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Vicente

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Pepe führt die Bar Costa im Sinne seines Vaters Vicente mit großem Erfolg weiter. Vicente war für unsere Familie und unser Haus in Ibiza der gute Geist. Bei unserem Einzug bekamen wir von Maria im »estanco« den Tipp, dass ihre Freundin Gertrudis sicherlich gern bei uns als Haushälterin arbeiten würde. Diese Gertrudis kam auch tatsächlich und wir liebten sie sofort. Sie hielt nicht nur das Haus ohne jede sichtbare Anstrengung in Schuss, sie kochte auch großartig. So gut, dass meine Brüder an den Tagen, an denen sie nicht bei uns arbeitete, sich um die Mittagszeit ins Dorf verabschiedeten, in der Hoffnung, dass bei Gertrudis noch ein freier Platz am Tisch war.

Nach dem ersten Sommer fragte meine Mutter sie, ob sie vielleicht jemanden wüsste, der im Winter auf den Garten aufpassen würde.

Sie antwortete unsicher: »Quizás mi marido.« (Vielleicht mein Mann.)

Der Mann war Vicente, und er kam auch. Allerdings stellte er gleich klar, dass er prinzipiell nicht arbeite. Aber wenn es hier und da was zu tun gebe, könne er das eventuell machen. So weit, so nicht gut.

Meine Mutter hatte nur eine schwache Hoffnung, dass der Garten den Winter überleben würde. Allerdings war der Garten im Jahr darauf nicht nur gegossen, sondern auch gejätet. Offenbar bedeutete Arbeit für Vicente ein fixer Stundenplan, eine Anstellung, und darauf wollte er sich nicht einlassen.

Auf die Frage, was sie ihm denn schuldig sei, antwortete er meiner Mutter: »Nada.« (Nichts.)

Das war natürlich nicht ernst gemeint, er wollte den Lohn, den sie für angemessen hielt. Wichtiger als das Geld war ihm, dass wir verstanden, dass er uns vertraute. Dass wir ihm vertrauten, war für ihn selbstverständlich.

Nach drei Jahren übernahm er die Bar Costa. Und in kurzer Zeit waren seine »bocadillos« und seine Bar so ein Erfolg, dass er den Malern, die bei ihm einkehrten und die Zeche nicht zahlen konnten, die Bilder abkaufen konnte. Bald ging er auch in die Ateliers und auf Vernissagen. Die Anschaffungen dieser Beutezüge wurden in der Bar aufgehängt und machen heute noch die besondere Atmosphäre aus.

Er war nun sein eigener Chef, blieb uns und dem Haus aber immer eng verbunden. Mit einem sechsten Sinn spürte er, wenn wir ohne Ankündigung auf die Insel zurückkehrten, stand vor seiner Bar, hob die Hand, »hola«, als ob wir nicht mehrere Monate weg gewesen wären. Es gab keine Umarmungen und Küsse. Wenn im Dorf und also auch bei uns Kurzschluss war, kam er ungerufen und brachte alles in Ordnung – eben ein guter Geist.

Nach dem Tod meines Vaters bin ich völlig unangemeldet ins Dorf gekommen, es schüttete, kein Mensch war auf der Straße, neben dem Kamin in der Bar Costa saß Vicente, als ob er auf mich gewartet hätte und drückte mir ohne ein Wort minutenlang die Hand.

Leben ohne Rezept

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