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Der Limes und die Saalburg

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Vielleicht schon im Jahr 85 n. Chr., spätestens um 90 n. Chr. gründete Domitian die Provinz Germania Superior (Obergermanien) mit Mainz als Hauptstadt. Zum Schutz der neuen Provinz, die rechtsrheinisch den Taunuskamm, große Teile der Wetterau und das Gebiet zwischen Main und Neckar umfasste, ließ der Kaiser die Grenze mit Sichtschneisen und hölzernen Wachtürmen sichern. Erst in den folgenden Jahrzehnten wurde der Limes mit Palisaden aus Holzpfählen verstärkt, später kamen noch Wall und Graben hinzu. Trotzdem war der Limes, der sich vom Rhein an den Main zog und dann weiter in das Donaugebiet, nie eine Befestigung, die germanische Einfälle hätte abhalten können. Der Limes schützte die provinz-römische Bevölkerung vor räuberischen Übergriffen und regelte den Austausch mit den germanischen Gebieten. Eine militärisch strategische Funktion besaß der Limes somit nicht, obwohl in regelmäßigen Abständen kleine und größere Kastelle errichtet wurden, die eine militärische Besatzung aufwiesen. Das bekannteste Kastell in Hessen ist die Saalburg, die einer Kohorte, also bis zu 1000 Soldaten, Platz bot. Wie viele römische Überreste wurde auch die Saalburg später von der örtlichen Bevölkerung als Steinbruch genutzt. Der hessen-homburgische Regierungsrat Elias Neuhof schrieb 1777:


Der Haupteingang der Saalburg

»Eine andere Römische Schanze verdienet vorzüglich hier angemerkt zu werden. Sie hat den Namen Saalburg, und ist nicht weit von dem Weg, der von Homburg über das Gebürg nach Usingen gehet. Es ist ein großer viereckigter Platz, der mit einem tiefen Graben und Aufwurf umgeben, an dem Paß aber mit dergleichen doppelt verwahret und noch deutlich zu sehen ist. In den ältern Zeiten ist auch solcher mit einer Mauer eingeschlossen gewesen, da man aber in den neuern die Steine nach und nach aufgebrochen, und zu dem Herrschaftlichem Schloß- und reformirten Kirchenbau etc. beyfahren lassen13

Erst 1818 wurde die Steingewinnung verboten. Und 1870 begannen die Grabungen. Um die Jahrhundertwende engagierte sich dann Kaiser Wilhelm II. für die Idee, das Grenzkastell auf dem alten Grundriss neu zu errichten. 1907 wurde die Saalburg eingeweiht. Sie beherbergt heute eines der faszinierendsten (Freilicht-)Museen Deutschlands.

Der Obergermanisch-Raetische Limes, den die UNESCO 2005 zum Weltkulturerbe erklärt hat, schützte auf seinen 180 Kilometern über hessisches Gebiet drei römische Verwaltungseinheiten: die Civitas Mattiacorum mit Wiesbaden als Hauptort, die Civitas Auderiensium mit Dieburg als Mittelpunkt und die Civitas Taunensium um (Frankfurt-)Nida, wo jüngst ein 3000 Quadratmeter großer Tempelbezirk mit mindestens fünf Heiligtümern ausgegraben wurde. Offenbar verehrte man in Nida den Gott Jupiter Dolichenus. Darauf verweist zumindest eine kleine Adlerfigur mit Blitzbündel, die bei den Ausgrabungen in der Frankfurter Römerstadt gefunden wurde.

In dem weitgehend friedlichen 2. Jahrhundert wurde der rechtsrheinische Teil der Provinz Obergermanien zu einer kleinen multikulturellen Gesellschaft, in der römische Soldaten, Angehörige ihrer Hilfstruppen, aus Gallien eingewanderte Kelten und Germanen zusammenlebten. »Gleichzeitig florierten unter römischer Kontrolle Wirtschaft und Handel in beachtlichem Maß«, schreibt Margot Klee in ihrem Buch über den römischen Limes in Hessen. »Im Hinterland der Städte entstanden besonders in der Wetterau zahlreiche villae rusticae (Gutshöfe), deren Besitzer ihre Überschüsse an das Heer oder auf den Märkten der benachbarten Städte verkauften. Den zunehmenden Reichtum belegen immer luxuriöser ausgestattete Gebäude sowie die seit dem 2. Jahrhundert häufigeren Weihungen.«14

Die Römer ließen Straßen und Brücken bauen, legten Wasserleitungen an, führten zahlreiche Verbesserungen in der Landwirtschaft ein und verteilten großzügig ihr Bürgerrecht. Aber der Frieden war trügerisch. Denn das römische Weltreich war von allen Seiten bedroht und lähmte sich immer wieder selbst durch interne Machtkämpfe. Als im Jahr 233 n. Chr. Truppen aus Obergermanien abgezogen wurden, um sie an der östlichen Grenze gegen das erstarkende Sassanidenreich einzusetzen, nutzte der germanische Stammesverband der Alamannen die Gunst der Stunde, durchbrach den Obergermanisch-Raetischen Limes und überfiel römische Gebiete. Zu Beginn kam es offenbar zu mehreren solcher Überfälle (auch durch andere germanische Stammesgruppierungen wie den Franken). Die Entwicklung gipfelte schließlich in einem Vorstoß der Alamannen 259 n. Chr. nach Italien, wo sie 260 n. Chr. bei Mailand von Kaiser Gallienus geschlagen wurden. Ein weiterer Sieg bei Augsburg konnte jedoch nicht verhindern, dass der Obergermanisch-Raetische Limes in den folgenden Jahren aufgegeben werden musste und es zu einem allmählichen Rückzug der römischen Truppen auf die linksrheinischen Gebiete kam. Die Römer waren somit gezwungen, ihre Grenze an den Rhein zurück zu verlegen. Trotzdem blieben einzelne Brückenköpfe und vor allem Handelskontakte erhalten. So ließ Kaiser Konstantin zwischen 328 und 337 n. Chr. Granit aus dem Felsenmeer im Odenwald zum Bau seiner Basilika in Trier verwenden. Erst zu Beginn des 5. Jahrhunderts brach die römische Rheingrenze unter dem Ansturm verschiedener germanischer Stammesverbände zusammen, wobei der Übergang auf römisches Territorium am 31. Dezember 406 n. Chr. bei Mainz erfolgt sein soll. Der beginnenden germanischen Völkerwanderung war das wankende Weltreich nicht mehr gewachsen.

Die Geschichte Hessens

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