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1. Austauschgerechtigkeit (bzw ausgleichende Gerechtigkeit) und Verteilungsgerechtigkeit

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Herkömmlich wird als Gerechtigkeitsform des Privatrechts die Austauschgerechtigkeit (bzw ausgleichende Gerechtigkeit) betrachtet, die Verteilungsgerechtigkeit gilt dagegen als Gerechtigkeitsform des öffentlichen Rechts.[6] Diese Zuordnung erscheint auf den ersten Blick gerade für das Schuldrecht plausibel, dessen Paradigma ja der zweiseitige Austauschvertrag ist. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass Austauschgerechtigkeit (bzw ausgleichende Gerechtigkeit) und Verteilungsgerechtigkeit im Schuldrecht gleichwertig und gleichberechtigt nebeneinanderstehen und das Schuldrecht prägen.[7]

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Die Austauschgerechtigkeit – die paradigmatisch auf die Gerechtigkeit zwischen zwei Personen abzielt, ohne Verteilungswirkungen oder Verallgemeinerungen zu betrachten[8] – steht im Schuldrecht bei vielen Regeln und Prinzipien im Vordergrund. Häufig geht es im Schuldrecht gerade um die Gerechtigkeit im Verhältnis von Schuldner und Gläubiger. Wenn etwa Hauptleistungspflichten das Äquivalenzinteresse schützen, soll damit die Gleichheit von Leistung und Gegenleistung gesichert und so ein auf die beiden beteiligten Personen fokussierender Gerechtigkeitsgedanke umgesetzt werden. Das Austauschverhältnis wird dabei wie durch ein Brennglas betrachtet. Auf Auswirkungen, die über das konkrete Zweipersonenverhältnis hinausgehen (die man auch externe Effekte nennen kann), scheint es nicht anzukommen. Was zwischen den beiden Parteien „gleichwertig“ ist, hängt auch entscheidend von dem ab, was die Parteien vereinbart haben (vgl auch § 346 Abs. 2 S. 2). Hier zeigt sich die besondere Nähe der Austauschgerechtigkeit zur Vertragsfreiheit. Auch das Schadensrecht zielt in vielen Fällen vor allem darauf ab, einen beiderseits gerechten Interessenausgleich zwischen Schädiger und Geschädigtem herzustellen.[9] So ist die Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion des Schadensersatzrechts Ausdruck der ausgleichenden Gerechtigkeit.

BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil

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