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ZDF

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Das Erste für die „Tagesschau“ und „Lindenstraße“, das Zweite für „Wetten, dass ...?“ und „Traumschiff“ und das Dritte für den Regionalsport, Telekolleg und die „Sesamstraße“. Das war Jahrzehnte lang ausreichend – und ist es auch heute noch. Auch wenn ich „Dalli, Dalli“ und die „Hitparade“ ebenso vermisse wie die „Drombuschs“ und das „Schaufenster am Donnerstag“, so kann ich mich doch auch heute noch darauf verlassen, dass ich im gebührenfinanzierten Fernsehen alles kriege, was ich zur feierabendlichen Dauerberieselung benötige, ohne alle zwanzig Minuten von Slogans à la „Geiz ist geil“ oder „Carglassrepariertcarglasstauschtaus“ aus dem Suppenkoma gerissen zu werden.

Genau genommen, ist dem zu Unrecht als Narkosesender verspotteten ZDF zu verdanken, dass ein ganz normaler Samstagabend auch im Zeitalter nach Peter Frankenfeld, Hans-Joachim Kulenkampff, Kurt Felix und Rudi Carrell noch so verlaufen kann, wie es sich ein werktägiger Gebühren zahlender Durchschnittszuschauer nach einer harten Arbeitswoche verdient hat: Apfelschorle, Eierlikör, Käseigel und Erdnussflips – und dazu eine zweieinhalbstündige Fernsehshow, die nicht durch Werbespots, sondern durch Live-Darbietungen internationaler Musikgrößen von Elton John bis Meat Loaf unterbrochen wird. Und auch wenn es Kultsendungen wie „Wetten, dass…?“, „Drehscheibe“, „Tele-Illustrierte“, „Kennzeichen D“, „Rappelkiste“, „Vorsicht, Falle!“ oder das „ZDF-Ferienprogramm“ nicht mehr gibt, so standen sie doch Pate für vieles, was heute noch unbeschwerte Unterhaltung beschert. Eine alte Folge „Derrick“ auf DVD ist immer noch niveauvoller als eine ganze Staffel „Breaking Bad“ oder „Alarm für Cobra 11“. Und kann es etwas Spannenderes geben, als wenn bei „Aktenzeichen XY“, der Mutter des Reality-TV, immer wieder das Blut in den Adern gefriert, wenn es heißt: „Gustav B. ahnte nichts, als er wie jeden Morgen zur Arbeit fuhr …“

Mit dem Zweiten sieht man bekanntlich besser, und im Zweiten herrschen noch Anstand und Sitte. Eine Pöbelei, wie sie sich Dieter Bohlen bei der Superstarsuche leistet, wäre auf dem Mainzer Lerchenberg ebenso undenkbar wie das öffentliche Zurschaustellen von minderbemittelten Junggesellen oder auf dem Heiratsmarkt übrig gebliebenen Landwirten, das gegen alle Menschenrechtskonventionen verstößt. Im Privatfernsehen werden die „Nervigsten Deutschen“ sogar mit einem eigenen TV-Format kultiviert. In der heilen Vorabend-Welt der Mainzelmännchen hingegen gibt es keinen Klimawandel, keine Arbeitslosigkeit und keine Finanzkrise. Die größten Probleme am Vorabend sind Blasenschwäche, Sodbrennen, Haarausfall und Hexenschuss – und mit dem nächsten lustigen Mainzelmännchen-Spot wieder vergessen.

Mit meiner neuen DVB-T-Antenne kann ich nur öffentlich-rechtliche Sender empfangen. Ich spare jeden Monat Kabelgebühren und vermisse – nichts. Dagegen werde ich in der ersten Reihe des ZDF als Zuschauer respektiert und ernst genommen. Wo sonst wird man heute noch mit „verehrte Zuschauer“ angesprochen? Dafür zahle ich gerne Gebühren – oder wie es heutzutage heißt: Rundfunkbeitrag.

Das Lexikon der uncoolen Dinge

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