Читать книгу Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie - Harvey Patton - Страница 52

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Das leise Summen des Überlichtantriebs drang bis in die Schiffszentrale. Caine saß entspannt im Pilotensessel, denn augenblicklich war er arbeitslos. Seit dem Übergang in den Hyperraum führte der Autopilot den Diskusraumer. Das Schiff des Space-Computers folgte ihm in kurzem Abstand.

»Wie siehst du die Lage, Taff?«, fragte Mitani leise, die neben ihm auf der breiten Armlehne saß. »Haben wir wirklich Aussichten, Ashkar wiederzufinden?«

»Skeptisch, Mädchen?«, fragte der Commander zurück. »Ehrlich gesagt, ich bin es auch. Unser Vorhaben gleicht verzweifelt der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen, der hier durch den Sternenhaufen dargestellt wird. Es gibt Tausende von Sonnen und vermutlich auch eine Menge von Planeten, wenn auch diese Himmelskörper alle schon sehr alt sind. Ashkar kann sich an jedem beliebigen Ort aufhalten, seine seltsamen Fähigkeiten sind groß und uns erst zu einem Teil bekannt. Natürlich denke ich vorerst nicht daran, aufzugeben, wir werden alles versuchen, was in unserer Macht steht.«

»Vertraust du wieder einmal auf die merkwürdige Tatsache, dass das Abenteuer uns sucht, wenn wir es nicht selbst finden können?«, erkundigte sich das Mädchen seufzend. »In dieser fremden Umgebung, 45 000 Lichtjahre von der Erde entfernt, könnte es auch einmal anders sein. Hoffen wir, vor allem im Interesse von Dorit, dass es doch irgendwie klappt. Sie ist innerlich sehr mitgenommen, wenn sie es auch geschickt zu verbergen sucht.«

»Ich handle fast ausschließlich in ihrem und Alexandros’ Interesse«, sagte Taff wahrheitsgemäß. »Wäre es nicht um diese beiden gegangen, hätten wir den verrückten Flug zum Magnetstern gar nicht erst begonnen, der uns hierher gebracht hat. Übrigens, das fällt mir eben ein, besitzen wir doch ein Hilfsmittel, das uns Ashkars Nähe anzeigen kann: Alexandros’ Kristall! Sobald er wieder aufzuleuchten beginnt, werden wir wissen, dass der Unsterbliche wieder unseren Weg kreuzt.«

Er warf einen kurzen Blick zu dem blauen Gebilde, das nebenan in einer Nische des Kommandopults lag und sich augenblicklich passiv verhielt. Dann sah er auf die Digitalanzeige der Uhr und stellte fest, dass die Zeit des Hyperraumflugs schon fast abgelaufen war. Das neuartige starke Triebwerk ermöglichte es, die Distanz von 28 Lichtjahren in wenig mehr als einer Stunde und achtunddreißig Minuten zu überwinden. Jetzt fehlte nur noch knapp eine Minute an dieser Zeit.

Taff aktivierte die Bordsprechanlage und sagte in die Sprechrillen vor sich: »Der Rücksturz in den Normalraum steht kurz bevor. Falls unsere verehrten Gäste Wert darauf legen, dieses Ereignis hier in der Zentrale zu erleben, sollten sie sich innerhalb der nächsten Minute hier einfinden.«

Das galt Min Jian-Ksu und den beiden Nimboiden, die sich zuvor in ihre Kabinen zurückgezogen hatten. Alle drei erschienen schon nach einer halben Minute, ihre Mienen waren ernst und erwartungsvoll. Auch die Crew war innerlich angespannt. Nur die notwendigsten Worte wurden gewechselt, alle Augen hingen an den Bildschirmen, die noch das konturlose Schwarzgrau zeigten, das optisch wahrnehmbare Charakteristikum der höheren Dimension.

Das Ticken des Autopiloten wurde lauter, und dann begann seine Vocoderstimme, die letzten Sekunden abzuzählen. Caines Finger lagen bereits auf den Bedienungselementen des Normaltriebwerks, um gegebenenfalls sofort Schaltungen vornehmen zu können.

Der Autopilot verstummte, das Geräusch des Triebwerks verklang. Im nächsten Moment wechselte das Bild auf allen Schirmen. Das vertraute samtene Schwarz des normalen Weltraums erschien und darin eingesprengt das kalte Funkeln verschiedenfarbiger Sterne.

Taff atmete auf, zuckte jedoch im nächsten Augenblick zusammen, seine Augen weiteten sich erstaunt. Dann klang rau seine Stimme auf: »Wo sind wir hier, Orvid? Ich sehe auf den Schirmen alles Mögliche, nur nicht das Sternennest, das wir erreichen wollten!«

Der Astrogator sagte ruhig, ohne von seinen Instrumenten aufzusehen: »Keine Ahnung, Taff, aber ich werde versuchen, es schnellstens herauszufinden. Damit muss ich allerdings warten, bis unser Inaudi hier aufgetaucht ist, sein Rücksturz würde sonst alle Messergebnisse verfälschen.«

»Was, meinen Sie, ist geschehen?«, forschte Min Jian-Ksu unruhig. Caine zuckte mit den Schultern.

»Ich tippe auf eine Gefügeverzerrung durch eines der Schwarzen Löcher, Min. Derartiges haben wir auch früher schon erlebt, aber noch nicht in diesem Ausmaß. Bisher steht nur fest, dass wir unser Ziel verfehlt haben – ah, da kommt eben Giacomo Inaudi an! Ich bitte um etwas Geduld, bald werden wir mehr wissen.«

Orvid Bashkiri ließ die Antennen auf der Außenhülle kreisen, das Bild auf der Zentralen Sichtplatte und den Sekundärschirmen veränderte sich. Langsam zogen die fremden Konstellationen des Kugelsternhaufens vorbei, wanderten wieder aus und machten neuen Platz. Erst nach einer Schwenkung von fast 180 Grad kam das Sternennest wieder ins Bild.

Es lag weit hinter den beiden Schiffen!

»Wir sind um fast 17,8 Lichtjahre über unser Ziel hinausgeschossen, Taff«, stellte Orvid nach einer Weile emsiger Berechnungen fest. »Den Grund dafür kann ich allerdings nicht ermitteln, in unserer näheren Umgebung sind keine Anomalien feststellbar.«

Caine kniff überlegend die Brauen zusammen. Er war erleichtert, weil nichts Schlimmeres geschehen war, aber weit davon entfernt, sich wohl zu fühlen.

»Wir setzen den Space-Computer ein«, entschied er dann. »Orvid, übermittle alle Daten in unseren Rechner – Luca, du überspielst sie an den Mini-Inaudin. Er soll sie mit seinen eigenen Messwerten koordinieren und dann eine Lageanalyse erstellen.«

»Wird gemacht, Taff«, sagten beide Gefährten synchron.

Während die PROKYON X antriebslos weiterflog, arbeiteten beide Männer konzentriert und exakt. Schon nach kurzer Zeit flossen die vielfältigen Impulse auf dem Funkweg zu dem Rechengehirn im anderen Schiff hinüber. Es folgte eine kurze Pause, dann sendete Giacomo Inaudi zurück und fütterte den Bordcomputer der PROKYON mit den Daten seiner Auswertung. Anschließend meldete sich der Space-Computer wieder über den Korrespondenzschirm.

-- giacomo inaudi an raumschiff prokyon: alle vorhandenen daten koordiniert und ausgewertet – eine schlüssige erklärung für die ereignisse konnte nicht gefunden werden – beeinflussung durch ein oder mehrere black holes könnte erfolgt sein, lässt sich jedoch nicht beweisen, da erfahrungswerte fehlen und messungen im hyperraum mit den vorhandenen mitteln nicht möglich sind – ende –

Taff verzog das Gesicht und wandte sich an Min Jian-Ksu und den Regierungschef von Nimboid.

»Ziemlich dürftig, wie Sie sehen, meine Herren. Die treffliche PROKYON-Crew wird also wieder einmal ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen müssen.«

»Keine leichtsinnigen Unternehmungen, Taff!«, warnte Min sofort. »Ein zweites Mal könnte es weniger harmlos ausgehen, wir könnten geradewegs im Rachen des Tigers landen. Sie verstehen mich?«

»Natürlich, Meister der Vorsicht«, grinste Caine humorlos. »Was immer unsere Crew in Ihren Augen auch sein mag, ein Verein von Selbstmördern ist sie jedenfalls nicht. Wir werden deshalb eine Politik der kleinen Schritte verfolgen, die bekanntlich irgendwann auch ans Ziel führen. Orvid?«

»Ich höre, Taff«, meldete sich der Astrogator sofort.

»Wir müssen herauszufinden versuchen, ob unsere Geschwindigkeit im Hyperraum durch die vermuteten Einflüsse generell gesteigert wird, oder ob es gewisse Unterschiede gibt. Ich beabsichtige zu diesem Zweck, eine Strecke zurückzufliegen, so dass wir Erfahrungen sammeln können. Ermittle bitte einen Kurs, der uns beim Rücksturz nicht in die Nähe einer Sonne bringt, ganz gleich, welche Entfernung wir zurückgelegt haben.«

»Selbstverständlich, hoher Kommandant. Eine Kleinigkeit in einem Sternhaufen, in dem die Gestirne viermal so dicht stehen wie in den normalen Bezirken der Galaxis! Weitere Wünsche hast du nicht?«

»Eine ganze Menge sogar«, knurrte Taff, »aber ich bin sicher, dass deren Erfüllung vorerst nicht erfolgen wird. Wie steht es bei dir, Dorit? Irgendwelche Funksignale zu hören, oder wenigstens das Knurren von Mins Sternentigern?«

»Absolut nichts, Taff! Vermutlich sind die Tiger satt und halten ein kleines Schläfchen.«

Toburu lachte amüsiert auf und beobachtete Orvid Bashkiri, der mit Assistenz von Luca den gewünschten kollisionsfreien Kurs zu ermitteln suchte. Doch selbst der Bordcomputer brauchte einige Zeit, bis zwischen den Einzelsonnen, die zwischen der PROKYON und dem Sternennest standen, ein brauchbarer Korridor gefunden war. Inzwischen hatte Mitani wieder einmal für eine Kanne voll Kaffee gesorgt, dessen Aroma selbst Min Jian-Ksu ein anerkennendes Nicken abnötigte.

Dann lagen die Daten vor und wurden vom Rechner zum Pilotenpult überspielt. Caine trank seinen Kaffee aus – diesmal ohne Alkohol – und aktivierte dann die Normaltriebwerke. Die PROKYON X beschleunigte und raste auf den errechneten Punkt zu, an dem der Übergang in den Hyperraum erfolgen sollte. Der Space-Computer blieb zurück mit dem Auftrag, ständig Messungen durchzuführen. Vielleicht konnte er Abweichungen vom normalen Flug registrieren, die den Instrumenten der PROKYON verborgen blieben, da sie als beschleunigtes Objekt ständigen Veränderungen der Gegebenheiten unterlag.

»Acht Lichtjahre diesmal«, murmelte Taff, während er den Autopiloten einregulierte und die Bereitschaftstaste drückte. »Rund eine halbe Stunde normaler Hyperflug also – ich bin ehrlich gespannt, was diesmal dabei herauskommen wird!«

*

Der Feldsauger hatte sein Ziel nun fast erreicht.

Alles in ihm drängte danach, sich der Wachboje so schnell wie möglich zu nähern, um endlich neue Energie erlangen zu können. Diesem Verlangen stand aber die Tatsache im Wege, dass er seine Bewegung nicht nach Belieben steigern konnte, ohne in existenzbedrohende Schwierigkeiten zu geraten.

Die Masse seines Handlungskopfes betrug etwa fünf Tonnen. Bei vollen Energiespeichern war es für seine Felddüsen kein Problem, sie rasch voranzubewegen. Eben diese Speicher waren jetzt aber fast leer! Er zehrte von den letzten Reserven in dem zu einem winzigen, sackförmigen Gebilde zusammengeschrumpften Energietransformator.

Damit stand der Kosmische Instrukteur vor einem echten Dilemma: Bewegte er sich zu schnell voran, mussten ihm später die Mittel fehlen, seine Beschleunigung rechtzeitig wieder aufheben zu können. Dann würde er hilflos an der Boje vorbeischießen und nie mehr Gelegenheit bekommen, neue Energie aufzunehmen. Er würde weiter durchs All treiben, bis die Reserven verbraucht waren und die Aktivität seines Handlungskopfes erlosch.

Dann musste er »sterben«, ohne noch eine Chance zu haben, eine weitere Reproduktion zu schaffen, die an seine Stelle treten konnte!

Der Feldsauger war immer noch imstande, einfache Berechnungen anzustellen. Als deren Ergebnis verzichtete er darauf, seinen Körper weiter zu beschleunigen und trieb im freien Fall mit nur einem Viertel der Lichtgeschwindigkeit dahin.

Seine Sensoren registrierten den Einfall einer schwächeren energetischen Störung. Ein fremder Körper befand sich irgendwo in seiner mittelbaren Nähe, und das riss ihn für kurze Zeit aus seiner Stagnation. Eine vage Erinnerung zuckte durch sein Bewusstsein – die Erinnerung an eine Zeit, in der er solchen oder ähnlichen Körpern öfters begegnet war.

Damals war es seine Aufgabe gewesen ... welche Aufgabe ...?

Er wusste es nicht mehr.

Um es zu erfahren, hätte er seine Wissensspeicher nach den Dingen durchforschen müssen, die tief darin verschüttet lagen. Eine instinktive Regung wollte ihn dazu bewegen, aber sein Selbsterhaltungstrieb hielt ihn davon ab. Auch dabei hätte er Energie verloren, und erneut verschob er die Lösung aller Fragen auf später.

*

Der Flug durch den Hyperraum näherte sich seinem Ende. Der Antrieb, von Lars Gunnarsson so sorgfältig und fast liebevoll gewartet, als wäre er sein leibliches Kind, arbeitete leise und störungsfrei. Ihm war jedenfalls keine Beeinflussung durch die Anomalien in diesem Sternenhaufen anzumerken.

Luca machte eine entsprechende Bemerkung, aber Taff sagte mit nachdenklicher Miene: »Zumindest keine, die sich rechnerisch oder durch unsere Sinne beweisen lässt, Elektronendompteur. Und doch muss da etwas sein, das sich, vielleicht durch eine Kontraktion der Zeit oder etwas Ähnliches, auf uns auswirkt. Auf die ganze PROKYON, meine ich, nicht nur speziell auf den Antrieb, obgleich dieser scheinbar dabei die Hauptrolle spielt.«

»Im Endeffekt macht das aber keinen merkbaren Unterschied aus«, warf Min Jian-Ksu ein und strich nervös über seinen kahlen Schädel. »Ich bin dafür, es bei diesem einen Experiment bewenden zu lassen, Taff. Wenn die Zeichen auf Sturm stehen, tut der Vogel gut daran, die schwankenden Äste zu verlassen und sich in sein Nest oder auf sicheren Boden zu begeben.«

»Ich verstehe, entfernter Urneffe des Kung-fu-tse«, knurrte Caine. »Im Prinzip hätte ich auch nichts dagegen, aber leider sind sowohl unser Nest wie auch der vergleichsweise sichere Boden Terras rund 45 000 Lichtjahre von uns entfernt. Unser stählerner Vogel wird also wohl oder übel den hiesigen Stürmen trotzen müssen.«

Er erstickte weitere Einwürfe durch eine entschiedene Handbewegung, denn die letzte halbe Minute lief bereits. Der Autopilot begann zu zählen, dann sprang sein Hauptschaltknopf klickend aus der rot markierten Fassung. Das Summen des Hyperantriebs erstarb, und alle starrten erwartungsvoll auf die Sichtschirme und die Zentrale Bildplatte.

Was würden sie diesmal zu sehen bekommen?

Falls es gegenüber dem ersten Hyperraumflug keine größeren Abweichungen gab, musste das Schiff mehr als ein Lichtjahr vor dem Sternennest wieder in den Normalraum zurückfallen. Das war ein genügend großer Sicherheitsabstand, zumindest nach der Meinung des Commanders und des Astrogators. Doch wieder einmal kam alles ganz anders als erwartet.

Obwohl der Antrieb nicht mehr lief, veränderte sich der Anblick auf den Schirmen nicht! Das konturlose Wallen darauf blieb vorerst unverändert, und Toburu-Chan stieß hörbar den Atem aus.

»Was soll das bedeuten, Taff?«, fragte er irritiert. »Warum fallen wir nicht in den Normalraum zurück?«

»Wenn ich das wüsste!«, gab Caine zurück. Seine Finger hasteten über die Schalter und Sensoren am Pilotenpult, er war bestrebt, durch entsprechende Manipulationen eine Normalisierung herbeizuführen. Schließlich bestand die Möglichkeit, dass der Autopilot irgendwie versagt hatte …

Unsinn!, durchfuhr es ihn gleich darauf. Die Anlage kann gar nicht versagt haben, denn der Antrieb läuft nicht mehr! Hier ist etwas im Gange …

»Alarm, Taff!«, schrie Orvid Bashkiri in diesem Moment auf, und alle fuhren zusammen. »Meine sämtlichen Instrumente spielen verrückt, ich bekomme vollkommen unsinnige und verzerrte Werte herein. Nur der Fahrtschreiber funktioniert noch normal, soweit ich das beurteilen kann. Er zeigt an, dass wir uns nach wie vor mit Höchstgeschwindigkeit im Hyperraum bewegen!«

»Das ist doch unmöglich«, entfuhr es Luca, aber seine Stimme ging in einer wahren Kakophonie unter. Obwohl die Funkanlagen nicht eingeschaltet waren, brandete aus allen Lautsprechern ein ohrenbetäubendes und nervenzerfetzendes Tosen und Krachen, das die Trommelfelle der Menschen zu sprengen drohte. Sie hielten sich instinktiv die Ohren zu, aber das half nur wenig.

Dafür erschreckte sie Sekunden später ein neues Phänomen.

Die grellen Blitze elektrischer Entladungen zuckten aus allen möglichen Anlagen, ob sie nun aktiviert waren oder nicht. Blaue Flämmchen tanzten über das Pilotenpult dahin, Caine sprang rasch auf und entfernte sich davon. Die Luft roch nach Ozon, und immer weiter krachte und dröhnte es aus den Membranen.

Das alles war hervorragend geeignet, Menschen in Panik zu versetzen. Min Jian-Ksu hatte sich in seinem Sessel zusammengekrümmt, verbarg den Kopf in den Armen und rief vermutlich die Geister seiner Ahnen an. Dorit und Mitani hielten sich schutzsuchend umklammert und sahen ihre Gefährten aus schreckgeweiteten Augen an.

Toburu-Chan hielt sich noch am besten. Er, der von Nimboid her an Beben und Vulkanausbrüche gewöhnt war, war in Bezug auf Katastrophen relativ abgehärtet.

Ihm machte es auch nicht viel aus, dass im Schiff momentan die doppelte Schwerkraft zu herrschen schien. Er kämpfte sich zu Caine vor und schrie ihm ins Ohr: »Durchhalten, Taff! Das alles sind, zumindest meiner Ansicht nach, nur sekundäre Erscheinungen, die nicht wirklich lebensbedrohend sind. Solange das Schiff heil bleibt und seine Einrichtungen funktionieren, kann uns nicht viel geschehen. Wir werden es überstehen, dessen bin ich gewiss.«

Der Commander grinste verzerrt.

»Hoffen wir es, Herr des Vulkanplaneten«, schrie er zurück. Er musste sich an der Umfassung der Zentralen Bildplatte festhalten, denn nun wurde die PROKYON von Erschütterungen durchlaufen, die den Beben auf Nimboid kaum nachstanden. Von irgendwo her kam das helle Knacken nachgebender Verstrebungen, einige Bildschirme implodierten und streuten ihre Trümmer durch den Raum. Toburus Optimismus schien mehr und mehr an Berechtigung zu verlieren.

Dann endeten die betäubenden Geräusche aus den Lautsprechern abrupt. Fast gleichzeitig versiegten die elektrischen Entladungen, der lastende Druck der Schwerkraft nahm ab. Dafür traten nun andere, zwar nur optisch wahrnehmbare, aber nicht weniger erschreckende Erscheinungen auf.

Über die noch heilen Bildschirme zuckten bizarre Lichtmuster und lösten das dunkle Wabern aus dem Hyperraum ab. Ihre Intensität nahm stetig zu, obwohl sich die Dunkelfilter automatisch vorschalteten. Schließlich waren sie so grell, dass sie die Beleuchtung der Zentrale überstrahlten. Die Menschen pressten die Hände vor die Augen, aber das half nur wenig.

Dann hörten die Erschütterungen auf, die normale Schwere stellte sich wieder ein. Vorsichtig nahm Taff Caine die Hände von seinen Augen und registrierte dankbar, dass auch das irrlichternde Zucken auf den Bildschirmen auf ein erträgliches Maß zurückgegangen war. Augenblicklich wurde er wieder aktiv.

»Wir haben das Schlimmste überstanden, wie es scheint!«, sagte er. »Jetzt müssen wir versuchen, irgendwie das beste aus unserer Lage zu machen, Leute. Was sagen deine Instrumente, Bord-Galilei?«

Orvid Bashkiri tauchte aus seiner vollen Deckung unterhalb der Ortungs- und Messkonsole auf und lächelte verzerrt. Wortlos nahm er wieder Platz und überflog hastig alle Anzeigen darauf.

»Die meisten vollführen immer noch nervöse Zuckungen, nicht viel anders als wir«, erklärte er. »Der Fahrtschreiber scheint jedoch allmählich zur Ruhe zu kommen. Im Augenblick zeigt er nur noch die doppelte Lichtgeschwindigkeit an, und die Tendenz ist weiterhin rückläufig.«

»Trotzdem müssen wir weit über die vorgesehene Entfernung hinausgeschossen sein«, stellte Rhegos Kytall lakonisch fest. »Wir müssen also, trotz des hervorragend berechneten Kurses, vorsichtshalber damit rechnen, mitten in dem Sternennest herauszukommen, sobald wir die Lichtgeschwindigkeit unterschreiten.«

»Ich werde dann augenblicklich den Schutzschirm aktivieren«, versprach Taff Caine.

Alle hatten ihre Posten wieder eingenommen, Min Jian-Ksu schien seinen Schock gleichfalls überwunden zu haben.

»Dass Raumfahrer gefährlich leben, wusste ich schon immer«, sagte er in die entstandene Stille hinein. »Dass die PROKYON in dieser Hinsicht eine weit bevorzugte Stellung einnimmt, wurde mir zwar immer wieder berichtet, aber ich hielt das meiste davon für blanke Übertreibungen. Jetzt weiß ich aus eigener Erfahrung, dass das Untertreibungen waren, Freunde.«

»Jubelt laut, Mitglieder unserer Crew!«, kommentierte Mitani, und ein erstes Lächeln erschien auf ihrem dunklen Gesicht. »Der Große Weise Elefant hat sich dazu herabgelassen, uns so etwas wie eine Anerkennung auszusprechen! Zwar nur indirekt, aber wir sollten es zu schätzen wissen.«

»Zumal es so bald wohl nicht wieder vorkommen wird«, ergänzte der zur Zeit arbeitslose Luca. »Wohlan denn, preisen wir seine Güte und ...«

»Achtung!«, rief Orvid dazwischen. »Unsere Fahrt ist bereits bis auf einfache Lichtgeschwindigkeit abgesunken, die Instrumente kommen langsam zur Ruhe. Der Übergang in den Normalraum steht offenbar kurz bevor.«

Taff beobachtete die Duplikatanzeigen am Pilotenpult und kam zum gleichen Schluss. »Alle anschnallen«, ordnete er an. »Wo wir herauskommen werden, ist fraglich, wir müssen auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.«

Die nur selten benutzten Gurte schnellten auf einen Knopfdruck aus den Armlehnen und legten sich um die Körper der Raumfahrer. Kaum war das geschehen, sank die Nadel des Fahrtschreibers unter die »magische Grenze«. Für den Zeitraum einer Sekunde schüttelte sich die PROKYON leicht, eine Erscheinung, die sonst beim Rücksturz nicht aufzutreten pflegte.

Taffs Gestalt versteifte sich unwillkürlich. Noch lagen die Scherben der zerstörten Bildschirme auf dem Boden herum – sollte es nun zu neuen Zwischenfällen kommen, vielleicht sogar zur Vernichtung des Schiffes?

Doch nichts dergleichen geschah. Das Schütteln verging, aber dafür machte der Astrogator eine neue, befremdliche Feststellung.

»Unsere Fahrt ist schlagartig bis auf Null zurückgegangen!«, meldete er erregt. »Vom physikalischen Standpunkt her ein Ding der Unmöglichkeit, aber es muss so sein, die Instrumente beweisen es.«

»Wir sollten uns nicht zu sehr auf sie allein verlassen«, sagte der Commander, »schließlich haben sie eben noch verrückt gespielt und verfallen nun vielleicht ins andere Extrem. Was sagen deine Ortungen?«

Er starrte besorgt auf die Bildschirme, die nach wie vor dunkel geblieben waren. Seine lange Erfahrung sagte ihm jedoch, dass dies nicht mehr die wallende Dunkelheit des Hyperraums war. Ein seltsam stumpf wirkendes Schwarz breitete sich auf ihnen aus, als befände sich die PROKYON innerhalb einer dichten Wolke aus Gasen oder staubförmiger Materie. Sollten sie in eine Dunkelwolke geraten sein?

»Nein, das kann es auch nicht sein«, murmelte Taff. »Gas oder Staub würden bei der Berührung mit dem Schutzschirm zu leuchten beginnen, wofür es keine Anzeichen gibt. Was ist es dann aber ...?«

Orvid arbeitete fieberhaft an den Ortungen, seine Finger flogen über die Schalter, Tasten und Sensorkontakte. Wie Caine wartete auch er auf das Erscheinen von Sternen oder wenigstens der matten Lichtflecke leuchtender Gasnebel, aber nichts von all dem war zu sehen. Die Instrumente arbeiteten aber anscheinend einwandfrei.

»Kann es sein, dass wir aus dem Sternhaufen geschleudert wurden und uns nun im Leerraum außerhalb der Milchstraße befinden?« fragte Toburu-Chan gedämpft. Taff schüttelte den Kopf und erwiderte entschieden:

»Ganz ausgeschlossen! In diesem Fall müssten wir die Spiralen oder Linsen benachbarter Galaxien sehen können; unsere Optiken sind vorzüglich und würden auch weit entfernte Objekte erfassen. Orvid, wie ist es – noch immer nichts Definitives?«

Der kleine Astrogator hob die Schultern, ohne aufzusehen.

»Leider nein, Kommandant. Ich habe fast den Eindruck, als würden alle Ortungsimpulse fast augenblicklich zurückgespiegelt, bin aber nicht ganz sicher. Wir müssen den Computer zur Auswertung heranziehen.«

»Ich bin bereit«, sagte Luca vom Terminal des Rechners her. »Wirf mir deine Daten rüber, erfolgloser Sternenjäger. Der Comp wird sie schon knacken.«

Die Verbundschaltung wurde hergestellt, der Bordrechner nahm seine Arbeit auf. Schon nach kurzer Zeit lag seine Auswertung vor, die Folie ringelte sich aus dem Ausgabeschlitz. Caine hatte seine Gurte gelöst und sich zu Luca begeben. Gemeinsam lasen die beiden Männer die Angaben auf der Folie ab, und dann erstarrten ihre Gesichter.

Taff drehte sich langsam um. Mit spröder, fast tonloser Stimme stellte er fest: »Wir sitzen in einer perfekten Falle, Freunde!«

Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie

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