Читать книгу Tödlicher Nebenjob - Heidi Oehlmann - Страница 5

Donnerstag, 22.09.16, 20:01 Uhr

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»Wirklich? Wann?«, hauchte Amelie mit zittriger Stimme ins Telefon.

»Am Samstag um zwanzig Uhr.«

»Okay«, antwortete sie und legte panisch auf.

Seit zwei Wochen war sie in der Kartei der Escortagentur aufgenommen und es hatte sich niemand gemeldet. An diesem Tag ging ihr erster Auftrag ein. Amelie sollte die Begleitung für ein Geschäftsessen sein. Sie hatte Angst davor, was sie erwarten könnte. Bis zu dem Tag hatte sie die leise Hoffnung, nie gebucht zu werden, weil sie keiner mochte.

In ihren Tagträumen malte sie sich ständig aus, wie sie erst mit den Männern ausging und dann mit ihnen schlief. Sie hatte keinen Spaß daran, außer mit Pit. Am liebsten hätte sie permanent von dem gut aussehenden Fotografen geträumt, davon wie sie mit ihm zusammen war.

Die Verkäuferin konnte sich nicht vorstellen, dass der Mann, der sie gebucht hatte, nur halb so attraktiv war wie Pit. In ihrer Fantasie waren die Männer, die Frauen buchten dick, alt und glatzköpfig. Mit so einem Kerl wollte Amelie für kein Geld der Welt intim werden.

Am liebsten hätte sie die Buchung abgesagt, oder besser erst gar nicht angenommen, aber sie brauchte das Geld. Maier hatte sie vor ein paar Tagen angerufen und an die Ratenzahlung erinnert. Sie wollte diesen Typen schnellstens los werden.

Amelie hatte noch zwei Tage Zeit, um sich auf das Essen vorzubereiten. Sie wusste aber nicht, wie sie das anstellen sollte. Ihr fehlte die Erfahrung. Sicher hatte sie in der Vergangenheit einige Dates gehabt, aber das war schon lange her. Seit sie mit Erik zusammen war, ging sie nicht mehr aus. Nach der Trennung behielt sie das bei. Amelie verließ nur das Haus, wenn sie zur Arbeit musste oder anderen Verpflichtungen nachging, die außerhalb ihrer Wohnung stattfanden.

Sie schaute auf die Uhr. Es war kurz nach zwanzig Uhr. Sie wollte Rike anrufen, aber sie wusste, ihre Kollegin brachte um diese Zeit Joshua ins Bett. Vor einundzwanzig Uhr schaffte sie es selten, zu telefonieren.

Amelie musste warten. Um sich abzulenken, schaltete sie den Fernseher ein und zappte sich durch das Programm. Es lief nichts, was ihr gefiel, aber das ahnte sie schon vorher. In den letzten Jahren wurde das Fernsehprogramm immer schlechter. Deshalb schaute sie kaum noch fern. Ihr altes Röhrengerät diente viel mehr als Dekoration, damit ihr Fernsehschrank nicht so leer aussah.

Amelie ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank, um festzustellen, dass er gähnend leer war. Sie hatte vergessen, einzukaufen. Also schloss sie ihn wieder und öffnete das Brotfach. Es waren noch zwei Scheiben Brot darin, die sie rausnahm und trocken aß.

Sie ging zurück ins Wohnzimmer und schaute auf die Uhr. Es waren noch keine zehn Minuten vergangen. Amelie brauchte dringend Ablenkung. Sie überlegte, was sie tun konnte und bekam kurz darauf eine Idee. Bevor sie herumsaß und Löcher in die Decke starrte, wollte sie sich ihren Kleiderschrank vornehmen und schauen, ob sie etwas für Samstag zum Anziehen fand.

Sie ging in ihr Schlafzimmer und plünderte den Schrank. Den gesamten Inhalt warf sie auf das Bett und schaute sich anschließend jedes Stück ausgiebig an. Alle Outfits, die infrage kamen, stapelte sie auf ihrer Wäschetruhe. Der Rest wanderte zurück in den Kleiderschrank.

Als sie fertig war, schaute sie auf die Uhr. Es war kurz nach zweiundzwanzig Uhr. Verwundert darüber, dass sie sich fast zwei Stunden mit ihrem Schrankinhalt beschäftigt hatte, starrte Amelie auf die Wäschetruhe. Der Klamottenstapel war nicht sehr groß. Gedanklich hängte sie zwei weitere Outfits zurück in den Schrank. Es blieben vier übrig. Mit jeder Sekunde, die sie damit verbrachte, sich zu entscheiden, schrumpfte die Chance, eines der Stücke am Samstag zu tragen.

Amelie überlegte, ob sie Rike noch anrufen konnte. Sie entschied sich, es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Sie schlürfte ins Wohnzimmer, griff nach ihrem Handy, das auf dem Tisch lag, und rief ihre Freundin an. Es dauerte eine Weile, bis sie sich meldete. »Ja.« Ihre Stimme klang erschöpft.

»Habe ich dich geweckt?«, fragte Amelie verlegen.

»Nein, nein. Was gibt es denn?«

»Ich wurde für Samstag gebucht. Du musst mir helfen! Ich weiß nicht, was ich anziehen und wie ich mich verhalten soll.«

»Ganz ruhig, Amelie. Hol erst mal tief Luft! Es wird alles gut«, beschwichtigte Rike ihre aufgedrehte Freundin.

»Du hast gut reden«, wehrte Amelie sich. »Also, was ist? Hilfst du mir, oder nicht?«

»Klar, aber das hat doch bestimmt noch bis morgen nach der Arbeit Zeit, oder?«

»Ja, sicher«, antwortete Amelie verlegen. Nun war es ihr etwas peinlich, ihre Freundin um diese Uhrzeit angerufen zu haben. Das Problem mit den Klamotten wirkte auf einmal so unwichtig. »Es tut mir leid! Wir sehen uns morgen«, sagte sie hastig und legte auf.

Tödlicher Nebenjob

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