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Salz der Erde – Licht der Welt?
ОглавлениеKirche in der modernen Gesellschaft
„Salz der Erde – Licht der Welt“ – wer diese kraftvollen biblischen Metaphern in den Mund nimmt, um über die Kirche zu sprechen, der geht gegenwärtig durch ein Wechselbad der Gefühle. Das Orientierungswissen der Kirchen – so kann einerseits festgestellt werden – ist selten mehr gefragt gewesen als in den letzten Jahren, da die Vorgänge an den internationalen Finanzmärkten und die globale Wirtschaftskrise, die sich daraus entwickelt hat, vieles grundsätzlich infrage gestellt haben, was noch kurz zuvor allgemeine Geltung besaß.
Aber es gibt auch die andere Seite. Die Diskussion um die im Jahr 2010 bekannt gewordenen Missbrauchsfälle in den Kirchen hat gezeigt, wie sensibel die Öffentlichkeit gerade auf diejenigen Fälle reagiert, die sich im Kontext einer Institution abspielen, für deren Selbstverständnis die Metapher vom Salz der Erde und vom Licht der Welt eine zentrale Rolle spielt. Dass sich in unserer Mitte, hinter den Fassaden der Häuser angesehener Bürger, Dinge abspielen, die die seelische Zerstörung von Kindern zur Folge haben, ist schwer genug begreiflich. Dass sich diese Dinge aber auch im Kontext einer Institution abspielen, die in der Gesellschaft immer noch als öffentliche Stimme für Moral und Menschlichkeit wahrgenommen werden möchte, ist nur schwer erträglich.