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UNMARKIERTE BEOBACHTUNGEN UND NEUE BEGRIFFE
ОглавлениеIn der Trendforschung beschäftigt man sich mit den vorher beschriebenen Potenzialen. Die Basis dafür bilden Beobachtungen. Dafür werden unterschiedlichste Quellen herangezogen: wissenschaftliche Untersuchungen, öffentliche Meinungsentwicklung, Datenauswertungen und Expertenwissen; ebenso wie ein ständiger Dialog mit Vordenkern und Pionieren. Die Vielfalt der Quellen ist wichtig. Es entsteht eine differenzierte Wahrnehmung der Welt. In den Korrelationen dieser Beobachtungen erkennen Trendforscher Muster. Diese werden markiert, aber noch nicht benannt.
Hier ein Beispiel solcher Beobachtungen: 1. Immer mehr Menschen leiden daran, dass sie ihre Aufmerksamkeit nicht mehr selbstbestimmt einsetzen können. Die ständige Flut der Social Media fordert ihren Preis. 2. So viele Menschen wie nie zuvor besuchen Yogastudios und buchen Entspannungskurse. 3. Immer mehr Unternehmen setzen auf Maßnahmen, die nicht die Effizienz, sondern das Wohlfühlen steigern sollen. 4. Ein soziologisches Buch von Hartmut Rosa zu »Resonanz« landet auf den Bestsellerlisten.
Diese vier Beobachtungen haben auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun, dennoch erkennt man darin ein Muster. Jede der Beobachtungen erzeugt eine Distanz zur klassischen Leistungsidee unserer Gesellschaft. Die Frage, die unscharf zu erkennen ist: Wie gelingt es Menschen, in einer Zeit der Beschleunigung ruhig und selbstwirksam zu bleiben?
In der Trendforschung markieren wir diese Entwicklungen und schauen eine Zeit lang zu. Ohne zu werten, ohne zu kommentieren. Bis zu dem Moment, an dem klar wird, dass all diese Entwicklungen einen größeren, gemeinsamen Kontext haben. Erst dann benennen wir diese Veränderung. In dem beschriebenen Beispiel haben wir das »Die neue Achtsamkeit.« genannt: Durch die Begriffsgebung entsteht nun eine Wahrnehmung für den größeren Zusammenhang. Der Begriff »Achtsamkeit« wird zum Griff für den Möglichkeitsraum. In ihm drückt sich ein Trend aus. Wir erfassen durch den Begriff das Potenzial für Zukünftiges. Begriffe wie diese nehmen nichts vorweg. Sie sagen nicht: »So ist die Zukunft«, aber sie erzählen die Geschichten, die der Wandel bereithält, und machen Möglichkeitsräume begreifbar.
Dieses Vorgehen lässt sich auf den persönlichen Umgang mit Möglichkeiten übertragen. Dazu ein kleiner Leitfaden:
•Seien Sie aktiv neugierig und interessiert an dem Wandel der Welt.
•Nutzen Sie Prognosen als das, was sie sind: Hinweise.
•Achten Sie auf Potenziale. Diese zeigen sich meist unerwartet.
•Seien Sie sensibel für Details. Sie machen den Unterschied.
•Beobachten Sie die Kontexte. Überblicken Sie das größere Bild.
•Finden Sie einen Be-Griff für das, was Sie als Potenzial erkennen.
•Haben Sie Zukunftsmut. Provozieren Sie das Mögliche.