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Erstaunlich stabil
ОглавлениеZunächst ist angesichts mancher Alarmmeldung darauf hinzuweisen, dass angesichts der massiven gesellschaftlichen Veränderungen sowohl die öffentliche Stellung der Kirchen als auch ihre Mitgliedschaftszahlen erstaunlich stabil sind. Das gilt sowohl für Westdeutschland als auch – nur auf aus den bekannten historischen Gründen deutlich niedrigerem Niveau – für Ostdeutschland. Auch wenn der Prozentsatz der Nicht-Religiösen nach den Zahlen des Religionsmonitors in Ostdeutschland mit 65,8 Prozent doppelt so hoch ist wie die Zahl der Religiösen (34,2 Prozent), ist auch dort bei einem Teil der Bevölkerung durchaus mit einer intellektuellen Offenheit für religiöse Themen und mit einem (kleinen) Stamm von Mitgliedern zu rechnen, „deren Religiosität bemerkenswert stabil ist“.
Für Westdeutschland, wo sich nach Angaben des Religionsmonitors 78 Prozent der Befragten der christlichen Religionsgemeinschaft zuordnen, fällt die Diagnose trotz rückläufigen Gottesdienstbesuchs und Mitgliederrückgang durchaus nicht so negativ aus, wie das zu erwarten wäre. Die Kirchen in Westdeutschland – so der Religionssoziologe Karl Gabriel auf der Basis der Daten des Religionsmonitors – haben, verglichen mit Ostdeutschland, „im gesellschaftlichen Umbruch der letzten 50 Jahre eine erstaunliche Stabilität bewiesen.
Eine große Mehrheit der Bevölkerung hat an der Mitgliedschaft festgehalten, die Kirchen verantworten Sonntag für Sonntag, besonders aber bei Großereignissen wie Kirchentagen und Papstbesuchen, die öffentlichen Veranstaltungen mit den höchsten Teilnehmerzahlen in der Republik; erkennbaren Einfluss haben sie nach wie vor auf Gesellschaft und Politik, besonders im Bereich sozialer Dienste, Schule, entwicklungspolitischer Verantwortung und Grenzfragen medizinischer Ethik.“ Und Gabriel schließt seine Auswertung mit einer Prognose: „Am wahrscheinlichsten ist die Entwicklung hin zu einem unverkrampfteren Umgang mit einer sich verändernden, in ihrer Existenz aber unangefochtenen religiösen Kultur in einer säkularen Gesellschaft, für die die christlichen Kirchen wichtige, aber keineswegs die einzigen Repräsentanten sind.“
Lässt sich empirisch in irgendeiner Weise erkennen, was theologisch im Hinblick auf die Rolle der Kirche in der Zivilgesellschaft mit Recht postuliert wird, dass die Kirche nämlich tatsächlich einen erkennbaren Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt spielen kann? Der Soziologe Richard Traunmüller hat im Hinblick auf diese Frage jüngst erstmals den größten in Deutschland existierenden Bestand empirischer Daten, den sogenannten „Sozio-ökonomischen Panel“, in seinem Buch „Religion als Ressource sozialen Zusammenhalts?“ ausgewertet und ist dabei zu bemerkenswerten Ergebnissen gekommen.