Читать книгу Migräne & Co. - Hanspeter Hemgesberg - Страница 11
Migräne Migräne: Ein Rückblick
ОглавлениеIch beginne bei dieser Krankheit mit einem Blick zurück in die Medizin-Geschichte der Migräne.
„Wenn geglaubt wird, Migräne sei eine Krankheit neuerer Tage, dann irrt der sich sehr!“
Weit gefehlt:
Migräne & Co. sind alles andere, denn Krankheiten der Gegenwart.
Nein, bereits in der Antike waren unterschiedliche Kopfschmerzen bekannt.
Bereits im alten Mesopotamien zu Zeiten der Sumerer – im 3. Jahrtausend vor Chr. – klagten Menschen über ‚einseitige’ Kopfschmerzen. Dies war auf Papyrusrollen festgehalten. Die Kopfschmerzen waren auf „schlechte Gase“ zurückgeführt worden; daher war bei schweren Verlaufsformen den Kranken auch der Schädel aufgebohrt worden (Trepanation), um die Gase abzulassen.
Aber bereits viel früher, ca. 7000 v.Chr., waren Schädel-Trepanationen (= Bohrungen durch die Schädeldecke) durchgeführt worden, wie Schädelfunde aus jener Zeit beweisen.
Zu Zeiten der Pharaonen im alten Ägypten wurden Kopfschmerz-Kranken ein lebendiger Zitterrochen auf den Kopf gelegt:
Es wurde Schmerzlinderung durch die ‚elektrischen Stromschläge’ des Rochens angestrebt.
Die alten Griechen glaubten, die Migräne habe psychosomatische Ursachen. Um ca. 400 v. Christus war der griechische Arzt Hippokrates von Kos (460-370 v.Chr. – er galt als der berühmteste Arzt des Altertums) führend in der Behandlung von Kopfschmerzen; er war der Meinung, aus der Leber würden giftige Dämpfe zum Kopf aufsteigen. Als Therapie nannte er die Anwendung von Blutegeln sowie im Extremfall die Öffnung des Kopfes.
Hippokrates beschrieb bereits die ‚visuelle Aura’ der Migräne.
Der griech. Arzt Aretaios von Kappadokien (81-138 n.Chr.) hat erstmals die Migräne-Symptomatologie und auch das periodische Auftreten präzise beschrieben.
Der griech. Arzt und Anatom Galenos von Pergamon (Aelius Galenus – 129-201) benutzte als Erster den Begriff „hemicrania“, von dem dann später der Name „Migräne“ abgeleitet wurde. Galenos war der Ansicht, dass eine Verbindung zwischen Magen und Gehirn bestünde – wegen der bei Migräne auftretenden Übelkeit und dem Brechreiz –; er führte Migräne auf ein Zuviel an gelber Galle zurück.
Der wahrscheinlich bedeutendste mittelalterliche Arzt der arabischen Welt, der andalusisch-arabische Arzt Abulcasis (bzw. Abul I-Qasim Chalaf ibn al-Abas az-Zahrawi – 936-1013) behandelte Migräne durch Auflegen eines heißen Eisens auf den Kopf und/oder durch Einbringen von Knoblauch in einen Schnitt im Schädeldach.
Zu Zeiten des frühchristlichen Roms bis ins späte Mittelalter wurde der Aderlass häufig verwendet. Bei dieser Therapie wurde dem Patienten an mehreren Stellen des Körpers Blut abgelassen.
Bei den Inkas erfolgte die Therapie mit der Coca-Pflanze, dabei wurde die Haut aufgeritzt, damit der Saft eingeträufelt werden konnte.
Im 13. Jahrhundert kamen mit Opium und Essig getränkte Tücher auf den Kopf zum Einsatz.
In der Zeit zwischen spätem Mittelalter bis nahezu zur Neuzeit wurden Kräuteressenzen verabreicht und Blutegel an die Schläfe angesetzt.
Machen wir einen ‚Geschichtssprung’:
In der berühmten „Bibliotheca Anatomica“ (physiologicam facientia a rerum initiis recensentur) werden in der Ausgabe aus dem Jahre 1712 fünf Haupt-Typen von Kopfschmerzen beschrieben, einschließlich der „Schwermut“, erkennbar als ‚klassische Migräne’.
Aus Mutterkorn gewonnene Ergotaminextrakte wurden seit dem 19. Jahrhundert eingesetzt. 1920 erfolgte die Isolierung des Ergotamintartrates im Labor.
Die Mutterkornalkaloide waren bis 1993 die einzigen Arzneimittel zur Behandlung schwerer Migräneattacken. 1938 veröffentlichten John Graham und Harold Wolff ihre Untersuchungen zur Wirkung von Ergotamintartrat bei Migräne.
H. Wolff entwickelt (1950) die „vasculäre“ Theorie der Migräne.
Der 1993 eingeführte Wirkstoff Sumatriptan war der erste Vertreter der Triptane, die sich mittlerweile als die wirksamste Wirkungsgruppe gegen Migräne erwiesen haben.
Wenn schon geschichtlicher Rückblick, dann dürfen auch prominente „Migräniker“ nicht fehlen.
Aus der schier unendlich langen Liste Migräne-Kranker will ich hier ‚stellvertretend‘ nennen:
Julius Caesar, Hildegard von Bingen, Napoleon Bonaparte, Vincent van Gogh, Claude Monet, Lewis Caroll, Wilhelm Busch, Marie Curie, Charles Darwin, Sigmund Freud, Alfred Nobel, Frédéric Chopin, Friedrich Nietzsche, Katja Flint, Harald Schmidt u.v.a.m. …