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Samstag, 24.09.16, 15:37 Uhr

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Voller Anspannung lief Amelie auf und ab. Sie musste sich zusammenreißen, nicht an ihren Nägeln zu kauen. In vier Stunden hatte sie ihren ersten Kundentermin. Sie fürchtete sich vor dem Augenblick des Aufeinandertreffens. In diesem Moment war es für sie aber noch schlimmer, dass Rike nicht da war. Ihre Freundin hatte ihr versprochen, halb vier bei ihr zu sein. Inzwischen war sie ein paar Minuten überfällig. Das passte nicht zu ihr. Normalerweise war sie die Zuverlässigkeit in Person. Sie kam eher viel zu früh, als zu spät.

Amelie befürchtete, Rike könnte sie vergessen haben und würde nicht mehr kommen. Das hieße, Amelie musste sich für ihren ersten Auftrag alleine zurechtmachen. Normalerweise war es kein Problem für sie, sich selbst zu stylen, aber an diesem Tag war sie viel zu aufgeregt. Außerdem wusste sie nicht, wie sie sich für solch einen Anlass herrichten sollte. Sie hatte zwar das Kleid, das Rike ihr gekauft hatte, ihr fehlte aber eine Idee, wie sie ihr Haar tragen und sich schminken sollte.

Bisher nahm sie noch nie an einem Geschäftsessen teil. So weit sie zurückdenken konnte, war sie in ihrem Leben vielleicht zwei bis drei Mal in einem Restaurant gewesen. Ihre Eltern hatten nicht viel Geld. Es reichte nie, um essen zu gehen. Restaurantbesuche ergaben sich nur, wenn jemand aus der Familie starb. Dann fand der Leichenschmaus meist in einer kleinen Gaststätte statt. Diese Lokale waren aber kaum mit dem zu vergleichen, das Amelie an diesem Tag besuchen sollte.

Ein annähernd vergleichbares Restaurant hatte sie nur einmal besucht. Das war vor Jahren, als sie Erik kennenlernte. Er führte sie bei ihrem zweiten Date in einen hochpreisigen Laden aus. Für Amelie war es ein bisschen zu viel. Sie fühlte sich dort unwohl, beinahe wie in einer anderen Welt. Die Kellner verhielten sich so komisch, sie hatten etwas Aufdringliches. Auch die Essensportionen waren ungewöhnlich. Sie verstand nicht, wie man für so wenig Essen so einen Haufen Geld ausgeben konnte.

Amelie befürchtete, auch an diesem Abend wieder in so einem Laden zu enden. Sie war entschlossen, sich den Bauch vollzuschlagen, bevor sie das Haus verließ. Sie wusste, sie würde vor Aufregung kaum etwas hinunter bekommen, aber sie musste es versuchen, um später nicht hungrig zu sein.

Amelie zuckte zusammen, als es klingelte. In Strümpfen sprintete sie zur Wohnungstür und rutschte dabei fast aus. »Na endlich!«, begrüßte sie ihre Freundin Rike.

»Entschuldige! Ich musste Joshua noch zu meiner Mutter bringen und ausgerechnet heute wollte er nicht bei ihr bleiben. Es hat ewig gedauert, ihn zu beruhigen.«

»Ja, ja. Schon gut. Ich bin so froh, dass du überhaupt gekommen bist«, sagte Amelie und umarmte ihre Freundin.

»Gut, dann legen wir los.«

»Was machen wir zuerst?«

»Gesicht, Umziehen, Haare!«

»Okay.«

»Kann ich mich dann auch bei dir zurechtmachen?«

»Natürlich. Hast du heute auch noch einen Kunden?«

»Ja, einen Stammkunden, der mich fast jedes Wochenende bucht.«

»Echt? Was macht ihr denn so?«

»Setz dich, damit ich dich schminken kann!«

»Ja«, antwortete Amelie und verdrehte die Augen. »Also?«

»Hm? … Ach so, das ist unterschiedlich. Meistens gehen wir Essen oder auf Partys.«

»Aha. Wozu braucht der dich denn auf Partys? Da gibt es doch genug Leute.«

»Das stimmt schon, aber weißt du, manche Männer … Wie soll ich sagen? Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?«

»Klar! Das weißt du doch.«

»Also es gibt Männer, unverheiratete Männer, die brauchen hin und wieder eine Ehefrau, um ihre Chefs oder Geschäftspartner zu beeindrucken.«

»Was? Warum denn das?«

»Weil die Chefs auf Familie stehen. Die Männer, die sich eine Ehefrau buchen, rechnen sich bessere Chancen aus, mit ihrer Karriere weiter zu kommen.«

»Ernsthaft?«

»Ja. Stillhalten!«, ermahnte Rike ihre Freundin.

»Was für ein Schwachsinn! Ist das nicht unheimlich anstrengend, die Ehefrau von jemandem spielen zu müssen, den man nicht kennt?«

»Am Anfang schon, aber man gewöhnt sich daran. Ich mache mir einfach für jeden Kunden Notizen, damit ich keine Details durcheinanderbringe. Das wäre eine Katastrophe. Vor jedem Date lese ich mir meine Notizen noch einmal durch und dann klappt es auch.«

Amelie starrte ihre Freundin fassungslos an. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass so etwas funktionierte. Insgeheim hoffte sie, niemals in solch eine Lage zu geraten.

»Fertig«, holte Rike sie aus ihren Gedanken. »Jetzt kannst du dich anziehen und dann mache ich dir noch deine Haare.«

Amelie sprang auf und schaute in den Spiegel. Von dem Ergebnis war sie so überwältigt, dass sie ihrer Freundin um den Hals fiel.

»Schon gut«, sagte Rike und lächelte.

Amelie löste sich von ihrer Freundin und lief ins Schlafzimmer.

Kurze Zeit später kam sie zurück ins Bad. Sie hatte sich das Kleid übergezogen, das ihr Rike bezahlt hatte, und trug die Schuhe, die sie zusammen aussuchten. Die Pumps, die weder zu hoch, noch zu flach waren, passten optimal zu dem Kleid.

Amelie fühlte sich wie eine Prinzessin. Jetzt fehlte ihr nur noch eine hübsche Frisur für den Abend. Selbst wenn alles schiefgehen würde, wäre sie wenigstens perfekt gestylt.

Tödlicher Nebenjob

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