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Reb erfuhr nicht, was die Griechin mit Schwierigkeiten meinte. Als er fragend aufhorchte, hatte sie sich höflich, aber bestimmt verabschiedet und das Zimmer verlassen. Nun war er wieder allein. Er wollte doch einmal sehen, was der Computer über diese Frau hergab. Mit einem Klick verließ er die Inselbibliothek und lud die offizielle Website des Hotels auf die Spiegelwand. Staunend begutachtete er die sich formierende Seite, die in ihrer professionellen Aufmachung auch in jede Großstadt gepasst hätte. Sie war zwar ein wenig schlichter gehalten als die (mit im Sekundentakt wechselnder Werbung bespickten) Domains der großen Konzerne und buhlte nicht um jeden Preis um die Aufmerksamkeit ihres Betrachters, wirkte aber genauso durchdacht und zielorientiert strukturiert. Reb schaltete auf die Personalseite um und betrachtete die Menschen, die in diesem Hotel arbeiteten: das Reinigungsteam, das Küchenpersonal, die Verwaltungsangestellten, den Hotelbesitzer, seine Tochter. Er klickte auf Eléni, die Griechin erschien im Großformat an der Spiegelwand.

Reb vertiefte sich für einen Moment in diese Frauengestalt. Sie wirkte genauso nüchtern und perfekt wie der Rest der Seite. Ihre Haare waren zum Zeitpunkt der Aufnahme wohl noch nicht getönt, das Mahagonirot fehlte, stattdessen schimmerte ihre Frisur in einem warmen, tiefen Schwarzton. Der Hosenanzug war derselbe, ihre Haltung aufrecht, der Blick klar, die Gesichtszüge wirkten sehr ebenmäßig, geradezu klassisch. Reb konnte sie sich gut in einem altertümlichen Gewand vorstellen. Er suchte nach Seiten mit altgriechischer Kleidung und fand eine Frau auf den Werbeseiten des Hotels. Sie stand neben dem Namenszug und trug ein schlichtes, bis zum Boden reichendes Gewand, das an einer Seite schräg über die Achsel fiel und an der anderen Seite eine schöne Schulter mit makelloser Haut entblößte. Auf ihrer rechten Handfläche trug sie – dem Namen des Hotels entsprechend – einen rosafarbenen Kakadu.

Reb isolierte die Figur, löschte den Papagei und enthauptete die Dame per Knopfdruck. Auf den frei gewordenen Platz schob er Elénis Kopf, betrachtete sein Werk und war angenehm überrascht. Der Kopf ergänzte die Gestalt perfekt.

„Das ist ja geradezu klassisch“, entfuhr es ihm, „klar, schlicht, eindeutig, grundlegend, klassisch.“

In seiner Begeisterung musste er wohl vergessen haben, die Suchfunktion auszuschalten, denn die entsprechenden Adressen erschienen fast zeitgleich auf dem Monitor und legten sich über Elénis Bild.

„Computer – stop“, wollte er schon korrigieren, als seine Neugier ihn eine der Seiten öffnen ließ.

„Einer der letzten Vertreter der altgriechischen Klassik“, stand dort, „er bewirtschaftet ein kleines Landgut, wie es in seiner Heimat seit jeher üblich gewesen ist, züchtet Oliven für den Eigenbedarf und wehrt sich gegen den Verkauf seiner Produkte an Kunden aus der Stadt.“

Unter dem Artikel erschienen drei Köpfe, ein älterer Mann unter einem Olivenbaum, ein Mann im mittleren Alter während eines Interviews und ein junger Heißsporn mit weißem Kittel und einem Reagenzglas in der Hand. Reb brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, dass es sich um ein und dieselbe Person handelte. Dieses Gesicht, das einen Mann in drei verschiedenen Lebensphasen zeigte, kam ihm seltsam bekannt vor. Er schlug Souls Seite auf und wurde fündig. Es war der Geheimnisträger, den seine Schwester ausfindig gemacht hatte.

Reb betrachtete die Aufnahmen des Mannes eine Weile. Sein Gesicht wirkte auf dem dritten Bild trotz des hohen Alters noch wach und klar, die Augen schauten den Betrachter direkt an, so als hätte ihr Besitzer auch in der heutigen Zeit noch eine wichtige Funktion zu erfüllen. Die Art kam ihm bekannt vor, ein wenig Stolz schimmerte durch, vielleicht auch Trotz oder das Wissen, dass man der übrigen Menschheit etwas voraushatte. Reb isolierte den Kopf des alten Mannes, schob ihn quer über die Spiegelfläche nach oben, rechts neben Elénis Gesicht. Er schnitt auch den Kopf des jungen Wissenschaftlers heraus, stellte ihn links neben die Griechin und verglich die drei Gesichter: den Geheimnisträger in jungen Jahren, die Griechin, den gealterten weisen Mann. Sein Verdacht bestätigte sich. Der Kopf dieses Mannes trug die gleichen Gesichtszüge wie das Gesicht der Tochter des Hotelbesitzers.

Tambara und das Geheimnis von Kreta

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