Читать книгу Zwei gegen Ragnarøk - Hans-Jürgen Hennig - Страница 13
FALKI WIRD SCHMIED
ОглавлениеAm aufgeregten Gegacker der Hühner erkannte Hilda, dass die Mutter sie grade fütterte. Der Vater war mit den Fischern draußen im Fjord und Falki lag noch träumend auf seinem Lager.
Hilda kramte ihren Silberspiegel hervor und begann sich die Haare zu kämmen, aber das Feuer in der Hütte brannte so niedrig und durch den Rauchabzug fiel so wenig Licht, dass sie bei ihren Haarbändigungsversuchen nur wenig sah. Aber irgendwie schafft sie es dann doch, die Haare ordentlich zu kämmen und die Zöpfe neu zu flechten.
Als sie mit ihren Zöpfen zufrieden war, zog sie Falki kräftig an einem Zeh: „Komm hoch du Faulpelz, das Essen steht auf dem Tisch und etwas Nützliches müssen wir heute auch noch tun!“
Falki zog sein Schlaffell weit über den Kopf und brummte unwillig: „Hmmm, nööö.“
Hilda grinste schelmisch und zog ihm mit einem Ruck das Fell weg, aber Falki stellte sich tot. Da schüttelte sie ihn so heftig, dass ihm nichts weiter übrig blieb, als das Traumland zu verlassen. Er setzt sich auf, zog eine Grimasse und stöhnte übertrieben, wie ein alter Mann: „Ja, ja, ich komme ja schon. Ächz, uuhaa, ach ist das Aufstehen schwer. Kleine, hilf mir doch mal hoch, meine alten Knochen wollen nicht mehr so richtig.“
Hilda griente und ging zum Spaß darauf ein. Sie reichte ihm die Hand um ihn hochzuziehen, da brüllt Falki laut auf, sprang mit einem Satz vom Lager und riss Hilda dabei um.
„Haha, reingefallen! Ich habe Hunger. Was hat die Mutter denn auf den Tisch gestellt? Wieder Körnerbrei? Äh, ich muss aber erst mal raus, den Mund ausspülen und pinkeln“ – und schon war Falki zur der Tür hinaus.
Hilda hörte, wie er draußen mit der Mutter sprach. Dann setzte sie sich an den Tisch und schaute selbst, was die Mutter ihnen alles hingestellt hatte. Hinter sich hörte sie ein Aufflattern und Skyggi setzte sich krächzend auf dem Tisch.
„Skyggi, du Flattervieh, hast mich ja fast erschreckt, aber schön, dass du mit dem Essen auf mich gewartet hast. Oder hast du etwa nicht gewartet und dir hier schon den Bauch schon vollgeschlagen?“
„Korr, korr“, kam es leise aus Skyggis Schnabel und er hüpfte auf dem Tisch herum, besah sich die dort liegenden Speisen und begann an einem Stück Brot zu zupfen.
In diesem Moment kam Falki wieder zur Tür herein und schimpfte: „Blöde Hühner, die kacken überall hin und ich musste auch noch gleich dreimal reintreten – bäää! Ha, da ist ja noch so ein Huhn“ – und er zeigte auf Skyggi. „Hilda pass’ nur auf, dass der nicht auch noch hier auf dem Tisch kackt!“
Hilda lachte, „Na dann wirst du ja heute noch dreimal Glück haben, wenn du dreimal in die Hühnerkacke getreten bist. Warum läufst du auch barfuß aus dem Haus?“
Und nach einem Blick auf den Raben erwiderte sie: „Falki, du hast Recht, Skyggi darf seinen Dreck nicht auf den Tisch fallen lassen. Da muss ich ihn wohl noch etwas erziehen.
Uns haben die Eltern ja auch erzogen. Stromer, der Hund von Sigudur, ist auch gut erzogen und kann fast alleine die Schafe hüten, da werde ich doch wohl einen Raben erziehen können.“
Falki wischte sich den Hühnerdreck von den Füßen und setzte sich zu Hilda an den Tisch. Er griff sich ein Stück Fladenbrot und die Schüssel mit dem Fruchtbrei. Er tauchte sein Brotstück ein und schob es sich genüsslich in den Mund.
„Schwesterchen, das hast du wirklich gut gemacht. Ich meine diese Mischung aus Früchten. Hmmm, die schmeckt mit dem Brot köstlich und besonders dann, wenn man noch einen Becher Milch dazu hat“ – und schon angelte er nach dem Krug mit der Milch.
Hilda hatte ihre linke Hand auf Skyggis Rücken liegen und fütterte ihn mit kleinen Bröckchen.
Mit vollem Mund nuschelte Falki: „Da haben wir ja beide heute viel zu tun, du musst Skyggi erziehen und ich gehe zu Steinar in die Schmiede, um zu lernen.“
„Falki, du bist ja lustig, glaubst du etwa, einen Raben kann man an einem Tag erziehen? Bestimmt brauche ich ein ganzes Jahr dazu. Außerdem hat er ja auch schon etwas Erziehung bekommen. Wenn ich ihn rufe kommt er sofort und bei Sölvi klappt das auch.“
Falki schluckte und prustete dann heraus: „Na klar, erziehe ihn mal richtig, dann kann Skyggi, wie Stromer, Schafe hüten!“
Falki lachte über seinen eigenen Witz so doll, dass er sich verschluckte, vom Husten rot anlief und sein gekautes Brot über den ganzen Tisch prustete, dass Hilda erschrocken zurückzuckte.
Sie sprang auf und schlug Falki mehrmals heftig mit der flachen Hand auf den Rücken, bis er mit dem Gesicht auf dem Tisch liegen blieb und röchelte: „Danke, Schwesterchen, es ist gut.“
Skyggi hüpfte auf Falkis Rücken und pickte ihn mehrmals auf den Kopf, begleitet von einem kräftigen „Orr, orr.“
Hilda klatschte vor Freude in die Hände. „Skyggi, du lernst aber schnell. Genau so musst du das machen.“
Falki setzte sich wieder hin und lachte mit. „Na wir werden ja sehen, wie gut das geht. Du erziehst ein Jahr lang deinen Vogel zum Schafe hüten oder sonst was, und ich gehe ein Jahr lang zu Steinar und lerne das Schmieden. Mal sehen, wer am Ende mehr kann.“
„Aber das bleibt unter uns, ja?“ Hilda schaute Falki fragend und ernst in die Augen.
„Na klar, Schwesterchen. Das mit dem Schafe hüten war ja nicht so ernst gemeint, aber etwas können muss Skyggi nach einem Jahr schon, außer auf seinen Namen zu hören“, forderte Falki.
Hilda nickte und sagte: „Na gut, dann sei es so.“
Falki stand auf, steckte sich noch einen Trockenfisch in die Tasche, dann sagte er zu Skyggi: „Na dann lerne mal fleißig, wir lernen jetzt beide um die Wette“ – und wandte sich zur Tür.
Skyggi flatterte hinter Falki her, aber Hilda rief, „Komm zurück, Skyggi, komm!“
Der Rabe gehorchte sofort und setzte sich wieder auf den Tisch. Als ob er sagen würde: „Na, wie hab ich das gemacht?“, schaute er Hilda mit schief gelegtem Kopf an.
Falki drehte sich noch einmal zu Hilda um und meinte lachend: „Na das geht doch schon großartig“, dann lief er schnellen Schrittes zu Steinars Schmiede.
Vor der Schmiede saß Arnor und natürlich bei seiner Lieblingsbeschäftigung; Essen. Falki näherte sich mit der Bemerkung: „Na hast’ schon wieder drei Hühner verdrückt?“
Arnor erhob sich und schlug Falki auf die Schultern, „Nein, nicht drei Hühner, aber drei Trockenfische und eine Schüssel mit Bohnen.“
Falki zog die Augenbrauen zusammen und sagte dann grinsend: „Dann geh mal heute lieber zu den Fischern, als hier die Schmiede mit Bohnenwinden zu verpesten. Im Fjord ist nämlich viel frische Luft.“
Arnor schaute etwas verdutzt, doch bevor er etwas erwidern konnte, war Falki schon um die Hausecke und in der Schmiede verschwunden.
„Guten Morgen Steinar.“
„Guten Morgen Falki“, antwortete Steinar, „was treibt dich denn zu mir? Willst du mir wieder nur auf die Finger schauen oder wirklich helfen?“
Falki ging ganz dicht an Steinar heran, der dabei war, sein Schmiedefeuer neu zu entfachen und schaute ihn fest in die Augen. „Steinar, ich möchte ein richtiger Schmied werden, so wie du. Ich möchte gerne gute Schwerter schmieden können und vielleicht auch so kleine Sachen.“
Steinar richtete sich auf und legte Falki seine große Hand auf die Schulter. „Falki, du weißt, dass du mir immer willkommen bist. Du bist ein geschickter Junge, der auch fix im Kopf ist und nicht so gerne faul in der Ecke herumliegt, wie mein eigener Sohn.“
Falki wusste, dass Steiner oft über Arnors Faulheit schimpfte, aber Arnor war trotzdem ein guter Freund und hatte auch schon Ahnung vom Schmieden.
Er schaute etwas betroffen zu Steinar auf und Steinar ergänzte seine Worte: „Na ja, ich weiß, dass Arnor trotzdem ein guter Junge ist. Ich glaube, er ist nur ein Spätentwickler, so wie ich das auch war. Der wird schon noch aus sich herauskommen und auch ein guter Schmied werden.
Falki, wenn du wirklich helfen willst, hole mal bitte noch eine Kiepe Holzkohle und stelle sie genau hierher.“
Falki lief sofort los um die Kohle zu holen. Draußen rannte er Arnor fast um, der ein ziemlich vergrämtes Gesicht machte.
„Ich hab alles gehört“, kamen ihm die Worte etwas traurig über die Lippen. „Ich will ja gar nicht so faul sein, aber es überkommt mich einfach immer so und Hunger habe ich auch immer.“
Falki legte ihm tröstend den Arm um die Schultern. „Nimm es nicht so tragisch, hast ja gehört, dein Vater war wohl als Junge auch so und ist dann ein geachteter Mann geworden.“
„Ich will auch ein geachteter Mann werden“, flüsterte Arnor, immer noch geknickt, dann richtete er sich plötzlich auf und griff sich gleich zwei Kiepen, die mit Holzkohle gefüllt waren. Er schleppte sie in Windeseile in die Schmiede, dass Falki nur die Augenbrauen hochziehen konnte.
Falki hatte an einer Kiepe schon schwer zu tragen und Arnor rannte gleich mit zweien los. Er griff sich nun auch noch eine Kohlenkiepe und schleppte sie zur Esse, in die Schmiede.
Er sah grade noch, wie Steinar in Arnors Wuschelkopf herumwuselte und ihm dann auf die Schulter klopfte.
„Falki, du hast ja nun schon seit Tagen hier herumgestanden und mir Blutblasen auf die Finger geguckt, jetzt kannst du wirklich helfen. Bediene mal den Blasebalg, ich brauche viel Hitze.“
„Blutblasen auf die Finger geguckt? Wie geht das denn?“
Steinar lachte laut und hielt Falki seine Hände hin, und da waren wirklich ein paar Blutblasen.
Falki stotterte verdutzt: „Aber das war ich doch nicht.“
„Das war ja auch nur ein Scherz. Blase mal kräftig, die Funken müssen stieben.“
„Was wollen wir den heute schmieden“, fragte Falki interessiert und schaute auf die ganzen Eisenteile, die in der Schmiede herumlagen.
„Hm, zuerst werden wir zwei Zieheisen für Bjolfur und Egill herstellen, ein großes und ein sehr kleines, dann müssen wir einige Beschläge machen, viele Nägel, und wenn dann noch Zeit ist, einen Haufen stumpfer Schneiden schärfen.“
„Na gut, aber ich dachte, dass wir mal zusammen ein Schwert schmieden, das ist doch bestimmt interessanter“, meinte Falki etwas enttäuscht.
„Ja, ja, das dachte ich mir schon, ihr jungen Männer denkt natürlich beim Schmieden nur an Schwerter. Falki, schau’ dir doch mal unser Leben an, fischen die Fischer mit Schwertern, oder scheren wir die Schafe mit einem Schwert? Mit dem Schwert werden wir uns verteidigen, wenn es jemand wagt, uns anzugreifen, aber den Acker bestellen wir doch lieber mit einem Pflug oder mit Hacken und anderen Geräten.“
„Steinar, du hast ja Recht. Ich will auch lernen einen Pflug zu schmieden und Beschläge, eben alles, was wir brauchen. Aber ich möchte auch lernen, so kleines Zeug zu machen.“
„Was meinst du denn mit dem kleinen Zeug? Meinst du Nägel?“
Falki guckte Steinar komisch an, „nein Steinar, ich meine Fibeln und so, … na ja, auch Schmuck.“
„Ahhh, jetzt verstehe ich dich. Falki, du möchtest ein Kunst- oder Silberschmied werden. Na, da hast du dir ja was vorgenommen. Ich kann dir zwar eine Menge beibringen, aber eben nur das Schmieden von dem, was wir hier täglich brauchen, vom Nagel bis zur Bootsbaueraxt. Für so kleines Zeug, wie du sagst, habe ich gar keine Werkzeuge.“
Steinar hielt jetzt mit einer langen Zange ein flaches Eisen in die Glut, drückte Falki die Schulter und sagte: „Blase mal, was das Zeug hält, dass die Funken fliegen und lass den Kopf nicht hängen. Falki, das mit dem kleinen Zeug, kriegen wir auch noch hin. Ich weiß, dass du sehr geschickte Hände hast.“
Nach einiger Zeit, als Falki schon glaubte, dass ihm vom ständigen arbeiten am Blasebalg die Arme abfallen würden, kam Kibba in die Schmiede. Sie kam im Hüpferschritt herein und es sah so aus, als wolle sie Steinar anspringen, aber der griff sich seine Tochter im Fluge und warf sie hoch, bis fast an die Decke.
„Na, meine kleine Maus, was gibt’s denn, dass du so eilig angehüpft kommst?“
Kibba kreischte erst vor Vergnügen, dann piepste sie: „Die Mutter sagt, dass du essen kommen sollst.“
Steinar stelle seine Tochter wieder behutsam auf den Boden und sagte zu Falki: „Komm mit, du isst heute bei uns. Hast ja auch schwer geschuftet, da kannst schon war kräftiges vertragen. Junge, als ich so alt war, wie du und bei meinem Vater ständig am Blasebalg stehen musste, dachte ich immer, dass mir die Arme abfallen.“
Da verzog sich Falkis Leidensmine zu einem schiefen Grinsen. „Steinar, genau so habe ich mich eben gefühlt. Ich glaube, ich kriege die Arme nachher nicht mehr hoch, uff.“
„Komm“, sagte Steinar, „bist ein guter Junge und hast nicht ein einziges mal gemault. Ich weiß sehr gut, wie langweilig das Bedienen vom Blasebalg ist und ich hätte nicht gedacht, dass du so lange durchhältst. Nach dem Essen ist erst mal eine lange Pause und dann machen wir was anderes.“
Steinar und Falki gingen in die Hütte, zu Birta und Kibba. Der Tisch war reich gedeckt, aber das war Falki schon klar; Steinar war ein riesiger, kräftiger Mann und Arnor, der so alt war wie Falki, konnte bestimmt auch so viel essen, wie sein Vater.
Auf dem Tisch standen gebratener Fisch, gekochte Erbsen, Getreidebrei, Fladenbrot, für jeden ein gekochtes Ei und ein großer Krug mit Buttermilch.
Falki lief beim Anblick des Essens das Wasser im Munde zusammen.
„Falki, setz dich“, sagte Birta mit einem gütigen Lächeln. „Wo habt ihr denn Arnor gelassen? Das ist schon komisch, dass er zum Essen nicht da ist.“
Steinar ließ sich krachend auf seinen Stuhl fallen und zuckte die Schultern. „Der wird schon noch kommen, wenn er den gebratenen Fisch riecht.“
Falki ahnte, dass Arnors Fehlen hier beim Essen mit seiner kleinen Verstimmung zu tun haben könnte. Irgendwie fühlte er mit Arnor und wollte nicht ohne ihn essen. Falki stand auf und ging zur Tür. „Ich komme gleich wieder, muss nur noch rasch ein paar Blümchen gießen.“
Draußen rannte er um das Haus herum und suchte nach Arnor, aber dort war er nicht. Falki zog einen größeren Kreis und da sah er Arnor, am Dorfbach sitzend, mit den Füßen im Wasser und den Kopf in die Arme gestützt.
Falki näherte sich mit leisen Schritten und setzte sich neben seinen Freund. So wie Arnor da saß, war er doch noch verstimmt. Falki rückte ganz dich an ihn heran und stieß ihn sanft an. „Komm essen. Es gibt einen riesigen, leckeren Fisch und Erbsen. Sie warten alle auf dich, komm. Nimm das nicht so tragisch mit der Faulheit. Irgendwann bist du hier der Schmied von Björkendal und alle Leute werden dich achten.“
Arnor schaute zu Falki auf und in seinem Gesicht erhellte sich langsam wieder.
„Falki, du hast Recht und mein Magen schreit auch wirklich schon nach richtigem Essen.“
Arnor stand auf und wollte Falki freundschaftlich auf die Schulter klopfen, aber das Klopfen war wohl etwas zu kräftig und Falki fiel kopfüber in den Bach.
Prustend kroch Falki die Böschung hoch. „He, du Kraftprotz, ich wollte doch jetzt gar nicht baden. Hilf mir wenigstens wieder hoch“ – und er streckte seine Hand nach Arnor aus.
Arnor griff hilfsbereit zu und grinste dabei unverschämt, aber er hatte nicht mit Falkis List gerechnet – platsch, lag er auch im Wasser und prustete.
Nun grinste Falki. „Na jedenfalls kann keiner sagen, dass wir uns ungewaschen an den Tisch setzten.“
Kurze Zeit später standen sie, in triefender Kleidung und lachenden Gesichtern, wieder in Steinars Hütte.
„Wir haben uns nur etwas gewaschen, aber jetzt haben wir Hunger“, sagte Arnor und setzte sich in seiner klitschnassen Kleidung an den Tisch. Falki tat es ihm nach, weil er nun auch riesigen Hunger hatte und der große Kabeljau ihn magisch anzog.
Birta wollte wohl etwas wegen der nassen Kleidung sagen, aber Steinar winkte ab und grinste verständnisvoll.
Als sich alle satt und zufrieden zurück lehnten, stellte Birta noch eine Schüssel mit gekochten Äpfeln auf den Tisch.
Kibba, die bisher geschwiegen hatte, wohl weil die nassen Jungen ihren Kopf zu sehr beanspruchten, wurde jetzt munter. „Hmmm, Mama, kann ich einen ganz großen Löffel haben?“
Falki konnte es sich nicht verkneifen: „Da merkt man, dass du Arnors Schwester bist, hihi, aber ich mag die gekochten Äpfel auch gerne. Ich will auch einen großen Löffel.“
Birta schob die große Schüssel in die Tischmitte und legte mit der Bemerkung, „hier habt ihr noch zwei große Löffel“, zwei Suppenkellen auf den Tisch.
Steinar schaute erst etwas komisch drein, dann lachte er lauthals los, sein dröhnendes Lachen, dass der ganze Tisch wackelte.
„So lass ich mir das gefallen. Keiner soll sagen, dass er an unserem Tisch hungrig aufstehen muss. Und noch etwas: Jetzt lasst mich alle mal für eine kurze Weile in Ruhe. Mein Körper braucht Ruhe.“
Nachdem Steinar das gesagt hatte, stand er auf und plumpste auch schon auf sein Lager.
Birta lächelte und machte eine Handbewegung, dass die Jungen verschwinden sollten.
Draußen sagte Falki zu Arnor: „Komm, wir setzen uns wieder an den Bach, mir ist auch nach Ruhe. Ich spüre meine Arme kaum noch.“
„Ich weiß“, sagte Arnor, „ich stehe ja auch oft genug am Blasebalg. Es ist ja nicht so, dass ich immer nur herumsitze und vor mich hin mampfe.“
Nach einer kleinen Weile fügte er noch hinzu: „Aber die Blasebalge geben Dampf in den Armen, wirst’ schon noch merken“ – und dabei zeigte er stolz sie Muskeln an seinen Oberarmen.
Als sie am Bachufer saßen, hatte Arnor plötzlich noch zwei Äpfel in der Hand und hielt sie Falki hin.
Falki dachte noch: „Die sind aber schrumpelig“, da fiel er auch schon ins Gras und schlief ein.
Etwas zwickte in Falkis Lippe und er öffnete die Augen. Auf seiner Brust saß ein schwarzes Ungeheuer und zwickte schon wieder in seine Lippe, aber da war noch was. Zwischen seinen Lippen steckte ein Stück Trockenfisch.
Falki spuckte und richtete sich auf.
Verwirrt schaute er in die Runde und Skyggi flatterte empört um seinen Kopf.
„Du schläfst ja wie ein Toter und merkst nicht mal, wenn Skyggi dich füttern möchte, oder küsst“, schimpfte Hilda entrüstet.
„Irgendwie hatte ich mir Küsse anders vorgestellt. Ich glaube auch nicht, dass man dazu Trockenfisch im Mund haben muss, „empörte sich Falki.
Da lachte Hilda, die hinter Falki saß. „Irgendwie musste ich Skyggi ja dazu bringen, ein Küsschen zu geben. Er hat wirklich gut gelernt und es schnell begriffen. Wenn ich jetzt sage gib Küsschen, dann macht er das auch.“
Falki ließ sich wieder nach hinten fallen und machte: „Pffft, und ich habe gelernt, einen Blasebalg zu bedienen.“
„Warum seid ihr beiden denn so nass, habt ihr beim arbeiten so doll geschwitzt?“
„Ha, das merkst du jetzt erst. Aber das ist nur so, weil wir uns vor dem Essen hier im Bach die Hände gewaschen haben“, antwortete Falki.
Hilda machte ein grüblerisches Gesicht und Arnor lachte laut los, weil dieser Witz nun noch einmal funktioniert hatte.
Falki stand auf und bewegte seine Arme hin und her, hoch und runter. „Ich glaube, den Blasebalg kann ich heute nicht mehr bedienen. Arnor, jetzt musst du das machen, sonst falle ich um.“
Arnor nickte nur und meinte: „Komm, wir kriegen das schon hin. Vater wartet bestimmt schon auf uns.“
Hilda setzte sich Skyggi auf die Schulter und lächelte die beide Jungs mitleidig an. „Na dann macht’s mal gut, ihr kaputten Helden.“
Wieder in der Schmiede, stand Steinar schon am Feuer und schüttete etwas Holzkohle nach.
„Falki, komm, jetzt wirst du lernen, wie man Nägel schmiedet. Arnor bedient den Blasebalg, aber vorher geh mal zu Gunnar und hole dir rasch einen Lederschutz, damit du auch aussiehst, wie ein richtiger Schmied. Nimm ihm noch den Schaber mit, der dort liegt.“
Als Falki wieder in der Schmiede zurück war, suchte Steinar in seinen Eisenvorräten einen ziemlich dünnen Stab aus und hielt ihn Falki hin. „So, mein Junge, daraus machen wir jetzt Nägel und wenn du nachher nach Hause geht’s, bist du in der Lage, alleine Nägel zu schmieden.“
Falki guckte ungläubig, dann fragte er: „Wirklich?“ Und als Steinar nickte, hellte sich sein Gesicht voller Erwartung auf.
Steinar griff das dünne Eisen und ging an die Esse.
„Falki schau’ her, du musst dir merken, wie die Farbe des glühenden Eisens sein muss, damit du es gut schmieden kannst. Na ja, du bist fix im Kopf. Wenn du aufmerksam zuschaust, muss ich nicht so viel reden. Du wirst das schon verstehen.“
Mit der Zange drehte Steinar den Stab in der Glut hin und her und Arnor bediente den Blasebalg.
Dann schmiedete Steinar den Stab an einem Ende dünn und dünner, bis eine dünne Spitze entstanden war.
„Falki, pass auf, ich muss jetzt diese Stück vom Rest des Stabes trennen. Hier auf diesem Keil schlage ich das glühende Ende durch.“
Falki riss die Augen auf um sich ja nichts entgehen zu lassen. Obwohl er schon oft in der Schmiede gestanden und Steinar zugesehen hatte, schien ihm heute doch alles anders zu sein. Er wusste, jetzt wird richtig gelernt und kein Hammerschlag, keine Handbewegung Steinars entging seinen aufmerksamen Augen.
„Schau mal Falki und hiermit verschaffen wir jetzt dem Nagel einen Kopf, damit es ein richtiger Nagel wird“ – und Steinar steckte den halbfertigen Nagel in ein Eisen mit einem Loch und schlug dann auf das stumpfe Ende ein, bis ein runder Nagelkopf entstanden war.
Falki hatte das schon öfter gesehen, aber noch nie hatte er dabei Herzklopfen empfunden, so wie jetzt.
Steinar zeigte ihm, mit einem zweiten Nagel, alles noch einmal und schaute ihn dann fragend an: „Na, willst du es jetzt versuchen?“
Falki nickte, griff sich den dünnen Stab und ging zur Esse. Er war fürchterlich aufgeregt, aber als das Eisen in der Glut steckte und Arnor den Blasebalg bediente, überkam ihn plötzlich innere Ruhe. Falki sah nur noch den Stab und die Glut. Das Glühen des Eisens schien ihm jetzt wie Magie zu sein. Er wartete, bis er so durchgeglüht war, wie Steinar es ihm gezeigt hatte.
Fast wie im Trance ging er zum Amboss und schmiedetet den Nagel. Ping, ping, ping, klang es in seinen Ohren. Falkis Arme taten auch gar nicht mehr weh, er wollte nur noch schmieden. Jetzt den Nagel abtrennen – ping, ping, ping und ab war er. Falki hielt ihn nun mit der Zange wieder in die Glut, nur ein Bisschen und dann schmiedete er den Nagelkopf. Ohne Unterbrechung formte Falki den Nagelkopf, bist Steinar brummte: „Es reicht!“
Dann fügte er etwas leiser hinzu: „Falki, bist du taub? Ich hab dreimal gesagt, dass es genug ist. Du hämmerst ja wie ein Besessener. Aber zeig mal – hmm, der sieht gut aus. Ich sehe, du hast es begriffen und du kannst es. Mit einem Zisch hielt Steinar den Nagel in den Wassereimer.
„Hier nimm ihn mit und mach Feierabend. Geh nah Hause und freue dich über dein erstes selbst geschmiedetes Stück.“
Falki griff den Nagel und atmete tief durch. Als sein Herz plötzlich heftig loshämmerte, wurde ihm bewusst, dass das jetzt ein besonderer Moment war. Leise sagte nur: „Danke, Steinar“ – und verließ, ganz in sich versunken, den Nagel betrachtend, die Schmiede.
Arnor schaute etwas verwundert auf Falki, der so andächtig, mit einem Nagel in der Hand, die Schmiede verließ und wollte etwas sagen, aber Steinar gab ihm ein Zeichen, zu schweigen.
Er zeigte auf Falki und legte seinem Sohn den Finger auf dem Mund.
Als Falki außer Sicht war, sagte er zu Arnor: „Du musst dich anstrengen um mit ihm mitzuhalten. Falki wird ein hervorragender Schmied werden. Ich glaube, Falki hat goldene Hände zum Schmieden.“
Er legte Arnor die Hand auf die Schulter, zog ihn an sich und raunte ihm ins Ohr: „Aber du wirst mal hier der Schmied von Björkendal sein.“