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4. Satzungsstrenge

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Die SE mit Sitz in Deutschland unterliegt ähnlich wie die deutsche AG[9] dem Grundsatz der Satzungsstrenge. Das hiermit dem Satzungsgeber Gestaltungsfreiheit genommen wird, mag rechtspolitisch zu kritisieren sein,[10] ist aber de lege lata hinzunehmen. Die für die SE geltende Satzungsstrenge entspricht indessen nicht vollständig der für die AG geltenden Satzungsstrenge. Dies ist wiederum der Normenhierarchie des Art. 9 Abs. 1 SE-VO geschuldet.[11] Da Bestimmungen in der Satzung der SE in bestimmten Fällen (Art. 9 Abs. 1 b SE-VO) den Vorschriften des nationalen Rechts, also damit insbesondere § 23 Abs. 5 AktG, vorgehen, sind diese Satzungsbestandteile nicht am – in der Normenhierarchie darunter angesiedelten – deutschen Recht zu messen. In der Sache ändert dies allerdings wenig: Art. 9 Abs. 1 b SE-VO räumt nur denjenigen Satzungsbestimmungen Vorrang vor dem nationalen Recht ein, deren Aufnahme in die Satzung von der SE-VO ausdrücklich zugelassen ist. Da diese Regelungsermächtigungen an den Satzungsgeber eng begrenzt sind, erhält der Satzungsgeber insoweit keinen maßgeblichen Gestaltungsspielraum. Da alle übrigen Bestimmungen am Maßstab des nationalen Rechts, also insbesondere an § 23 Abs. 5 AktG zu messen sind, gilt der Grundsatz der Satzungsstrenge fast gleichermaßen auch für die SE. Dementsprechend ist es irreführend, wenn insoweit von „doppelter Satzungsstrenge“[12] gesprochen wird, denn Art. 9 Abs. 1 b SE-VO stellt keinen Prüfungsmaßstab für Satzungsbestimmungen dar bzw. begrenzt den Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers nicht, sondern regelt ausschließlich die Normenhierarchie.

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Für die Gestaltung der Satzung einer SE gilt damit folgendes: Abweichungen der Satzung von den gesetzlichen Bestimmungen sind nur dann möglich, wenn solche Abweichungen ausdrücklich zugelassen sind. Ist die Abweichung durch die SE-VO ausdrücklich gestattet (Art. 9 Abs. 1 b SE-VO), bildet nur diese und nicht das nationale Recht den Prüfungsmaßstab, so dass in diesen Fällen auch von den nationalen Regelungen abgewichen werden kann. Als Beispiel für diese Fallkonstellation kann auf Art. 55 Abs. 1 HS 2 SE-VO verwiesen werden. Dieser gestattet dem Satzungsgeber ausdrücklich, von den nationalen Bestimmungen abzuweichen, so dass eine etwaige Satzungsbestimmung den nationalen Bestimmungen in § 50 SEAG, § 122 Abs. 1 AktG vorgeht und gerade kein Verstoß gegen den Grundsatz der Satzungsstrenge vorliegen würde, obwohl die entsprechende Satzungsbestimmung von den nationalen Vorschriften abweicht. Ergänzende Bestimmungen der Satzung sind insoweit zulässig, als weder die SE-VO noch das nationale Recht abschließende Regelungen treffen.[13] Für die Frage, wann eine abschließende Regelung vorliegt, ist auch zu prüfen, ob sich dies aus einer ergänzenden Auslegung oder Rechtsfortbildung ableiten lässt.[14]

4I › 5. Auslegung der Satzung

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