ein Beduinenlager zu. Der Krumir war gerettet, denn es waren Bekannte von ihm, die mich mit hundert Gewehren in Schach hielten. Da schwang ich mich vom Pferd und sprang auf zwei Frauen zu, die aus einem Zelt getreten waren. „Ich bin unter dem Schutz der Frauen!“, rief ich laut und huschte in das Zelt hinein. Die jüngere hieß Dschumeila und war die Nichte des Scheiks. Die Versammlung der Ältesten sah neben dem Krumir und mir auch den Scheik und den Engländer, die auch gefangen waren, als freie Menschen an, die das Lager jederzeit verlassen könnten, sprachen aber die geraubte Tochter des Scheiks dem Krumir zu. Mir gestand Scheik Mohammed er Rahman, dass ein Löwe schon einige Männer der Mescheer getötet und Kamele, Rinder und Schafe gerissen habe. Nun sei auch noch ein schwarzer Panther hinzugekommen. Da erbot ich mich, zusammen mit Lord Percy diese Raubtiere zu schießen. Ich ordnete an, wie die Herden der Pferde, Kamele, Rinder und Schafe in der Nacht zu stehen hätten, und machte mich zusammen mit Lord Percy ungefähr anderthalb Stunden vor Mitternacht auf, um unsere getrennten Positionen einzunehmen. Es verging eine lange Zeit, dann ein scharfes Prasseln und Krachen von Knochen, ein Schuss und noch einer, dann war es wieder still. Auf meinen Zuruf antwortete Lord Percy, dass er nicht wisse, ob er den Löwen richtig getroffen habe. Und dann waren plötzlich zwei Panther neben mir. Dem einen schoss ich ins rechte Auge, der Panther war tot. Für den anderen brauchte ich zwei Schüsse. Wir sahen die Blutspur des angeschossenen Löwen und wollten morgen seinen Weg verfolgen. Von den beiden Pantherfellen schenkte ich eines dem Scheik, das andere seiner Nichte Dschumeila.

Freitag, 16. August 1867:

Am nächsten Morgen brachen wir mit zweihundert Beduinen auf, um das Lager des Löwen zu finden, dessen Blutspur wir nachgingen. In einem Gebüsch fanden wir den toten Löwen, die Löwin mit ihren Jungen war weitergezogen zu einem Talkessel, wo wir sie stellten. Zwei meiner Schüsse trafen sie tödlich. Als wir wieder im Duar ankamen, war der Krumir fort und hatte Mochallah mitgenommen, in südlicher Richtung nach dem Dschebel Tiuasch zu. Und auch seine Kumpane, die Hamema-Beduinen, waren verschwunden. Wir nahmen die Verfolgung auf, doch es gelang uns nicht, die Räuber noch am ersten Tag zu erreichen.

Samstag, 17. August 1867:

Wir näherten uns jenen wenig besuchten Ländereien, in denen die Grenze zwischen Algerien und Tunesien strittig ist. So erreichten wir um die Mittagszeit die Berge von Schania, von denen man in das Gebiet der Schotts herabblicken kann. Auch heute holten wir den Krumir nicht ein.

Sonntag, 18. August 1867:

Wir kamen an eine Stelle, an der der Krumir mit seiner Gefangenen die Nacht zugebracht hatte. Gegen Mittag, blitzte es am fernen Himmelsrand hell und kristallisch auf; das war der Schott Rharsa. Wir sahen zwei Pferde, einen Falben und einen Schimmel: Mochallah und der Krumir. Auch er musste uns erkennen, denn er flog mit beiden Pferden davon. Wir näherten uns dem glänzenden Spiegel des Schotts immer mehr. Ich holte den Krumir mit meinem Lasso aus dem Sattel, doch er schwang sich hinter Mochallah auf deren Pferd und lenkte es auf die hell erklingende Salzdecke hinaus, ich hinter ihm her. Und Achmed folgte mir. Der Boden dröhnte, wankte, knirschte und prasselte. Der Tod flog mit uns, vor, neben, unter uns. Als der Krumir merkte, dass sein Pferd an Kraft verlor, weil es die doppelte Last zu tragen hatte, wollte er Mochallah herunterstoßen, doch die klammerte sich an ihm fest. Er aber schlug sie herunter, das flüssige Salz gab nach, sie sank. Doch in diesem Augenblick schoss mein Pferd an ihr vorüber, ich beugte mich tief hinab und fasste sie am Oberarm und zog sie hoch. Da endlich bemerkte ich einen dunklen Streifen, das war fester Boden, doch wir mussten springen, um auf ihm zu landen. Der Krumir war noch vor uns. Mein Rappe flog wie ein Vogel über den breiten, tief sumpfigen Rand hinweg, der die Salzkruste vom festen Boden trennte, und gleich hinter mir landete auch Achmed glücklich. Der Krumir aber lag regungslos im Sand. Seine ermüdete Stute war zu kurz gesprungen, und der aus dem Sattel geschleuderte Krumir hatte, mit dem Kopf zuerst aufschlagend, den Hals gebrochen. Wir banden den Toten auf sein Pferd, während Achmed Mochallah mit auf das seine nahm. Dann ritten wir unseren Gefährten entgegen. Später versenkten wir den Leib des Krumir unter die Salzkruste des Schotts Rharsa.

Donnerstag, 22. August 1867:

Wir blieben bis heute bei den Uëlad Mescheer, dann trennten wir uns von dem gastlichen Beduinen-Stamm. Achmed und Mochallah ritten mit ihrem Vater, dem Scheik Ali en Nurabi, zu den Uëlad Sedira zurück. Ich aber wollte über Sfax in meine Heimat, und Lord Percy, der mich noch ein Stück begleiten würde, wollte hinüber nach Algerien.

Dienstag, 10. September 1867:

In Sfax war in absehbarer Zeit kein Schiff nach Europa zu erwarten. Deshalb entschloss ich mich, mit einem Dampfer nach Tunis zu fahren, wo ich auf einen besseren Anschluss hoffen konnte. Hier machte ich mein Versprechen, Krüger Bei einmal in Tunis zu besuchen, schneller wahr als vorher gedacht. Draußen in Bardo, wo der ‚Herr der Heerscharen‘ seinen Sitz hatte, lernte ich auch seinen Adjutanten Selim kennen, der aber nur der alte ‚Sallam‘ genannt wurde. Krüger Bei freute sich riesig über mein unerwartetes Auftauchen. Natürlich musste ich ihn ausführlich über unser Abenteuer mit dem Krumir und dessen Ausgang informieren. Ich musste in seinem Haus Quartier nehmen und er wollte mich unbedingt länger hier behalten. Weil ich aber nach Hause wollte, erkundigte ich mich in Goletta, dem Hafen von Tunis, wann ein Schiff nach Marseille, Neapel oder Genua fahren würde, doch man konnte mir keinen konkreten Termin nennen.

Mittwoch, 11. September 1867:

Schon am frühen Morgen sah ich einen Frachtdampfer im Hafen liegen. Ich eilte hin, um mich nach dessen weiterem Reiseziel zu erkundigen. Doch nicht ein europäischer Hafen war sein nächstes Ziel, sondern Stambul in der Türkei. Am kommenden Tag, nachdem ein Teil der Fracht gelöscht und andere aufgenommen sei, werde das unter englischer Flagge fahrende Schiff wieder abdampfen. Enttäuscht kehrte ich zurück zu Krüger Bei. Sicher saß ich hier noch einige Tage fest, ohne in Richtung Heimat zu kommen. Dann aber kam mir die Idee: Warum nicht nach Stambul fahren? Ich hatte ja schon immer vor, eine Reise dorthin zu machen. Nun bot sich mir unverhofft die Gelegenheit dazu; warum sollte ich sie nicht nutzen, zumal ich ja einen Teil des Reisewegs sparen konnte? Bevor ich mein Quartier kündigte, nahm ich mit dem Kapitän des englischen Frachtdampfers Kontakt auf und dieser erklärte sich bereit, mich nach Stambul mitzunehmen. Ich solle spätestens heute Abend an Bord sein, denn schon beim ersten Morgengrauen wolle er ablegen.

Ende September 1867:

Der englische Frachter, auf dem ich mich mit Kurs auf Stambul befand, fuhr zwischen dem griechischen Festland und der Insel Kandia (Kreta) in das Ägäische Meer hinein und an den vielen größeren und kleineren Inseln vorbei, die größtenteils zu Griechenland gehörten, bevor wir den langen, engen Schlauch der Dardanellen passierten, um dann in das breitere Marmarameer einzufahren. Dahinter lag der Bosporus, der zum Schwarzen Meer hinführt. Der Kapitän erklärte mir, dass der Bosporus ungefähr siebenundzwanzig Kilometer lang sei und seine größte Breite etwa knapp zwei Kilometer betrage. Vom Schwarzen Meer her herrschte eine starke Strömung vor und jetzt im Herbst drückte ein starker Nordwind herein. Schließlich tauchte am südlichen Ende des Bosporus die Haupt- und Residenzstadt des Osmanischen Reiches, Konstantinopel, vor uns auf, von den Türken Istanbul, Stambul oder Ber-i-Veadet (Pforte des Glücks), von den türkischen Slaven auch Zarigrad (Kaiserburg) genannt. Nachdem unser Schiff in das Goldene Horn eingefahren war, legte es am nördlichen Ufer beim Stadtteil Galata an, wo der Handel und Verkehr von Konstantinopel seinen eigentlichen Brennpunkt hat.

An den Hafendämmen lagen die Dampfer und Segler aller seefahrenden Völker, und auf den glitzernden Wogen wiegten sich die seltsam gebauten türkischen Gondeln und Kähne, zwischen denen bisweilen schlankgeflügelte Seemöwen übers Wasser hinschossen, als wollten sie in spielerischem Übermut ihre Fluggeschicklichkeit erproben und beweisen.4

Ich suchte mir in Pera ein europäisch eingerichtetes Quartier. Pera ist der Stadtteil von Konstantinopel, der vorzugsweise von Europäern, ihren Gesandten und Konsuln bewohnt wird. Ich wollte mir hauptsächlich die auf dem europäischen Festland liegende geschichtsträchtige Stadt und vielleicht noch ein oder zwei ihrer Stadtteile, wie Pera und Galata, ansehen. Das auf der asiatischen Seite gelegene Skutari interessierte mich weniger. Die eigentliche Kernstadt südlich des Goldenen Horns ist teilweise mit Ringmauern umgeben, von denen die innere mit den hohen Türmen noch ziemlich gut erhalten ist. Mehrere Tore durchbrechen diese Ringmauern, davon allein fünfzehn nach dem Goldenen Horn zu.

Dienstag, 15. Oktober 1867:

Mein erstes Ziel war die Hagia Sofia, heute Moschee und ehemals christliche Kirche, ein Musterbau byzantinischen Stils. Die unter dem osmanischen Herrscher Soliman dem Großen erbaute Moschee gleichen Namens wurde der Hagia Sofia nachgebildet und wird als die schönste gerühmt. Sieben Minaretts hat die Moschee Achmeds I. Übrigens gibt es noch viele christliche Kirchen und einige jüdische Synagogen. Der Serai, die verlassene Residenz der ehemaligen Sultane, liegt auf der Spitze des Dreiecks zum Bosporus und Goldenen Horn und ist von einer Mauer umgeben. Dort befinden sich Paläste, Moscheen und die Wohnungen der Sultanswitwen und der alten Palastdiener. Beeindruckt war ich von dem Großen Basar mit seinen langen, in verschiedene Richtungen verlaufenden Bogengängen, worin sich ein normaler Europäer gänzlich verirren kann. Die eigentliche Stadt ist fast dreieckig auf sieben Hügeln gebaut und besteht aus einem Gewirr von engen, winkeligen und stinkenden Gässchen mit meist elenden, fensterlosen Hütten, teils unterbrochen durch einen freien Platz oder ein größeres Gebäude. Ganz anders sieht es in Pera oder in Galata aus, denn beide Stadtteile sind doch mehr europäisch geprägt. Besonders imposant ist der fünfundvierzig Meter hohe und runde Turm in Galata, der als Signalpunkt dient und eine herrliche Aussicht über Konstantinopel und die Vorstädte bietet.

Während ich mich hauptsächlich darauf beschränkte, die Stadt am Bosporus kennenzulernen, wurde ich Zeuge, wie ein Gefangener fortgeschafft wurde.5 Ich erinnere mich deshalb so genau an diese Begebenheit, weil dieser Mann schöne und feine, aber in ihrem Missklang doch so teuflische Züge6 hatte. Sein Blick, als wir uns nur einen kurzen Moment Auge in Auge gegenüberstanden, war forschend, scharf, stechend und förmlich durchbohrend.

Kurz nach dieser Begegnung konnte ich einem türkischen Offizier namens Osman einen nicht unbeträchtlichen Dienst erweisen und es stellte sich dabei heraus, dass dieser früher Adolf Farkas hieß und ein ehemaliger ungarischer Offizier war. Wir wurden sozusagen Freunde und tranken gemeinsam so manche Tasse Kaffee und rauchten manchen Tschibuk miteinander.7 Er war es auch, der mir über einen Kammerdiener einen Ferman mit der Unterschrift des Sultans, einer sogenannten Tughra, besorgte. Der Ferman ist der höchste Pass. Er enthält oben zwischen den kalligraphischen Schnörkeln die Titel des Padischah. Es wird darin den Behörden alle mögliche Rücksicht auf die Wünsche des Reisenden anbefohlen. Auch sind allerlei für den Inhaber vorteilhafte Bestimmungen in diesem Pergament zu lesen, zum Beispiel, zu welchem Preis er Pferde, Begleiter und Führer und anderes haben kann.8 Damit war ich für spätere Reisen in den Orient bestens gerüstet.

Samstag, 9. November 1867:

Anfang November hatte ich das Glück, ein deutsches Dampfschiff im Hafen von Galata zu erwischen, das mich mit nach Hamburg nahm. Heute bin ich wieder glücklich in Dresden angekommen.

Chronik eines Weltläufers

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