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Vom Kaufmannshaus zum Kaufhaus
ОглавлениеDer deutsch-venezianische Handel florierte bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Dann übernahmen Holländer und Engländer die Hoheit über die Weltmeere und den internationalen Handel. In Deutschland brachte der Dreißigjährige Krieg die Geschäfte zum Erliegen, und in Venedig starb 1630 ein Drittel der Einwohner an der Pest. Trotzdem blieb das Deutsche Handelshaus noch bis zum Ende der Republik in seiner Funktion erhalten. Seine Schließung erfolgte 1806 durch Napoleon. Daraufhin wurde es zunächst Zollstelle, dann österreichische Finanz- und Militärbehörde, schließlich 1870 Sitz der venezianischen Hauptpost.
Bei der Sanierung des statisch gefährdeten Bauwerks zwischen 1929 und 1939 wurde viel historische Substanz zerstört. Danach war der Gesamteindruck steril und grau, besonders im Cortile, und spiegelte die faschistische Ästhetik der Zeit. Wie sich damals herausstellte, war der Fondaco eine Art Billigbau, aus Ziegeln und Mörtel von schlechter Qualität. Um das Mauerwerk zu stabilisieren, wurde moderne Technik angewandt. Statt des traditionellen Struktursystems aus wenigen tragenden Mauern und flexiblen Zwischenwänden, das die für Venedig charakteristischen Bodensetzungen ausgleicht, bekam der Fondaco ein starres Korsett aus Stahlbetonringen. Dieses fragwürdige Konzept, bei Restaurierungen jahrzehntelang beliebt, führt in den betroffenen Gebäuden zur Einsturzgefahr von Mauern und Decken, weil Bodenbewegungen nicht mehr aufgefangen werden können.
2008 hat die Benetton-Gruppe das Gebäude für 53 Millionen Euro erworben und seither nach umstrittenen Plänen des den Star-Architekten Rem Kohlhaas saniert und in ein Kaufhaus umgebaut. Im Oktober 2016 wurde der Fondaco als Megastore der französischen Luxuskette LVMH wieder eröffnet. Nach der Umwandlung in einen Konsumtempel mit Verkäufern, die in Anbetracht der zu erwartenden Kundschaft chinesische, japanische und russische Sprachkenntnisse aufweisen sollen, ist die Erinnerung an das einstige deutsche Kaufmannshaus nur noch ein ferner Schatten. Dafür hat man von der neuen Dachterrasse einen großartigen Blick über den Canal Grande.