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IV. Gegenstand des Unternehmens
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Zum Mindestinhalt der Satzung gehört ebenfalls die Festlegung des Unternehmensgegenstandes. Da die SE-VO hierfür keine Regelungen vorsieht, ist nach Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO auf das nationale Recht zurückzugreifen. Nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG muss die Satzung der AG den Gegenstand des Unternehmens bestimmen.
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Der Unternehmensgegenstand wird definiert als die von der Gesellschaft betriebene oder konkret beabsichtigte, in absehbarer Zeit aufzunehmende Tätigkeit.[1] Der Unternehmensgegenstand muss möglichst individuell und so beschreibend angegeben werden, dass die Schwerpunktsetzung des Unternehmens für den beteiligten Rechtskreis erkennbar ist.[2]
1. Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck
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Von dem Unternehmensgegenstand zu trennen ist der Zweck der Gesellschaft. Zwar unterscheidet das Aktiengesetz nicht zwischen diesen beiden Begriffen, jedoch wird allgemein davon ausgegangen, dass Zweck und Unternehmensgegenstand nicht das gleiche sind.[3] Die Abgrenzung im Einzelnen ist umstritten.
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Die h.M. grenzt die Begriffe im Wege einer Zweck-Mittel-Relation voneinander ab. Mit dem Gegenstand werden die eingesetzten Mittel beschrieben, mit welchen der finale Sinn der Gesellschaft (Zweck) erreicht werden soll.[4] Hiernach stellt der Gesellschaftszweck allein das auf seinen Wesenskern reduzierte Motiv der Gründer für die Errichtung der Gesellschaft dar.[5] In aller Regel reduziert er sich auf die Gewinnerzielungsabsicht, wobei der Zweck nicht in der Satzung angegeben wird. Die Eingrenzungen und Beschreibung der Maßnahmen obliegen dann der Definition des Gesellschaftsgegenstands.[6]
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Andere stellen mehr auf eine funktionelle Betrachtungsweise ab: Während der Gesellschaftsgegenstand vorrangig dem Rechtsverkehr nach außen über den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft Klarheit gebe, sei der Gesellschaftszweck das für die Errichtung der Gesellschaft maßgebliche Element, wodurch sich im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander die Förder- und Unterstützungspflichten ergeben.[7]
2. Individualisierung
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Letztendlich muss mit der Bezeichnung des Unternehmensgegenstands das Erfordernis des § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG erfüllt werden. Der Grad der Individualisierung des Unternehmensgegenstands in der Satzung ist jedoch nur schwer bestimmbar.
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Grundsätzlich gilt, dass der Unternehmensgegenstand den Schwerpunkt der Tätigkeit angeben muss und dass keine Leerformeln verwendet werden dürfen.[8] Diesen Erfordernissen ist Genüge getan, wenn für die beteiligten Wirtschaftskreise aus der Satzungsbestimmung unmittelbar erkennbar ist, in welchen Geschäftszweigen sich die Gesellschaft in welcher Weise betätigt oder betätigen will. Allerdings sollte der Unternehmensgegenstand nicht zu eng gefasst werden, da die SE nur Tätigkeiten entfalten darf, die von dem Unternehmensgegenstand gedeckt sind.
3. Funktion des Unternehmensgegenstands
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Die Bedeutung der Bestimmung des Unternehmensgegenstands liegt vorrangig in der Information der Öffentlichkeit über den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft. Daneben besteht die Überprüfungsmöglichkeit seitens des Registergerichts, ob die Tätigkeit erlaubt ist oder einer Genehmigung bedarf.
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Schließlich dient eine Konkretisierung auch dem Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan, dem der Kreis der Geschäfte vorgegeben wird, die er in Wahrnehmung seiner Geschäftsführungsaufgabe für die Gesellschaft vornehmen soll.[9] Überschreitet das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan seine Befugnisse, ist das Geschäft nach außen zwar wirksam, im Innenverhältnis machen sich Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan aber gem. Art. 51 SE-VO, § 93 AktG bzw. gem. Art. 43 Abs. 4 SE-VO, § 39 SEAG, § 93 AktG schadensersatzpflichtig.
4. Schranken und Rechtsfolgen
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Wird überhaupt kein Unternehmensgegenstand in die Satzung aufgenommen oder verstößt der Unternehmensgegenstand gegen gesetzliche Verbote oder beinhaltet der Unternehmensgegenstand sittenwidrige Geschäfte oder genehmigungspflichtige Geschäfte, ohne dass eine Erlaubnis vorliegt, wird die Gesellschaft in aller Regel gar nicht erst eingetragen. Denn das Registergericht hat nach Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO, § 38 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. im Fall der Verschmelzung nach Art. 26 Abs. 1 SE-VO vor der Eintragung die ordnungsgemäße Errichtung bzw. die Rechtmäßigkeit der Verschmelzung zu prüfen.
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Erfolgt die Eintragung gleichwohl, kommen entweder die Klage auf Nichtigerklärung nach Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO, § 275 AktG oder aber die Löschung nach § 397 S. 1 FamFG in Betracht. Die Voraussetzungen für diese Verfahren sind aber enger als die Voraussetzungen, unter denen ein Registergericht die Eintragung ablehnen kann. Denn nachdem die SE eingetragen wurde, genießt diese einen gewissen Bestandsschutz, was sich für die SE unmittelbar aus dem Rechtsgedanken des Art. 30 S. 1 SE-VO und zusätzlich (über Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO) aus dem auf Bestands- und Verkehrsschutz gerichteten Normzweck des § 275 AktG ergibt.[10]
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Erforderlich ist entweder, dass überhaupt keine Bestimmung über den Gegenstand in der Satzung enthalten ist, oder aber, dass die in der Satzung enthaltene Bestimmung gegen § 241 Nr. 3 oder 4 AktG verstoßen würde. Diese Voraussetzungen sind nur dann erfüllt, wenn der Unternehmensgegenstand nicht mit dem Wesen der AG zu vereinbaren ist oder der Unternehmensgegenstand Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse erlassen sind, oder der Unternehmenszweck gegen die guten Sitten verstößt. In all diesen (Ausnahme-)Fällen kommt entweder die Nichtigkeitsklage nach Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO, § 275 AktG oder die Löschung von Amts wegen nach § 397 Abs. 1 FamFG in Betracht.[11]