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2. Verteilungsgerechtigkeit im Schuldrecht

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Aber auch die Verteilungsgerechtigkeit – der es um die Verteilung von Chancen, Risiken und Vermögen geht und die externe Effekte einbezieht[10] – steht bei zahlreichen Regeln und Prinzipien des Schuldrechts im Vordergrund. Verteilungsgerechtigkeit zeigt sich immer dann, wenn Normen und Prinzipien sich nicht mehr nur mit den Interessen der konkret Beteiligten erklären lassen, sondern auch als Steuerungsinstrument für potenziell künftige Fälle dienen. Verteilungsgerechtigkeit steht für eine regulative Perspektive des Rechts. Im Schuldrecht zeigt sie sich häufig. Einfache Beispiele sind diejenigen Normen und Rechtsgebiete, die (vereinfacht gesprochen) den Schutz bestimmter Personengruppen bewirken – etwa das soziale Mietrecht, das Verbraucherrecht oder auch das Arbeitsvertragsrecht. Ähnlich liegt es, wenn Schuldrecht Gemeinwohlbelange verwirklicht – so etwa bei zahlreichen Kontrahierungszwängen, etwa im Bereich der Daseinsvorsorge.[11] Wenn Regeln der Verhaltenssteuerung dienen, steht ebenfalls die Verteilungsgerechtigkeit im Vordergrund.[12] Ein Beispiel ist die Präventionsfunktion des Schmerzensgeldes bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts.[13] Sie zielt darauf ab, künftige Verletzungen zu verhindern.

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Inwieweit bzw an welchen Stellen des Schuldrechts Verteilungsgerechtigkeit oder Austauschgerechtigkeit im Vordergrund stehen, ist in erster Linie eine Entscheidung des Gesetzgebers. In der Rechtsanwendung sind die gesetzgeberischen Wertungsentscheidungen zu berücksichtigen. Beide Gerechtigkeitsperspektiven können zu identischen Forderungen führen oder Anwendungsentscheidungen in gleicher Weise begründen. Es kann in der Rechtsanwendung aber auch dazu kommen, dass ein Konflikt zwischen der Austauschgerechtigkeit und der Verteilungsgerechtigkeit zu entscheiden ist. Solche Konflikte können immer nur im Einzelfall aufgelöst werden. Dabei besteht kein Vorrang der einen oder anderen Gerechtigkeitsform. Vielmehr sind Verteilungsgerechtigkeit und Austauschgerechtigkeit im Schuldrecht gleichwertige und gleichrangige Gerechtigkeitsperspektiven.[14] Ähnlich wie bei der Abwägung zwischen Prinzipien kommt es daher bei Konfliktentscheidungen zuvorderst auf eine sorgsame Begründung der jeweiligen Vorrangentscheidung an. Allgemeine Aussagen lassen sich nur schwer treffen. Denn die Entscheidung hängt immer von den jeweiligen historischen, sozialen, ökonomischen und politischen Kontexten der jeweiligen Regelungsmaterie und des jeweiligen Einzelfalls ab. Beispielsweise dürfte die Perspektive der Austauschgerechtigkeit bei Schuldverhältnissen zwischen Unternehmern sowie im Handelsrecht im Vordergrund stehen, weil in diesen Kontexten Schnelligkeit und Sicherheit ein hohes Gut sind. Die mit der Austauschgerechtigkeit einhergehende Abstraktion und Dekontextualisierung kommt dem entgegen, weil beides die Rechtsanwendung vereinfacht. Andererseits spielt die Gerechtigkeitsperspektive der Verteilungsgerechtigkeit dort eine besondere Rolle, wo es um den Schutz Schwächerer geht oder auch, wenn die Prävention bestimmter Verhaltensweisen im Vordergrund steht.

Teil I Grundlagen§ 1 Ziele und Prinzipien des Schuldrechts › II. Rechtssicherheit und Rechtsfrieden

BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil

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