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Beth. drei.

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Karl erklärte Beth die Welt. So wie man sie zu sehen hatte. Jedenfalls war er davon überzeugt.

Karl zeigte Beth, wie man beim Pferderennen Geld machen konnte. Er liebte es, Wetten abzuschließen. Natürlich musste man sich auskennen. Welcher Jockey arbeitete erfolgreich? Welches Pferd war gerade in Hochform? Karl war oft auf der Trabrennbahn. Soweit es sein Nebenjob im Studentenclub erlaubte. Aber die meiste Zeit seiner Freizeit verbrachte er dort, an der Theke. Neben dem Verdienst brachten die Wochenende-Abende auch viel Trinkgeld ein. Und den Alkohol umsonst.

Karl war ein richtiger Kerl. Er konnte schuften wie ein Ochse. Der Schweiß rann ihm in Strömen über den Körper, aber Karl strahlte übers ganze Gesicht, voller Stolz auf seine Männlichkeit, und wühlte nach einem kurzen Blick weiter. Auf dem Hof der Eltern gab es immer Arbeit. Karls Eltern wohnten in einem eigenen Haus. Dessen Umbau hatte gerade erst begonnen. Dann war da noch ein Stall für 300 Hühner. Die Tiere mussten versorgt, der Stall ausgemistet werden. Und dann noch der Garten, voller Gemüse. Was die sechsköpfige Familie nicht aufbrauchte, wurde Gewinn bringend im Konsum nebenan verkauft.

Karl konnte auch trinken wie ein richtiger Mann. Eine Flasche Schnaps und eine Reihe Bier gingen auf sein Konto in einer langen Nacht des Clubs. Drei Einsätze pro Woche waren nötig, wenn das Geld verdient werden sollte, was Karl im Monat verbrauchte.

Karl hatte das Nebeneinander von Studium, Jobben und Alkohol gut im Griff. Seine Prüfungen im Studium bestand er. Immer grade eben so, aber ohne Nacharbeit oder Auffälligkeiten. Nur manchmal schlug der Alkohol zu. Völlig unerwartet fiel Karl in einen Vollrausch, so jedenfalls erklärte er es immer hinterher Beth, wenn sie ihn zur Rede stellte. Karl hatte dann alle Kontrolle über seine Körperfunktionen verloren und erwachte gegen Morgen in seinem eigenen Dreck, ohne sich an irgendwelche Einzelheiten der Nacht erinnern zu können.

Wenn Beth ihn in solchen Momenten erlebte, fiel er in ein großes Jammern. Peinlich berührt bereute er die Maßlosigkeit vom Abend, grübelte laut über die Ursachen seines Versagens nach und versprach Besserung. Ja, er bat Beth sogar um Hilfe. Sie solle doch, wenn er wieder einmal die Flasche nicht stehen lassen könne, ihm einen heimlichen Stups geben. Dann würde er schon aufhören zu trinken und alles würde gut.

Den Tag über gingen Beth und Karl jeder seinem Alltag nach. Die Nächte aber verbrachten sie meistens gemeinsam. Mal bei ihr, mal bei ihm, je nachdem, wessen Zimmerpartner gerade nicht am Ort war.

Karl war der erste Mann, mit dem Beth schlief. Sie hatte das Gefühl, mit ihren neunzehn Jahren eine alte Jungfer zu sein. Er liebte sie zweifellos sehr stark. Jeden Augenblick schmuste und betätschelte er sie. Eigentlich hatte sie Angst davor, sich ihm hinzugeben. Aber eines Tages, als sie noch den Tag vor sich hatten, begann sie sich vor ihm auszuziehen. Karl hatte nie einen Hehl um seine vielen Frauenbekanntschaften gemacht. Beth fürchtete ihn zu verlieren, wenn sie sich ihm nicht anbot.

Sein Beiwohnen tat ihr weh. Sie war so stark verkrampft, dass er nicht wirklich in sie einzudringen vermochte. Beide waren ratlos. Seine zahlreichen Erfahrungen halfen hier auch nicht weiter. Er ließ von ihr ab. Sie schmiegte sich zärtlich an ihn, ja beinahe war ihr als versteckte sie sich an ihm und vor ihm. So verbrachten sie den Rest des Tages und die Nacht nebeneinander, ohne zum Höhepunkt zu gelangen. Karl genoss ihre anschmiegsame Art. Dennoch vergingen Wochen und Monate, ohne dass Beth sich entspannen konnte. Es brauchte ganze zwei Monate, ehe Karl ganz in sie eindringen konnte, und sie nicht vor Schmerz verging. Aber die Lust blieb Beth weiter versagt. Karl wurde nervös. Er grübelte, dachte laut nach und kam zu dem Schluss, dass Beth ihn wohl nicht liebte. Anders konnte es nicht sein.

Beth hatte inzwischen ihre anfängliche Unsicherheit gegenüber Karl verloren. Sooft es ging, besuchte sie ihn abends im Club. Er hatte nur Augen für sie. Jeden freien Moment kuschelten und knutschten sie verliebt. Beth genoss diese Art von Zärtlichkeit, auch wenn sie öffentlich und für jedermann sichtbar stattfand. Oder war es gerade das, was sie genoss? Dieser schöne Mann, ein Bild von Männlichkeit und Kraft, gehörte ihr, hatte keinen Blick für andere Frauen. Jedenfalls nicht, wenn Beth da war.

Das schmeichelte ihr. Sie fühlte sich ganz, liebenswert und endlich vollwertig. Irgendein Makel hatte Beth angehaftet, seit sie dem Kind entwachsen war, und nun hatte seine Liebe zu ihr diesen von ihr genommen.

Und doch war da ein Aber: ihr Unterleib versagte den Dienst. Er blieb kalt. Sie liebte ihn, begehrte ihn. Sie mochte seinen Körper. Aber ihr Körper konnte keine Lust empfinden, wenn sie miteinander schliefen. Sie kannte es nicht, in Ekstase zu verfallen und den Rausch der Lust zu spüren und das schönste, wenn er in Wellen den Körper durchströmte und alles mit sich nahm, wenn er abebbte. Doch. So ganz stimmte das nicht. Sie kannte diese Ekstase, wenn sie sich selbst befriedigte. Je nachdem, wie sehr sich darauf einließ. Aber mit Karl zusammen blieb ihr diese Offenheit versagt.

Beth hatte Angst Karl zu verlieren. Sie überwand ihre Scheu und bat ihn, mit dem Finger nachzuhelfen. Doch seine Hand war hart. Sie wagte nicht, ihn zu korrigieren. er hatte doch so viel mehr Erfahrung als sie. Sie begann Lust zu spielen. Sie bewegte sich wild, stöhnte, als triebe die Ekstase sie, stimulierte sich heimlich selbst. Sie stellte sich vor zu Masturbieren. Sie gewöhnte sich an den Schmerz, den Karl ihr verursachte, wenn er in sie eindrang. Sie verfluchte sich selbst und ihren störrischen Charakter, und irgendwann verwuchsen Schmerz und Lust in eines.

Die Beziehung war gerettet. Karl fasste wieder Vertrauen in ihre Liebe.

Aufenthalt bei Mutter

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