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3. Der gesetzliche Rahmen der Vertragsfreiheit im BGB

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Die Vertragsfreiheit wird im BGB nur innerhalb der gesetzlichen Vorgaben gewährt. Dazu gehören beispielsweise Formvorschriften, deren Missachtung in der Regel zur Nichtigkeit der Verträge führt (vgl § 125).[31] Weitere wichtige Rahmenbedingungen ergeben sich aus den §§ 134, 138 und 242. Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen zudem einer weitgehenden Kontrolle nach den §§ 305 ff. Im Bereich des Verbrauchervertragsrechts, in dem die regulative Perspektive klar im Vordergrund steht, ist die Vertragsinhaltsfreiheit jenseits der Hauptleistungspflichten nahezu bedeutungslos.[32] Ähnliches gilt für das Arbeitsvertragsrecht und das Wohnraummietrecht. Viele weitere Voraussetzungen der Vertragsfreiheit sind im besonderen Schuldrecht zu finden. So ist die Vertragsinhaltsfreiheit im Kaufrecht etwa durch Regelungen zu Gewährleistungsausschlüssen schwach ausgeprägt (vgl etwa §§ 444, 476). Dazu treten viele weitere Rahmenbedingungen in Spezialgesetzen, wie etwa der Gebührenordnung für Ärzte, die Preise nur in sehr engen Grenzen frei vereinbaren können. Im Gemeinwohlinteresse bestehen außerdem zahlreiche Kontrahierungszwänge, die die negative Vertragsfreiheit ausschließen.[33]

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Man kann die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Vertragsfreiheit auch als „Grenzen der Vertragsfreiheit“ oder „Schranken der Vertragsfreiheit“ bezeichnen. Das ist eine durchaus übliche Terminologie.[34] Rhetorisch rufen die Bilder von „Grenzen“ und „Schranken“ freilich Assoziationen hervor, aus denen sich eine Rechtfertigungslast ergibt. Das ist durchaus gewollt: Gesetzliche Rahmenbedingungen der Vertragsfreiheit werden als rechtfertigungsbedürftiger „Eingriff“ in die Vertragsfreiheit „als solche“ gesehen. Analytisch ist das Bild jedoch irreführend: Denn die Rahmenbedingungen der Vertragsfreiheit sind kein Eingriff in eine abstrakte Freiheit „als solche“, die zuvor unberührt bestand. Sie verteilen vielmehr spezifische Freiheitsbefugnisse. Die Vertragsfreiheit als Prinzip sagt nichts über konkrete einzelne Befugnisse aus, die das Recht uns zuschreibt und denen logisch zwingend korrelierende Pflichten gegenüberstehen. Das Recht verteilt diese Befugnisse, so dass manchem mehr, manchem weniger Handlungsspielräume zukommen. Das zeigen Kontrahierungszwänge deutlich, die sich regelmäßig nur an eine bestimmte Personengruppe richten und damit spezielle Akteure im Wirtschaftsleben in den Blick nehmen. So verpflichtet das AGG die Clubbetreiberin, Menschen nicht wegen ihrer Hautfarbe von der Tür zu weisen.[35] Darin liegt eine Einschränkung der Freiheitsbefugnisse der Clubbetreiberin. Zugleich – und logisch zwingend – werden damit Freiheitsbefugnisse auf Seiten der betroffenen Menschen erhöht. Freiheitsaspekte werden durch die Regeln, innerhalb derer die Vertragsfreiheit wirkt, also immer (und fortlaufend) neu verteilt. Die entscheidende Frage ist stets, welche spezifischen Freiheitsbefugnisse begrenzt werden sollen oder nicht. Konkrete Antworten auf diese Fragen werden im politischen und juristischen Diskurs gegeben.

BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil

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