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Ibrahim Lada’a: Er wurde mit seiner Familie aus Jaffa nach Ramallah vertrieben
ОглавлениеLada’a wurde Arzt. Nach seinem Studium in Deutschland machte er eine HNO-Praxis in Ramallah auf. Später leitete er für einige Jahre als Direktor das Augusta-Victoria-Krankenhaus in Jerusalem.
»… so verließen uns also meine Großeltern mit meiner Tante und wir blieben zurück, in einer Stadt, die bald von jüdischen Terrororganisationen eingenommen werden sollte. Mein Vater musste das geahnt haben, denn er entschied, mit einem seiner Lastwagen selbst die Flucht zu wagen. Zur Belieferung seines Ladens besaß er zwei dieser alten britischen Militärlastwagen, die den Motor zwischen Fahrer- und Beifahrersitz haben. … (Auch) unsere Nachbarn, die Familie Qahwaji, wandten sich an uns, denn auch sie wollten Jaffa verlassen und fanden keine Möglichkeit. So mussten nun insgesamt 45 Personen Platz in unserem Lastwagen finden, doch mein Vater ließ sich nicht entmutigen. Er zog in die Ladefläche einen zweiten Boden ein, unter dem wir das Gepäck verstauten, um allen einen Platz zu ermöglichen. Am Steuer saß mein Vater, neben ihm meine Mutter mit meiner älteren Schwester Aida. Ich, als einer der Kleinsten, saß auf der Motorhaube zwischen den Vordersitzen. Mein Cousin Musa, der schon 17 war, fand keinen Platz mehr auf der Ladefläche, sondern stand außen auf dem Trittbrett an der Fahrerseite …
An der Ausfahrt der Stadt nach Osten in das Landesinnere Richtung Ramallah reihten wir uns in einen Konvoi ein, mit dem die letzten Zurückgebliebenen die Stadt verließen. Dies war Ende April. Keine zwei Wochen später, am 13. Mai, wurde Jaffa von jüdischen Truppen eingenommen und war für uns Palästinenser für immer verloren. Unser Treck wurde angeführt von britischen Militärs, denn deren Mandat ging noch genau bis zu jenem 14. Mai 1948, dem Tag, an dem der jüdische Staat seine Unabhängigkeit erklären sollte …
Immer wieder mussten wir anhalten, weil die britischen Soldaten mit jüdischen Freischärlern oder Angehörigen der Haganah über die Weiterfahrt verhandeln mussten. Nach drei Tagen erst – normalerweise hätte die Reise damals mit dem Auto nur ein paar Stunden gedauert –, am 1. Mai des Jahres 1948, einem Ostersamstag, erreichten wir Ramallah, wo uns mein Onkel Ghattas erwartete. Wir verbrachten die ersten Tage in einem provisorischen Flüchtlingslager auf dem Hof vor der katholischen Kirche.«20