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Der Vater

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Robert zog es raus aus seinem Dorf in Schlesien hinaus in die Welt, um Neues kennenzulernen. Er war sehr wissbegierig und in der Schule, in der alle Kinder des Dorfes und alle Altersstufen in einer Klasse vom Kriegsinvaliden Lehrer Hempel unterrichtet wurden, war er oft dessen Vertreter.

Lehrer Hempel war gleichzeitig Imker und besonders im Sommer oft mit den Bienen beschäftigt. Robert musste dann für Ruhe und Ordnung in der Klasse sorgen und den Kleineren helfen, schreiben und rechnen zu lernen.

Der Vater von Robert, seine Mutter und alle 6 Geschwister waren bei dem „Herrn Hauptmann“ beschäftigt. Das war der Gutsbesitzer, der sich nur mit Herr Hauptmann ansprechen ließ. Während der Ernte oder zu anderen Arbeitsspitzenzeiten in der Landwirtschaft gab der Herr Hauptmann Order, dann musste der Kriegsinvalide Lehrer Hempel den Schulkindern freigeben, damit sie in der Landwirtschaft mithelfen konnten.

Robert wollte den Beruf eines Schmiedes erlernen, von dem war er fasziniert. Das ging aber nicht, denn bereits mit 13 Jahren wurde er per Handschlag zwischen seinem Vater und dem Herrn Hauptmann letzterem versprochen. Das hieß, nach Abschluss der Schule mit 14 Jahren, im Gut als Kutscher zu arbeiten. Ein Kutscher war schon eine herausragende Stelle.

Als ersten Jahreslohn bekam er vom Herrn Hauptmann ein Hemd, einen Kutscheranzug und ein paar Schaftstiefel. Auf den Feldern brauchte er nicht zu arbeiten, dafür musste er sich um die Pferde und den Kutschwagen kümmern. Alles musste stets geputzt und einsatzbereit sein. Auch nachts, denn oft ging es noch am späten Abend zu Gelagen in die Nachbarschaft. Im Morgengrauen musste dann der Herr Hauptmann wieder nach Hause kutschiert werden. Eine oft mühselige Fahrt mit vielen Unterbrechungen, weil der Herr stark angetrunken war. Die anschließend erforderliche Reinigung des Wagens war nicht die angenehmste Arbeit, aber die Kutsche musste blank geputzt sofort wieder zur Verfügung stehen. Robert war also ein besserer Lakai.

Das alles gefiel ihm aber nicht und er beschloss, sich nach Ablauf des durch seinen Vater gegebenen Versprechens – also zu seinem 18. Geburtsgag – eine andere Arbeitsstelle zu suchen.

Zu MARIÄ LICHTMESS – am 2. Februar – war es dann soweit. Das war der Tag, an dem sich die Dienstboten in der Landwirtschaft eine neue Arbeitsstelle suchen konnten. Im Februar gab es in der Landwirtschaft nicht mehr soviel zu tun und die Knechte und Mägde konnten gehen.

In der Zeitung hatte er gemeinsam mit einem Freund gelesen, dass in Oberschlesien im Bergbau Arbeitskräfte gesucht wurden. Gemeinsam beschlossen sie, dorthin zu ziehen, um zu arbeiten. Im Steinkohlebergwerk in Kattowitz wurde er zunächst unter Tage zum Schlepper und später zum Hauer ausgebildet.

Als Schlepper musste er die Kohlebrocken, die der Hauer zuvor abgeschlagen hatte, in Loren schaufeln und auf Gleisen zu einem Aufzug fahren. Von hier wurden die Kohleloren nach oben gezogen. Geleert kamen sie zurück in den Schacht.

In den 20er Jahren bekam er von polnischen Bergarbeitern, mit denen er sich gut verstand, die Empfehlung, Oberschlesien zu verlassen, da es zu Aufständen kommen würde, bei denen sein Leben als Deutscher nicht mehr sicher wäre. Er folgte dem Rat und zog nach Ziebingen in Brandenburg, um hier in einem Braunkohlebergwerk als Hauer zu arbeiten. Hier lernte er seine spätere Frau Dorothea – die Dorchen gerufen wurde – kennen. Sie war auch Landarbeiterin, aber nicht beim Herrn Hauptmann sondern bei „Herrschafts“, wie es im Brandenburgischen hieß, angestellt. Bald heirateten beide und ihr erster Sohn Hans wurde geboren.

Jahrgang 1928 - Erinnerungen

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