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Bei der Hochzeit vom großem Bruder verliebte sich also mein Väterchen in meine Mutter. Diese erlag dem Liebeswerben von Tata und so kam es zur Verlobung, die mein Tata bereits nach kurzer Zeit wieder löste, aus Angst, seine Freiheit zu verlieren. Eine schlecht zu verkraftende Schande für meine Mutter und deren Familie. Nach einiger Zeit trieb die Liebe meinen Tata zurück zur schönen Beatrixe, wobei sie für alle feschen Männer, nach der Auflösung der ersten Verlobung, ein begehrtes Ziel von heiratswilligen jungen Männern wurde.

Es folgte die zweite Verlobung, die mein Vater nach einer gewissen Zeit, zum Entsetzen beider Familien, wieder löste.

Mein Großvater Tavo tobte, meine Großmutter Fini ging gesenkten Hauptes durch die Straßen und meine Mutter vergrub sich vor Gott und der Welt. Da griff mein italienischer Großvater zu drastischen Maßnahmen und beschloss, seine Tochter aus unserem Städtchen zu entfernen. Er schickte sie nach Bukarest, weit fort vom Zugriff meines Vaters, wo sie eine Ausbildung zur Schneiderin begann. Ihr Aufenthalt wurde zum Staatsgeheimnis erhoben, denn noch so eine Demütigung hielt speziell meine Großmutter Fini nicht aus. Diesem Schuft von Sohn des »Kaisers« musste Einhalt geboten werden. Erstens machte er die Familie zum Gespött der ganzen Stadt und zweitens musste man die Tochter vor diesem Schürzenjäger schützen. Durch Bestechung erfuhr mein Väterchen dann doch den Aufenthalt meiner Mutter und so erschien er eines Tages in Bukarest, wo meine Mutter in der Wohnung ihres Bruders Zuflucht gefunden hatte. Mein Tata läutete, der Bruder öffnete und empfing ihn mit einer kalten Schulter. Nach langen Verhandlungen, Bitten und Schwüren gab es dann die dritte Verlobung, und wie versprochen, folgte darauf die Hochzeit. In seinen Aufzeichnungen vermerkte Tata als Entschuldigung für sein Verhalten seinen Wankelmut.

Meine Mutter war eine liebenswerte Person, aber zu schwach und zu weich für mein Väterchen. In ihm steckte so viel Abenteuerblut und Egoismus, dass es ihm unmöglich wurde, auf alle Sirenenrufe, die ihn in seinem Leben erreichen sollten, zu verzichten.

Das erste Ehejahr verbrachten meine Eltern im Haus von Tatas größerem Bruder. Dort kam auch, nach einem Jahr, meine große Schwester zur Welt. Die Hausgeburt sollte alle Beteiligten an den Rand eines Nervenzusammenbruches bringen, denn durch den zu großen Kopf meiner Schwester kämpfte meine Mutter mit einer schweren Geburt. Ihre Schreie brachten mein Väterchen fast um den Verstand. Nach dieser Geburt fasste Tata den Entschluss, dass seine nächsten Kinder in einem Krankenhaus zur Welt zu kommen hätten. Das einzige siebenbürgische Krankenhaus weit und breit lag in der Hauptstadt Hermannstadt, in dem anschließend der ganze Nachwuchs unserer Familie das Licht der Welt erblicken sollte, denn ab dieser Zeit folgten alle Familienmitglieder dem Vorbild meines Vaters, ihre Kinder nicht mehr zu Hause zur Welt zu bringen. Und da mein Tata als Einziger ein Auto besaß, musste er zukünftig alle Frauen zu den Geburten ins und aus dem Krankenhaus bringen und holen. Die Gefahr, durch schlechte Straßen die Kinder im Auto auf die Welt zu bringen, umging Tata damit, dass er alle schwangeren Frauen, die innerhalb einer gewissen Zeit niederkommen sollten, ins Auto verfrachtete und sie als Sammelpaket im Krankenhaus abgab. Dies hatte zur Folge, dass auf dem Gang des Krankenhauses immer einige Schwangere aus der Familie herumwanderten, die auf die Niederkunft ihres Nachwuchses warteten.

Im Jahr 1936 schenkte mein Großvater meinem Tata das Schullerhaus am Marktplatz. Eines der ältesten Häuser der Stadt, das gleich neben der Gefängnistreppe, unterhalb der Kirchenburg liegt und laut Chronik 1588 vom damaligen Bürgermeister Hannes Schuller erbaut wurde. Laut Unterlagen hat auch der polnische König einmal dort übernachtet.

Das Anwesen gleicht einer Festung, in denen die Räumlichkeiten durch ein Kreuzgewölbe gestützt werden. Die gewölbte Toreinfahrt wird von zwei archaischen Löwen gekrönt und unterstreicht den repräsentativen Charakter der Toreinfahrt. Mit der Kutsche gelangt man in den Innenhof, der eine geschlossene Front bildet. Das rechte Obergeschoss besitzt einen offenen Laubengang mit reich profilierten Steinsäulen und einem getragenen Kreuzgewölbe. Dort wohnten früher unser Personal und meine Urgroßmutter. Eine kleine gebeugte Frau mit gütigen Augen und einem Stock.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes ging es hinunter in Tatas Weinkeller, in dem manch guter Tropfen durch die Kehlen floss. Die dazugehörigen Tagungsräume, oberhalb des Weinkellers, in denen auch Verträge und Abmachungen ihren Abschluss fanden, sollten im Zweiten Weltkrieg besonders den deutschen Offizieren zusagen.

Die Räumlichkeiten über den Stallungen bauten meine Eltern als Wohnung für uns aus, die man vom Innenhof kommend, über die linke steinerne Treppe erreichte. Beim Eintritt in die Wohnung lag rechter Hand die Küche, dahinter die Gemächer der Köchin, in denen auch ein ungarisches Mädchen schlief. Links des Vorraums fingen unsere Gemächer mit Esszimmer, Herrenzimmer, Wohnzimmer, Fremdenzimmer, Schlafzimmer der Eltern, Kinderzimmer und den Bädern an. Die Kinderschwester schlief bei uns vier Kindern.

Mittig in der Wohnung lag ein verglastes, nach oben offenes Atrium, von allen Seiten einsehbar. Zur damaligen Zeit eine Sensation in unserem Städtchen.

Erinnern kann ich mich an dieses Atrium daher so genau, weil sich einmal eine Ratte hineinverirrte und keinen Ausweg mehr fand. Um das Tier zu erlegen, holte sich Tata einen rumänischen Soldaten von der Straße, der den unliebsamen Eindringling erledigen sollte.

Wir Kinder sowie das Personal versammelten uns stumm um das Atrium, in Erwartung der Dinge, die da kommen sollten. Der Soldat betrat das Atrium, zog langsam die Türe hinter sich ins Schloss, und fixierte das verängstigte Tier. Die Ratte rührte sich nicht vom Fleck, als würde sie die Gefahr wittern. Der Soldat, mit seinen hohen schwarzen Stiefeln, öffnete langsam seine graue Uniformjacke, wobei er das Tier nicht aus den Augen ließ, löste seinen Gürtel und näherte sich langsam dem erstarrten Tier.

Mit einem einzigen Peitschenhieb seines Gürtels erlegte er die Ratte.

Tata

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