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Weihnachten

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Der mit Ungeduld erwartete 23. Dezember kam. Die Entlassungspapiere und eine Überweisung an den weiter behandelnden Hausarzt waren geschrieben. Nach dem Mittagessen stand der Krankenwagen bereit zur Abfahrt. Schnell noch von den Ärzten und Schwestern verabschiedet, die ihr die Daumen drückten und frohe Weihnachten mit ihrer kleinen Familie wünschten. Sie freuten sich mit ihr auf die Überraschung, die sie ihrem Sohn und Ehemann bereiten würde.

Doch es kam alles ganz anders. Das Wetter war umgeschlagen, es war weihnachtlich weiß geworden. Doch nicht nur die Pracht des Schnees war beeindruckend, auch die Glätte der Straßen. Sie brachte dem Krankenhaus neue Patienten.

So kam es, dass der Krankenwagen auf eisglatter Straße vor einem Bahnübergang nicht zum Halten kam und mit dem in diesem Augenblick vorbeifahrendem Triebwagen der Deutschen Reichsbahn zusammenstieß. Im Krankenwagen waren neben dem Kraftfahrer drei Patienten, die aus dem Krankenhaus entlassen wurden und sich darauf freuten, Weihnachten mit ihren Familien zu verleben. Der Kraftfahrer verstarb am Unfallort, stand am nächsten Tag in der Zeitung, und die drei Patienten kamen schwer verletzt sofort wieder zurück ins Klettwitzer Krankenhaus.

Keine freudige, sondern eine böse und traurige Überraschung für die Familien. So auch für Hans und Robert, denen die Schwester Marianne aus dem Krankenhaus noch am gleichen Abend die traurige Nachricht überbrachte. Sie brachte auch die gestrickten Weihnachtsgeschenke von Dorchen mit, die man aus dem zertrümmerten Auto gerettet hatte. Der Schwester, welche die Vorfreude von Dorchen, aber auch ihre Mühe und Fleiß bei der Anfertigung der Weihnachtsgeschenke miterlebt hatte, standen bei der Übergabe Tränen in den Augen. Hans schlief schon und Robert, der so schnell nicht aus der Fassung zu bringen war, schluckte und kämpfte auch mit feuchten Augen.

Das waren keine frohen Weihnachten. Robert holte am Nachmittag des 24. schnell noch eine kleine Kiefer aus der nahen Schonung und schmückte sie unbeholfen und notdürftig. Darin hatte er keine Übung, denn in den Jahren zuvor hatte das immer seine Frau gemacht. Hans sollte aber doch eine kleine Freude haben.

Die Handschuhe und die Mütze legte er neben den gekauften Pfefferkuchen und einen kleinen Schokoladenweihnachtsmann unter den Baum.

Es wurde ein kalter Winter. So oft es an den Wochenenden ging, besuchte Robert seine Frau im Krankenhaus. Hans musste das Haus hüten, für ihn war bei diesem Wetter die Fahrradtour zu kalt. Roberts Arbeitskollegen halfen ihm beim Wechseln der Schichten, damit er Sonnabend frei hatte, um seine Frau besuchen zu können und die Weihnachten eingezogenen Nachbarn passten auf Hans auf.

Dorchen hatte Glück, dass sie bei dem Unfall im Krankenwagen nicht zerquetscht worden war. Ein Schädelbruch, Rippenbrüche und die Lädierung des Beckens waren aber schwere Verletzungen, die abermals Zeit zur Heilung brauchten.

Das Beste für Robert und Hans waren die Nachtschichten, die um 22:00 Uhr begannen und früh um 6:00 Uhr beendet waren. Da konnten beide gemeinsam Frühstücken, Mittagbrot und zu Abend essen. Nach dem Frühstück holte Robert bis zum Mittag seinen Nachtschlaf nach und danach war Hausarbeit angesagt. Jetzt erst merkte er, was seine Frau alles geleistet hatte, um den Haushalt in Ordnung zu halten. Sie fehlte den beiden Männern sehr.

Jahrgang 1928 - Erinnerungen

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