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c) Gesetzliche Schuldverhältnisse

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Gesetzliche Schuldverhältnisse entstehen allein durch ein Gesetz, ohne dass dafür ein Rechtsgeschäft erforderlich wäre. Nötig ist nur, dass der Tatbestand des jeweiligen Gesetzes erfüllt ist. Die wichtigsten gesetzlichen Schuldverhältnisse im BGB sind die deliktischen und die bereicherungsrechtlichen Schuldverhältnisse.

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Die im Schuldrecht fokussierte Sonderverbindung ergibt sich dann unmittelbar aus dem Gesetz. So können unerlaubte Handlungen (Delikte) ein Schuldverhältnis begründen. Unerlaubte Handlungen sind vor allem in den §§ 823 f, 826 geregelt. § 823 Abs. 1 knüpft etwa eine Schadensersatzpflicht daran, dass eine Person rechtswidrig und schuldhaft ein bestimmtes Rechtsgut einer anderen Person verletzt. Beispiele bieten die vorsätzliche Körperverletzung einer Person durch eine andere Person und die vorsätzliche Sachbeschädigung. Wenn ich absichtlich Kaffee über Ihr Smartphone schütte und es dadurch zerstöre, ist der Tatbestand des § 823 Abs. 1 erfüllt – ich habe rechtswidrig und schuldhaft das Eigentum einer anderen Person verletzt. Allein durch mein deliktisches Tun ist ein Schuldverhältnis iSd § 241 zwischen mir und der geschädigten Person entstanden. Auf dieses Schuldverhältnis finden nach seiner Entstehung die Regeln des Allgemeinen Schuldrechts Anwendung. So beurteilt sich beispielsweise nach den §§ 249 ff, auf welche Weise und in welcher Höhe ich Schadensersatz leisten muss.[13]

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Auch deliktische Schuldverhältnisse bringen Schutzpflichten iSd § 241 Abs. 2 mit sich. Das gilt allerdings erst ab dem Moment ihrer Entstehung. Ein Beispiel sind Schutzpflichten bei der Schadensersatzleistung durch Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1. So könnte ich im Kaffee-Smartphone-Beispiel als Smartphone-Experte Schadensersatz gem. § 249 Abs. 1 dadurch leisten, dass ich das Smartphone selbst repariere. Darauf muss sich der Geschädigte gem. § 249 Abs. 2 S. 1 freilich nicht einlassen. Er kann auf Schadensersatz in Geld bestehen.[14] Wenn sich der Geschädigte gleichwohl auf die Reparatur durch den Schädiger einlässt, ist er durch Schutzpflichten aus § 241 Abs. 2 zusätzlich geschützt. Wenn ich die Reparatur des Smartphones auf Ihrem Holztisch vornehme, so trifft mich etwa die Pflicht, während der Reparatur keine ätzenden Flüssigkeiten auf Ihren Holztisch zu spritzen.

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Auch die seit dem SMG 2002[15] in § 311 Abs. 2 geregelte culpa in contrahendo (Haftung aus geschäftlichem Kontakt) ist in der Systematik des BGB seitdem den gesetzlichen Schuldverhältnissen zuzuordnen.[16] Denn das Schuldverhältnis aus culpa in contrahendo entsteht, wenn die Voraussetzungen des § 311 Abs. 2 erfüllt sind. Danach können Schuldverhältnisse mit Nebenpflichten iSd § 241 Abs. 2 durch geschäftliche Kontakte entstehen – insbesondere durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen oder bei der Anbahnung von Verträgen. Ihren Funktionen nach steht die culpa in contrahendo allerdings zwischen den rechtsgeschäftlichen und den gesetzlichen Schuldverhältnissen. Ihr zentraler Regelungsort, § 311 Abs. 2, zeigt vor allem in den Nr 1 und 2, dass die culpa in contrahendo die vertragliche Haftung im Vorfeld „ergänzt“, obwohl ein Vertrag eben nur „fast“ besteht – eben, weil es erst zu Verhandlungen über einen Vertrag oder zu seiner Anbahnung gekommen ist (aber noch nicht unbedingt zu einem Vertrag). Allerdings liegt in diesen Fällen eben noch kein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis vor – wir bewegen uns ja noch im Vorfeld des Vertragsschlusses. Funktionell gleicht die culpa in contrahendo vor allem Schwächen der deliktischen Haftung aus. Insbesondere ermöglicht sie die Haftung für reine Vermögensschäden und die Anwendung des § 278; durch letztere wird die andernfalls drohende Exkulpationsmöglichkeit des § 831 Abs. 1 S. 2 verhindert.

BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil

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