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14 – Benjamin ( 18 / 19 Jahre )

Inzwischen hatte er einen Großteil der Stadt per Fahrrad erforscht. Der Führerschein interessierte ihn überhaupt nicht, obwohl er ihn sich hätte leisten können. Fahrrad fahren war eben etwas anderes. Zum Rennfahrer war er vielleicht nicht geboren, dafür hätte er intensiver und vor allen Dingen mit der Gruppe trainieren müssen. Hatte dazu aber nicht die rechte Lust. Denn er hätte sich ständig unterordnen müssen, so fahren wie der Trainer es vorschreibt, dem besseren Fahrer Windschutz bieten und so weiter … Nicht sein Ding !

Fahren, ja ! Den Fahrtwind spüren ! Den Regen ! Das Gefühl der Freiheit !

Mit dem Auto war man ja geradezu eingeschränkt. Mit dem Rad dagegen konnte man auch durch schmale Gassen, durch Hinterhöfe und über Waldwege fahren, quer durch die Fußgängerzonen, sogar Treppen hinauf und hinunter. Ging ganz leicht. Man musste natürlich Kraft haben, und die hatte er.

Mittlerweile hatte sich seine Mutter entschlossen, mit diesem Typen in den Harz zu ziehen. Und er stand auf der Straße. Sozusagen.

»Du kommst doch ohnehin gut allein zurecht«, hatte sie gesagt, »du verdienst auch dein eigenes Geld. Ich weiß zwar nicht womit und will es auch gar nicht wissen. Aber: Du kommst allein zurecht, das weiß ich.«

Er stand erst einmal sprachlos da, als sie ihm ihren Umzug eröffnete. Ihr schien es fast ein wenig peinlich zu sein. Denn während sie sprach, hatte sie eine Zigarette im Mund und sortierte ihre Klamotten. Sie öffnete Schubladen und schloss sie wieder, nahm Kleider, Röcke, Blusen aus dem Schrank und ordnete sie nervös zu verschiedenen Haufen.

»So«, sagte sie, wandte sich ihm zu und legte die Hände auf seine Schultern. Inzwischen war er ein ganzes Stück größer als sie.

»Aber«, fuhr sie dann fort, »ich habe mit meinem Bruder gesprochen. Er und seine Frau sind bereit, dich bei sich aufzunehmen.«

O Gott, nicht das auch noch !

» … Du wirst dort also eine Weile wohnen können«, hörte er sie sagen, »natürlich musst du Kostgeld abgeben.«

Ein letzter Zug aus der Zigarette, dann drückte sie sie aus und sah ihn verlegen an.

Da stand er also. Von Entscheidungen überrascht, die er nicht einmal geahnt hatte. Der Mann war bereits eine Weile bei ihnen ein- und ausgegangen. Aber das waren andere vor ihm auch. Obwohl, irgendwie war der anders, hatte klare Vorstellungen und äußerte die auch deutlich. Hing nicht in Kneipen herum, auch wenn seine Mutter ihn in einer kennengelernt hatte. Sparte sein Geld, machte sich ständig Notizen, um nichts zu vergessen, was für seinen neuen Betrieb wichtig sein könnte. Rannte auf Ämter und zu Handwerkskammern, um sich Informationen zu beschaffen.

Offensichtlich hatte er seiner Mutter den Vorschlag gemacht, mitzuziehen und beim Aufbau seines Betriebs mitzuhelfen, Papierkrieg erledigen oder so was. Und sie hatte zugegriffen. Eine letzte Chance, ehe der Knochenjob sie hier zugrunde richtete. Das war ihm schon klar. Aber eben nur vom Kopf her. Vom Gefühl her fühlte er sich allein zurückgelassen.

Natürlich verdiente er sein eigenes Geld und gab es auch nur für sich aus. Aber er verdiente unregelmäßig. Ging nur arbeiten, wenn er Lust dazu hatte beziehungsweise wenn die Moneten knapp geworden waren. Es war mehr als fraglich, ob ihm überhaupt jemand eine Wohnung vermieten würde, so ohne festes Einkommen. Wahrscheinlich nicht einmal ein Zimmer. Für eine eigene Wohnung müsste er regelmäßig verdienen.

Und jetzt ?

Es würde ihm kaum etwas anderes übrigbleiben, als zu Onkel und Tante zu ziehen, zumindest erst einmal.

Später würde man weitersehen.

das Fahrrad der ewigen Stille

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