Читать книгу Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie - Harvey Patton - Страница 54
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ОглавлениеDer Antrieb des linsenförmigen Beiboots summte leise und ruhig wie immer. Luca Ladora schaltete, und die Spear gehorchte willig. Was auch die Fahrt der PROKYON X übergangslos von der Lichtgeschwindigkeit bis zum Stillstand reduziert haben mochte, auf das kleine Fahrzeug wirkte es sich jedenfalls nicht aus.
»Wenigstens ein Trost«, brummte der Kybernetiker und aktivierte die Optiken und Ortungssysteme. Sie zeigten jedoch nur den Körper des Kreuzers, der allmählich hinter dem Boot zurückblieb. Die Wandung der energetischen Falle dagegen war optisch überhaupt nicht zu erfassen. Auch auf dem Radarschirm zeichnete sie sich lediglich als ein verschwommenes Etwas ab.
»Das ist im Grunde bedeutungslos«, tröstete der Ingenieur seinen Gefährten auf eine entsprechende Bemerkung hin. »In welche Richtung wir auch fliegen mögen, wir werden sie auf jeden Fall erreichen. 175 000 Kilometer haben wir zurückzulegen, richte dich danach.«
Luca nickte lässig. »Auch ich weiß, was ein Halbmesser ist, Maschinenbändiger. Ob wir es riskieren können, Funkverbindung zum Schiff aufzunehmen? Min wird schließlich auch irgendwann erwachen und uns vermissen.«
»Dorit wird es schon machen«, sagte Lars Gunnarsson überzeugt. Ladora zuckte mit den Schultern, schaltete das Funkgerät ein und sprach leise in das Mikrophon.
»Wir sind unterwegs, Dorit-Mädchen! Bis jetzt keine Störungen, der Antrieb arbeitet einwandfrei. Wie sieht es bei euch aus – träumt das alte Ekel noch immer?«
»Leider nicht«, kam es gedämpft zurück. Die Funkerin benutzte wieder das Kehlkopfmikrophon, die schweren Kopfhörer verhinderten, dass etwas von dieser Unterhaltung in die Schiffszentrale drang. »Bisher hat er aber noch nichts gemerkt, ihr müsst euch bei Orvid dafür bedanken. Eben kommt Taff zurück, er benimmt sich so unauffällig, dass es schon wieder auffällig ist.«
»Woraus Min prompt schließen wird, dass eben doch alles in Ordnung ist«, meinte Luca überzeugt. »Schluss für jetzt, ich melde mich wieder, wenn wir die Wand der Falle erreicht haben.«
Er versprach mehr, als er zu halten imstande war, aber das konnte er zu dieser Zeit noch nicht ahnen.
Die Spear schoss nun mit voller Geschwindigkeit dahin, denn bis zur Grenze des Gefängnisses war fast die halbe Entfernung wie zum irdischen Mond zurückzulegen. Die beiden Männer schwiegen, es gab nichts von Belang, über das sie hätten diskutieren können. Ihre Augen hingen an den Bildschirmen oder Aussichtsluken des kleinen Fahrzeugs, aber es gab absolut nichts zu sehen als das umfassende Dunkel, das im Innern der Falle herrschte. Nur das Radar verriet, dass sie ihrer Begrenzung immer näher kamen.
Dann war auch die PROKYON X zu einem matten, kaum noch sichtbaren Reflex auf den rückwärtigen Schirmen zusammengeschrumpft. All das irritierte die beiden Raumfahrer und verlieh ihrem Unternehmen einen Anschein von Unwirklichkeit. Bei jedem anderen Flug durch den Raum, wo auch immer, waren die Sterne ihre ständigen Begleiter. Sie waren etwas Vertrautes, ungeachtet der vielen Gefahren, die zwischen ihnen lauerten.
Hier gab es dieses vertraute Medium des offenen Weltraums jedoch nicht. Es war nichts vorhanden als Dunkel und Unsicherheit, keine Spur von etwas auch nur entfernt Bekanntem!
Luca räkelte sich unbehaglich und versuchte abzuschätzen, wie weit die Wand aus sogenannter plastischer Energie noch entfernt sein mochte. Er schaffte es jedoch nicht und musste sich auf die Angaben des Fahrtschreibers verlassen, der ihm die bereits zurückgelegte Entfernung signalisierte. Als sie nach dessen Angaben noch zehntausend Kilometer von der Wandung entfernt waren, schaltete er den Antrieb auf Gegenschub und bremste die Geschwindigkeit der Spear ab.
Lars nickte ihm zu und hantierte an den Messgeräten des Bootes. Sie waren zwar nicht so aufwendig wie die an Bord des Kreuzers, aber genauso zuverlässig.
»Richte es so ein, dass unsere Fahrt ungefähr hundert Kilometer vor der Wandung aufgehoben wird«, riet er seinem Gefährten. »Ich will zunächst versuchen, die Struktur dieses Gebildes mit Hilfe der Geräte zu analysieren. Anschließend werde ich verschiedene Arten von Strahlung aussenden: Licht, Funkwellen, Gammastrahlen und so weiter, das ganze elektromagnetische Spektrum hindurch. Die Reaktion darauf wird von den Instrumenten gespeichert und kann später vom Bordcomputer ausgewertet werden. Vielleicht finden wir dadurch eine Möglichkeit heraus, aus diesem Gefängnis auszubrechen, ohne großes Risiko und ohne den Einsatz von Hyperdead.«
Der Erste Offizier schüttelte den Kopf. »Ich vermag deinen Optimismus in keiner Weise zu teilen, Freund! Wenn Taff schon sagt, dass wir in einer perfekten Falle sitzen, dann ist es auch so, mein Wort darauf. Sein Instinkt ist unschlagbar.«
»Sein sechster Sinn«, korrigierte Gunnarsson lakonisch. »Einen Instinkt besitzt jede Amöbe, er dagegen hat ein vorzüglich arbeitendes Gehirn, mit einigen zusätzlichen Attributen, wie es scheint. Das alles hat ans oft genug geholfen, letztendlich auch aussichtslos erscheinende Situationen zu meistern.«
Ladora gab keine Antwort, sondern konzentrierte sich voll auf die Steuerung der Spear. Die Nähe der energetischen Wand schien die Instrumente zunehmend zu beeinflussen. Ihre Anzeigen schnellten einige Male unmotiviert hoch und fielen dann plötzlich wieder zurück. Nur der Fahrtschreiber allein arbeitete zuverlässig.
Allmählich wurde es auf den Bildschirmen und vor den Sichtluken heller. Die Wandung der Blase sandte einen schwachen, diffusen Lichtschimmer aus, der allerdings nur auf kurze Distanz erkennbar war. Er fiel jedoch nicht gleichmäßig ein, sondern zeigte Abstufungen und unregelmäßige Strukturen. Lars runzelte die Stirn.
»Es sieht fast so aus, als gäbe es Unregelmäßigkeiten in dieser Wand. Vorsprünge oder Vertiefungen. Das lässt darauf schließen, dass sie eine respektable Dicke besitzen muss, aber nicht an allen Stellen gleich kompakt ist.«
Luca grinste flüchtig, ohne aufzusehen.
»Im Auffinden schwacher Stellen beim Gegner haben wir schon oft Erstaunliches geleistet, Alter. Hoffen wir, dass es auch hier so kommt, sonst zieht uns der ehrenwerte Min Jian-Ksu wegen unserer neuen Eigenmächtigkeit diesmal das Fell über die Ohren! Nur dem Erfolgreichen vergibt man seine Fehler, während der Erfolglose auf jeden Fall dafür büßen muss.«
Kurz darauf war die vorgesehene Distanz erreicht. Das Fahrzeug kam zum Stillstand, der Ingenieur betätigte einige Sensoren und eine Anzahl von Antennen schob sich aus der Außenhülle der Spear. Leise summend liefen einige Geräte an, in kurzen Abständen zuckten Strahlenbündel auf die Wand der Falle zu. Sie wurden teilweise reflektiert und gelangten zu den Instrumenten zurück, wo ihre einfallende Intensität gemessen und in Speicherkristallen festgehalten wurde. Schließlich nickte Lars dem Kybernetiker zu.
»Das wäre schon fast alles, Luca. Jetzt fehlt nur noch der Lichttest, aber dazu müssen wir näher an die Wandung heran. Der Schein der Außenbordstrahler reicht bestenfalls zwei Kilometer weit.«
»Das behagt mir gar nicht«, bekannte Ladora in seltener Offenheit. »Die Energiewand scheint gewisse Gravitationskräfte zu besitzen, wir sind ihr in der vergangenen Minute um fast fünf Kilometer näher gekommen, obwohl der Antrieb nicht läuft! Wenn wir Pech haben, kleben wir plötzlich daran fest und kommen nicht wieder frei.«
»Unwahrscheinlich«, beruhigte ihn der Freund. »Mit unserem Triebwerk schaffen wir theoretisch selbst den Start von einem Planeten mit doppelter Jupiter-Schwerkraft, und die weist dieses Gebilde auf gar keinen Fall auf. Andernfalls würden wir jetzt schon mit voller Wucht dagegen geprallt sein.«
Luca zuckte mit den Schultern und schaltete den Antrieb auf Minimalleistung. Langsam trieb die Spear der Wand entgegen, auf deren kaum merklicher Wölbung die Niveauunterschiede immer deutlicher erkennbar wurden. Spitze Vorsprünge ragten wie Stalaktiten daraus hervor, es gab runde Buckel und schluchtartige Klüfte ebenso wie ausgedehnte kleine und größere, zumeist runde Vertiefungen. Die beiden Männer hatten fast den Eindruck, sich über einer Mondlandschaft zu befinden, nicht über der Wandung dieser Raumschiffsfalle.
»Die Anziehung wird stärker«, erklärte der Kybernetiker mit zusammengekniffenen Brauen. »Obwohl ich den Antrieb wieder desaktiviert habe, fallen wir mit zunehmender Geschwindigkeit weiter auf diese ominöse Energiewand zu. Du wirst auf den letzten Test wohl oder übel verzichten müssen, Lars, das Risiko wird allmählich unkalkulierbar für mich.«
»Einverstanden«, sagte der Ingenieur. Luca atmete auf und griff nach den Triebwerksschaltern.
Im gleichen Moment machte die Spear einen förmlichen Satz nach vorn. Starker Andruck kam durch, die beiden Männer wurden tief in ihre Sitze gepresst. Ladora schrie unterdrückt auf, kämpfte mit aller Gewalt gegen den Druck an, aber umsonst. Seine Hand erreichte das Schaltpult nicht mehr – das kleine Fahrzeug wurde immer schneller und stürzte unkontrolliert auf die Wand der Blase zu!
»Verdammt!«, keuchte Luca, und Panik überkam ihn. »Wenn die Wandung auch nur einigermaßen stabil ist, wird die Spear beim Aufprall in kleinste Bestandteile zerlegt. Das kann keinesfalls die Auswirkung einer normalen Gravitation sein – hier zieht jemand mit einem starken Traktorstrahl das Boot heran!«
»Zweifellos«, bestätigte Lars mühsam. Auch er konnte sich nicht bewegen, der mörderische Andruck presste ihn tief in seinen Sessel. »Kannst du nicht wenigstens das Funkgerät einschalten? Wenn wir schon hier draufgehen, sollten die anderen wissen, wie und weshalb.«
»Aussichtslos«, stöhnte der Freund.
Mit rasch zunehmender Geschwindigkeit raste das Boot auf die Wand aus erstarrter Energie zu. Ihr Leuchten wurde nun immer stärker, durch die Sichtluken fiel milchig-gelbes Licht herein. Die scheinbar vollkommen sinnlosen Gliederungen, die Erhebungen, Buckel und Vertiefungen wurden auf den Bildschirmen deutlich sichtbar.
Plötzlich klaffte jedoch in einem der Buckel ein großes rundes Loch auf, und die Spear schoss genau darauf zu. Das geschah buchstäblich im letzten Moment, als die beiden Männer ihren Tod schon vor Augen sahen. Das Fahrzeug raste in diese Öffnung hinein, und fast augenblicklich ließ der Andruck nach. Den Rest kompensierten die Absorber mühelos.
Luca fuhr hoch, seine Hände schossen auf das Steuerpult zu. Er legte Hebel um, betätigte Tasten und Sensoren – umsonst! Der Antrieb lief nicht an, er wurde durch unbekannte Kräfte blockiert.
Der Kybernetiker schlug auf die Taste des Funkgeräts, aber sofort kam aus dem Lautsprecher ein ohrenbetäubendes Knattern, das jeden Versuch einer Verständigung mit der PROKYON illusorisch machte. Resigniert schaltete er wieder ab und sah den Bordingenieur seufzend an.
»Der Gegner hat uns fest am Wickel. Alter! Jetzt hat uns Mins Tiger verschluckt, wie es scheint.«
»So könnte man es tatsächlich nennen«, gab Gunnarsson zu und wies auf die Bildschirme. Was sie zeigten, mutete gespenstisch an.
Das Boot hatte seine Richtung inzwischen um etwa fünfundvierzig Grad geändert. Es raste, immer noch ziemlich schnell, innerhalb der Wandung der Falle dahin, umgeben von einem düster-roten Licht, dessen Intensität ständig wechselte. Schemenhaft zogen unidentifizierbare dunkle Gebilde vorbei, immer wieder erfolgten abrupte Richtungsänderungen nach dieser oder jener Seite hin.
»Diese Wand ist offenbar viel stärker, als wir angenommen haben«, stellte Lars fest. »In ihrem Innern scheint es ein regelrechtes Tunnelsystem zu geben – nein, dieser Ausdruck erscheint mir falsch. Man kann wohl eher von einem System von Leitbahnen reden, in dem wir vorangetrieben werden, wie ein Rohrbahnzug von Magnetfeldern.«
Luca nickte. »Vermutlich richtig. Traktorstrahlen können es nicht mehr sein, dafür wechseln wir zu oft die Richtung. Ich frage mich nur, welchen Sinn das Ganze haben soll. Weshalb hat unser unbekannter Gegner einfach heimtückisch zugeschlagen, ohne auch nur einen Versuch zur Verständigung zu unternehmen? Auf eine höfliche Frage hätten wir gerne eine ebenso höfliche Antwort gegeben.«
Der Ingenieur lächelte flüchtig.
»Vielleicht wusste man bereits, dass du an Bord bist, und war deshalb eher vom Gegenteil überzeugt! Es könnte allerdings auch sein, dass diese Falle in der Falle gar nicht von lebenden Wesen betätigt worden ist. Möglicherweise handelt es sich um eine automatische Einrichtung, die sich aktiviert, sobald sich ihr ein fremdes Objekt bis auf eine bestimmte Entfernung nähert.«
»Das ist nicht auszuschließen«, stimmte Ladora zu. »Allem Anschein nach ist diese Blase sehr alt, und vielleicht gibt es ... Moment, eben geschieht wieder etwas! Wir werden langsamer, und da vorn wird es hell.«
Tatsächlich verminderte sich die Geschwindigkeit des Fahrzeugs weiter. Zugleich tauchte vor ihm ein heller Fleck auf, der sich deutlich von dem roten Glühen ringsum abhob. Er wurde schnell größer, und nach wenigen Sekunden schoss das Boot in einen großen, von gelbem Licht erfüllten Raum.
Die beiden Männer kamen jedoch nicht mehr dazu, darin Einzelheiten zu erkennen. Die Faust eines unsichtbaren Riesen schien die Spear zu ergreifen, sie wurde abrupt und unbarmherzig abgestoppt. Dann fiel sie wie ein Stein zu Boden und überschlug sich mit dem letzten Rest von kinetischer Energie.
Die beiden Raumfahrer wurden aus ihren Sitzen geschleudert, ehe sie die Anschnallautomatiken betätigen konnten. Lars sah eine der Sichtluken auf sich zukommen und riss reaktionsschnell beide Arme schützend über den Kopf. Ein harter Anprall, ein jäher und scharfer Schmerz, dann schwand sein Bewusstsein, ebenso wie das eines Gefährten.
*
»Sie verbergen mir etwas, Taff!«, sagte Min Jian-Ksu mit ungewohnter Schärfe. »Ich habe dieses ungewisse Gefühl nun schon seit mehr als einer Stunde, als ich aus meiner Meditation erwachte.«
»Hat er Meditation gesagt, Dorit?«, fragte Mitani und kicherte geradezu unverschämt.
»Er hat tatsächlich Meditation gesagt«, bestätigte die Freundin nicht weniger fröhlich.
»Eine wirklich seltsame Art zu meditieren, möchte ich behaupten«, assistierte Orvid Bashkiri mit ironischem Grinsen. »Der große Guru hat dabei Geräusche von sich gegeben, die eine verdächtige Ähnlichkeit mit Schnarchtönen hatten. Oder sollten das Nebengeräusche seiner hehren Gedanken gewesen sein? Ich kenne mich schließlich in dieser Materie nicht aus.«
Toburu-Chan wandte sich rasch ab, um das Schmunzeln zu verbergen, das über sein graubraunes Gesicht lief. Nur Rhegos Kytall blieb ernst und schüttelte innerlich den Kopf ob dieser offenen Respektlosigkeit der Crew vor dem Verteidigungsminister Terras.
Auch Taff Caine blieb ernst, wenn auch aus anderen Gründen. Er begann bereits, sich um Lars und Luca zu sorgen, denn von der Spear war seit längerer Zeit kein Lebenszeichen mehr gekommen. Orvid konnte es auch nicht wagen, das Boot mittels der Ortungen zu suchen, denn das hätte zweifellos Hans Argwohn voll geweckt. Der Asiate machte zwar oft den Eindruck eines sanft träumenden Buddhas, aber seinen Augen entging nur wenig.
Er wusste noch nichts von der Exkursion der beiden Raumfahrer, doch er besaß ein feines Gespür für Unstimmigkeiten jeder Art. Offenbar empfand er das betont »normale« Verhalten der anderen als auffällig, obwohl es sich im Grunde nur in winzigen Nuancen von ihrem sonstigen Gebaren unterschied.
Haben wir vielleicht doch hier oder da etwas übertrieben?, fragte sich der Commander. Toburu hat jedenfalls noch nichts gemerkt, aber er ist eben doch nicht so gerissen wie dieser alte Fuchs. Ob es uns noch lange gelingen kann, Min zu täuschen, erscheint mir allmählich fraglich; versuchen müssen wir es aber immerhin.
Es gelang ihm mühelos, ein mildes Lächeln der Verständnislosigkeit auf seinem Gesicht erscheinen zu lassen. Er ignorierte die Anzüglichkeiten seiner Gefährten und fragte knapp: »Was wollen Sie damit sagen, Min?«
»Genau das, was Sie eben gehört haben«, knurrte der Minister und machte eine umfassende Handbewegung. »Ich kenne inzwischen Ihre Art, sich geräuschlos wie eine Schlange durch den Bambusdschungel zu winden, um dann unverhofft zuzuschnappen, nun schon recht gut. Schlafende Opfer sind bevorzugte Ziele dieser Methode, und ich habe vorhin ... äh, ziemlich intensiv meditiert. Was ist in dieser Zeit geschehen, Caine?«
Die Wülste seiner Brauen waren zusammengekniffen, seine Augen musterten den Oberst scharf. Taff lehnte sich lässig zurück, das Lächeln verschwand von seinem Gesicht.
»Derjenige, den Sie hier so schmeichelhaft als Schlange bezeichnen, hat sich keinesfalls gewunden«, entgegnete er kühl. »Ich habe mich die ganze Zeit hier in der Zentrale aufgehalten, die wohl nur schwerlich mit einem Dschungel zu vergleichen ist. Das heißt, von den zehn Minuten abgesehen, in denen ich zur Überprüfung des Hyperdead unterwegs war, was mit zu den Pflichten eines verantwortungsbewussten Kommandanten gehört.«
Sekunden später flog ein siegesgewisses Lächeln über das Gesicht des Asiaten. Er hob die rechte Hand, und sein Zeigefinger stach wie ein Degen durch die Luft dem Commander entgegen.
»Jetzt weiß ich es!«, verkündete er triumphierend. »Seit dieser Zeit sind Gunnarsson und Ladora verschwunden! Wo halten sich die beiden Männer jetzt auf, Taff?«
Caine zuckte mit keiner Wimper, sein Gesicht war beherrscht und zeigte einen betont neutralen Ausdruck. »In ihren Kabinen, nehme ich an«, sagte er ruhig und sachlich. »Ich habe mir erlaubt, ihnen freizugeben, solange sich hier nichts tut. Ist das ein Fehler, Min?«
»Ob Sie einen Fehler begangen haben oder nicht, wird sich bald herausstellen«, erwiderte Min Jian-Ksu mehrdeutig und mit listigem Lächeln. »Ich werde mir nämlich wiederum erlauben, mich persönlich von ihrem jetzigen Aufenthalt zu überzeugen, pflichtbewusster Kommandant!«
Es klang wie purer Hohn, und Taff wusste nun bereits, dass er sein Spiel verloren hatte. Er erhob sich unter den gespannten Blicken der anderen und versicherte: »Ich will Sie dabei gern begleiten, Meister des Zweifels.«
Min winkte jedoch energisch ab. »Eben das werden Sie bleiben lassen, Taff! Unsere Lage ist unklar und unsicher, in solcher Zeit ist Ihr Platz eindeutig hier, wo man zuerst sehen kann, wenn der Tiger seinen Rachen aufsperrt und uns die Zähne zeigt. Ich finde mich im Schiff auch allein zurecht.«
»Amen!«, sagte Mitani, nachdem das Schott hinter ihm zugefahren war. »Das wäre es dann wohl gewesen, großer und derzeit ziemlich ratloser Häuptling vom PROKYON-Stamm. Diesen Mann kann auf die Dauer wirklich niemand düpieren. Immerhin warst du aber doch recht nahe am Erfolg – nimm das als Trost, Taff.«
Caine lächelte gequält. »Irgendwann musste Min es ja doch merken, es ist nur eben erheblich früher geschehen, als es uns lieb sein kann. Dorit und Orvid: Versucht beide sofort, die Spear zu erreichen! Ich mache mir bereits Sorgen, weil die beiden sich nicht wieder gemeldet haben.«
Während der Funk und die Ortungen anliefen, kam Toburu-Chan auf den Commander zu.
»Jetzt habe ich begriffen, Taff«, sagte er ernst. »Während Min schlief und wir in unserer Kabine waren, sind Ihre Männer heimlich ausgeflogen, um die Umgebung zu erkunden. Ich mache Ihnen keinen Vorwurf daraus, ich hätte dieses sinnlose Stillhalten keine Stunde lang ertragen. Das werde ich auch Min gegenüber deutlich zum Ausdruck bringen, wenn er zornbebend zurückkommt.«
»Danke, Freund«, entgegnete Caine und wandte sich der Funkerin zu. »Hast du Verbindung, Dorit-Mädchen?«
»Sie melden sich nicht!«, sagte Dorit Grenelle leise.
Als dann auch Orvid Bashkiri melden musste, dass es nirgends mehr ein Ortungsecho des Bootes gab, versteinerte Taffs Gesicht.
Er trug die volle Verantwortung für das heimliche Unternehmen, dessen Ausgang jetzt mehr als ungewiss erschien, und die Sorge um das Schicksal der beiden Freunde bedrückte ihn zutiefst. Dagegen erschien ihm der mit Sicherheit bevorstehende Wutausbruch Hans als geradezu bedeutungslos.