Читать книгу das Fahrrad der ewigen Stille - hedda fischer - Страница 28
Оглавление20 – Marion
Es war nun schon zwei Wochen her, dass sie sich mit Benjamin verabredet hatte. Aber dann konnte sie zum verabredeten Zeitpunkt nicht weg, weil ihre Mutter krank geworden war. Ein anderes Kino hätte sie auch suchen müssen, da sie Ocean’s Twelve sehen wollte und der Film im Thalia-Kino auf der Kaiser-Wilhelm-Straße schon durch war. Aber dann setzten sie ihn nochmal aufs Programm. Das passte gut, sie hatte späte Schicht und würde direkt vom Salon aus hinüber gehen.
Sie überlegte, was sie anziehen sollte. Es war nicht das erste Mal, dass sie mit einem Jungen ins Kino ging, aber mit ihm war es irgendwie anders. Sein blauer, fast starrer Blick. Eine gewisse Zurückhaltung.
Schließlich blieb sie bei Jeans und einem lockeren T-Shirt und nahm noch ein Kapuzenshirt für den Abend mit. Er wartete vor dem Kino. Sagte wie immer nicht viel. War eben kein Schwätzer. Sein prüfender Blick ? Sie wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte.
Als es im Kinosaal dunkel geworden war, legte er eine Hand auf ihren Oberschenkel. Erst ganz leicht, dann drückte er fester zu. Sie ließ es sich gefallen, obwohl es ihr lieber gewesen wäre, wenn er einen Arm um sie gelegt und sie geküsst hätte. Schließlich lehnte sie sich zu ihm hinüber und küsste ihn auf die Wange. Erst blieb er steif sitzen, dann aber drehte er sich doch zu ihr und beantwortete ihre Küsse. Nicht viele. Den Film wollte sie sehen, und so richtig verliebt war sie auch nicht.
Später fuhren sie mit dem Bus zum U-Bahnhof Alt-Mariendorf. Rund zehn Minuten. Dort fanden sie eine kleine Kneipe – die „Lockere Uschi“. Altmodische Einrichtung. Angeknabberte Holztische. Geblümte Sitzkissen auf den Stühlen. Bilder mit röhrenden Hirschen und Tannenwäldern an den Wänden. Sollte wohl irgendwie bayrisch aussehen. Es war voll und laut. Sie ergatterten zwei Plätze an der Theke. Das heißt, sie saß auf einem der Barhocker, und er stand daneben. Sie tranken Cola mit Schuss. Jeder zwei. Das war genug. Redeten wenig, da es so laut war, dass sie sich gegenseitig in die Ohren schreien mussten, um sich überhaupt verständigen zu können.
Schließlich schlenderten sie zum Wendelsteinweg. Es war nicht weit. An der Kreuzung blieb sie stehen.
»Ich wohne gleich hier, aber meine Eltern müssen nicht sehen, mit wem ich komme.«
Es war halbdunkel, die nächste Laterne stand ein ganzes Stück entfernt. Er legte die Arme um sie und drückte sie so fest an sich, dass sie fast keine Luft bekam. Sie spürte seinen Körper, seine starken Oberarmmuskeln. Er zog ihren Kopf an den Haaren nach hinten. Es tat weh. Seine Küsse waren etwas ungeschickt. Offensichtlich hatte er nicht viel Erfahrung.
Sie löste sich von ihm, sagte »Tschüss« und lief rasch nach Hause.
Was war an ihm anders ? War es seine ungestüme Kraft ? Im Kino total zurückhaltend, in der Kneipe auch, dort hatte er sie kaum berührt, und jetzt diese heftige Umarmung.