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Come Sunday Sonntag, 25. November 2007
ОглавлениеDer Eiserne Steg: Die im 19. Jahrhundert erbaute Fußgängerbrücke spannte sich über den Main und verband so das Zentrum der Stadt mit dem Museumsufer und mit Sachsenhausen – dem bei den Nouveaux Riches der Stadt beliebten Wohnviertel. Und so schoben sich Touristen durch den Sonnenschein über die Brücke, mit Kinderwagen bewaffnete Mütter pflügten durch die Menge – auf dem Heimweg vom Latte Macchiato-Brunch mit ihren Freundinnen. Der eine oder andere versprengte Anzugträger eilte entweder zum Bankenviertel – oder in die heimatliche Wohnung.
Susanne saß auf dem Geländer der Bücke, mit dem Rücken an einen der Stahlträger gelehnt. Das Wasser des Mains glitzerte. Katharinas Schwester hatte sich eine Strähne ihres langen schwarzen Haars neongrün gefärbt – ihre Form jugendlicher Rebellion. Sie trug ein altes T-Shirt und eine kunstvoll-löcherige Jeans. Ihre Sonnenbrille hatte sie lässig ins Haar geschoben.
»So, so. Du hast also Marianne Aschhoff kennengelernt.« Susanne kicherte.
»Du kennst sie auch?«
»Klar. In ihrem Café habe ich meinen Schatz getroffen. Hab ich dir doch geschrieben.«
Richtig. Susanne hatte ihren Verlobten kennengelernt, als sie ihre Eltern in einen Jazzclub begleitete. Ihr Vater mochte Jazz über alles.
Susanne lehnte sich vor: »Geht's dir gut, Katharina?«
»Ach, wie man's nimmt. Eigentlich schon.«
»Du hast einen Mann kennengelernt?«
»Du meinst Doktor Amendt?«
»Mein Gott, wie förmlich.« Susanne ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen: »Doktor Amendt.«
»Wir arbeiten zusammen. Er ist Rechtsmediziner.«
»Ja, und?«
»Nichts und!«
»Ach? Meine tapfere kleine Polizistenschwester ist ein Feigling?«
»Bin ich nicht!«
»Feigling. Feigling«, summte Susanne vor sich hin. Katharina schwieg. Ihre Schwester schloss die Augen und ließ sich das Gesicht von der Sonne bescheinen. »Und Laura? Wie kommt ihr zurecht? – Kinder sind klasse, nicht wahr? – Du solltest übrigens mal kurz aufwachen und nach ihr sehen. Irgendwas stimmt nicht. Bis später, Schwesterherz.«
***
Katharina schreckte aus dem Schlaf hoch. Ihr Blick fiel auf die Uhr. Kurz nach drei. Was hatte Susanne gesagt? Irgendetwas mit Laura stimmte nicht? Katharina stand auf, schlich vorsichtig zum Gästezimmer und öffnete leise die Tür.
Laura saß auf ihrem Bett und weinte.
»Was ist denn, Liebes?«
Laura fiel Katharina um den Hals und weinte noch heftiger.
»Mama war hier«, stieß das Mädchen schniefend hervor. »Hat mir vorgelesen. – Und dann war sie weg.«
»Du hast geträumt, Laura.«
»Nein. Mama war hier! – Guck mal, das Buch.«
Laura deutete auf den Boden. Dort lag das große Märchenbuch, das Katharina aus Lauras Zimmer mitgebracht hatte. Das Kind musste es im Traum vom Nachttisch gestoßen haben.
»Ist Mama jetzt ein Geist?«
»Du hast geträumt, Laura. Ich hab dir doch gesagt, manchmal kommen die Toten uns besuchen, wenn wir schlafen.«
»Und wenn wir wach sind? Kommen sie dann?«
Was sollte sie nur antworten? Katharina schüttelte traurig den Kopf.
Laura begann wieder leise zu weinen. Katharina spürt die Tränen durch ihr T-Shirt sickern. Wie konnte sie Laura nur trösten? Was hätte Susanne gemacht? Susanne hätte …
»Magst du mit bei mir im Bett schlafen, Laura?«
***
Der Sonntag begann trüb, grau und regnerisch. Katharina hatte tief und traumlos geschlafen, bis Laura sie geweckt hatte. Jetzt saßen sie am Küchentisch, tranken Kakao und sahen aus dem Fenster. Eigentlich ein Tag, um im Bett zu bleiben, schlechte Fernsehserien zu sehen und Schokolade zu essen.
Doch Katharina war unruhig. Sie wusste nicht genau, was sie machen sollte, aber es behagte ihr nicht, untätig zu Hause herumzusitzen.
Vielleicht sollte sie mit dem Kind irgendetwas unternehmen. Nur was? Museum? Kino? Einfach spazieren zu gehen war bei dem Wetter wohl nicht drin.
Katharinas Blick fiel auf das Navigationssystem, das immer noch verpackt neben der Obstschale stand. Sie hatte eine Idee: »Laura? Hast du schon mal zugesehen, wenn ein Auto repariert wird?«
Laura schüttelte neugierig den Kopf.
»Sollen wir mit Morris in eine Werkstatt fahren?«, fragte Katharina.
»Ist Morris denn kaputt?«
»Nein, aber er könnte einen Ölwechsel vertragen.«
»Ölwechsel, Ölwechsel.« Das Wort schien Laura zu gefallen. »Oh ja.«
***
Henry Mörichs Tankstelle mit angeschlossener Werkstatt lag an einer einsamen Landstraße kurz hinter Enkheim. Mörichs Frau betrieb ein kleines Hotel auf dem gleichen Grundstück. Kein sehr erfolgreiches Geschäft, doch die beiden kamen zurecht. Katharina wusste auch, warum. Gelegentlich frisierte Mörich geklaute Autos, und das Hotel war unter Eingeweihten ein bekannter Treffpunkt für Dinge, die man lieber mit gebotener Diskretion erledigte.
Henry Mörich lehnte hinter der Theke des kleinen Ladengeschäfts und rauchte. Automatisch fuhr seine Hand unter den Tresen, als Katharina hereinkam. Dort gab es einen Knopf für stummen Alarm, der Besucher des Hotels vor unliebsamen Überraschungen warnte.
»Entspann dich, Henry. Ich bin privat hier. Morris braucht mal wieder einen Ölwechsel.«
»Schon klar.« Henry warf ihr den Werkstattschlüssel zu.
»Außerdem brauche ich vielleicht deine Hilfe.«
Henry seufzte.
»Nicht, was du denkst. Ich will ein Navigationssystem in Morris einbauen. Und endlich auch die Zentralverriegelung.«
»Na, wenn's weiter nichts ist.« Wenn Katharina Hilfe brauchte, war das manchmal nicht ganz ungefährlich und oft nicht ganz legal. Besonders, wenn sie auf Henrys Können im Umgang mit Schließvorrichtungen aller Art angewiesen war.
Er kam um den Tresen herum. Jetzt erst sah er Laura, die sich wieder hinter Katharina zurückgezogen hatte. »Du bist sicher Laura, oder?« Henry reichte dem Mädchen seine schwielige Hand.
Katharina schmunzelte: »Neuigkeiten reisen schnell, nicht wahr?«
»Hans und Lutz waren gestern hier. Kurtz hatte drüben ...«, er deutete mit dem Kopf in Richtung Hotel, »... eine geschäftliche Besprechung mit ein paar Russen. Kroppzeuch. Und dumm wie Stroh. Hans und Lutz haben Wanzen an ihren Autos angebracht.«
Die Russen. Das Sammelwort ihres Patenonkels für alles, was an organisierter Kriminalität aus dem Osten nach Deutschland schwappte. Bisher hatten Kurtz und seine Mitstreiter sie gut in Schach halten können. Katharina hoffte, dass es so blieb.
»Haben Hans und Lutz noch was erzählt?«
»Lutz nicht.« Henry und Katharina lachten. Lutz' Einsilbigkeit war legendär. »Aber Hans. Irgendwas von einem Top-Secret-Beschattungsauftrag. Lutz hat ihn aber gebremst, bevor er mehr ausplaudern konnte.«
Deshalb waren die beiden also im Supermarkt gewesen.
»Hat er gesagt, um wen es geht?«
Henry schüttelte den Kopf: »Nee. Nur dass es wahnsinnig wichtig ist. Muss es ja auch wohl. Sonst würde Kurtz wohl kaum Hans und Lutz beauftragen.«
Katharina schüttelte grinsend den Kopf: »Caluha besorgen.«
»Was?«
»Ach nichts. Nur ein Gedanke.«
***
Katharina arbeitete gern in der kleinen, gut eingerichteten Werkstatt. Hier hatte sie Morris restauriert. Als sie ihn fand, war er wenig mehr als ein Schrotthaufen gewesen. Jetzt war er fast im Originalzustand – mit ein paar Zugeständnissen an die Moderne. Henry hatte ihr geholfen, den starken Motor noch weiter zu tunen und das Fahrwerk anzupassen. Jetzt hatte der kleine Wagen über hundertfünfzig PS und hielt auch die schärfsten Kurven aus.
Katharina fuhr Morris auf die Hebebühne. Währenddessen fragte Henry Laura, ob sie vielleicht seine Kaninchen sehen wolle. Doch Laura wollte lieber Katharina zuschauen.
»Wenn ich’s nicht besser wüsste, würde ich sagen: ganz die Mutter.« Henry duckte sich rasch, als Katharina einen Schraubenschlüssel nach ihm warf.
***
Irgendwann hatte Laura sich die Kaninchen doch noch angesehen. Dann war sie in ihren Gummistiefelchen durch die Wiesen um die Werkstatt gestapft und hatte einen interessant glänzenden Stein gefunden, den sie sorgfältig polierte.
Der Einbau von Navigationssystem und Zentralverriegelung hatte länger gedauert, als Katharina gedacht hatte. Morris, ein Auto der Sechziger, schien moderne Elektronik als Fremdkörper zu betrachten, die es abzustoßen galt. Aber zuletzt hatten sie und Henry das Unmögliche doch noch vollbracht. Es war zwar Freistil-Elektrik, aber es funktionierte. Selbst die Blinker leuchteten kurz auf, wenn man auf die Fernbedienung der Zentralverriegelung drückte.
Auf der Rückfahrt staunte Laura über die kluge Frau aus dem Navigationscomputer, die so genau wusste, wie sie fahren mussten. Und Katharina fragte sich, wer um alles in der Welt aber auch wirklich jeden Feldweg in das Kartenmaterial eingespeist hatte. Sie war sich ganz sicher, gleich in einer Schlammgrube zu versinken, während die Stimme des Navigationssystems hämisch lachte. Doch, welch Wunder, sie waren schneller zu Hause als gedacht.
***
Müde, hungrig und durchgefroren stapften sie die Treppe nach oben. Auf dem Absatz vor Katharinas Wohnungstür saß Andreas Amendt. Laura freute sich, ihren großen Freund zu sehen, aber Katharina wusste nicht recht, was sie mit diesem unverhofften Besuch anfangen sollte. Trotzdem bat sie Amendt hinein und forderte ihn auf, sich in der Küche erst mal einen Kaffee zu nehmen, während sie Laura in ein heißes Bad verfrachtete. Nachdem sie dem Mädchen das Versprechen abgenommen hatte, sofort nach ihr zu rufen, wenn irgendetwas war, ging sie in die Küche.
Andreas Amendt saß am Küchentisch, über eine Tasse gebeugt. Eine zweite wartete dampfend auf Katharina. Sie tranken, ohne zu reden.
Endlich brach der Arzt das Schweigen: »Ich brauche Ihre Hilfe.«
Er legte einen Aktendeckel vor sie hin. »Das sind die Autopsie-Berichte von Alexandra Taboch.«
Katharina konnte den Namen nicht sofort einordnen. Andreas Amendt half ihr auf die Sprünge: »Ich war gerade dabei, ihre Tochter zu füttern, als Sie mich am Freitag auf der Säuglingsstation besucht haben.«
»Ist das …?«
»Ja, wegen dieses Falls bin ich suspendiert worden.«
In dem Aktendeckel fanden sich zwei Autopsie-Berichte. Einer von Andreas Amendt, der andere von Professor Gerhardt Metzel, dem Leiter der Rechtsmedizin. Auf den ersten Blick schienen beide das Gleiche auszusagen: Alexandra Taboch war an den Komplikationen eines Kaiserschnitts gestorben. Eine Arterie war durchtrennt worden, der ausführende Chirurg hatte vor der Wahl gestanden, Mutter oder Kind zu retten. Er hatte sich für das Kind entschieden. Die Mutter war noch auf dem OP-Tisch verblutet.
Doch beide Berichte kamen zu ganz unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Professor Metzel sprach in warmen Worten von einem tragischen Unglücksfall und einer schwierigen Entscheidung für den Chirurgen, den höchstens eine geringe Mitschuld träfe.
Dr. Amendts Bericht kam zu einem ganz anderen Schluss. »Es liegt hier ein massives Versagen ärztlicher Kunst vor, so grob und unwahrscheinlich, dass zumindest kriminalpolizeilich zu überprüfen ist, ob nicht ein vorsätzliches Tötungsdelikt vorliegt«, las Katharina halblaut vor. Sie schaute auf. »Sind Sie sicher?«
Andreas Amendt nickte zornig: »Absolut. Die Verletzung des Blutgefäßes wäre ja noch denkbar, auch wenn sich Henthen dann um mindestens einen Zentimeter vertan haben muss.«
»Ein Zentimeter ist nicht viel.«
»Für einen Chirurgen schon. Außerdem wären Mutter und Kind zu retten gewesen. Wenn Henthen rechtzeitig reagiert hätte.«
»Hat er es vielleicht nicht bemerkt?«
»Dann hätte er eine Blutfontäne übersehen müssen.«
»Aber warum sollte ein Arzt so etwas tun?«
»Ich weiß es nicht. Aber Henthen traue ich alles zu.«
»Wenn doch so ein massiver Fehler vorlag: wieso dann der andere Bericht?«
»Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Professor Doktor Henthen ist das Hätschelkind der Uniklinik. Der Star. So einer macht keine Fehler. Und einen Mord begeht er schon gar nicht.«
»Mord? Aber was sollte das Motiv sein?«
»Wenn ich das wüsste, wäre ich weiter.« Andreas Amendt starrte in seine Tasse und schwieg. Endlich blickte er wieder auf. »Helfen Sie mir?«
Katharina spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Wie kam sie zu dieser Ehre? Fast war sie dankbar, dass es in diesem Augenblick aus dem Badezimmer laut polterte. Sie stürzte hin.
Laura saß auf dem Boden vor der Wanne. Sie musste versucht haben, selbst hinauszuklettern. Dabei hatte sie nach einem Handtuch gegriffen, um sich festzuhalten. Leider lag das Handtuch nur lose über einem Hocker, der umgestürzt war.
Katharina lief zu Laura, die sich ihr Knie rieb, und warf ihr ein Handtuch um. »Du solltest doch rufen, wenn du raus willst. Hast du dir wehgetan?«
»Nur ein bisschen«, sagte Laura beschämt.
»Lass mal sehen.« Das Knie war ein wenig rot, aber nicht aufgeschürft. Und Laura konnte das Bein bewegen, ohne dass es ihr wehtat. Das war noch mal gut gegangen. Kinder konnte man eben nicht alleine lassen.
Sie half Laura auf, nachdem sie dreimal auf das Knie gepustet hatte. Das hatte Susanne auch immer gemacht, wenn Katharina sich gestoßen hatte. Dann half sie dem Mädchen beim Anziehen.
Hand in Hand gingen sie in die Küche zurück.
»Essen wir jetzt was?«, fragte Laura neugierig.
»Tja, nur was?« Katharinas Magen meldete sich auch.
»Kochen ist Männerarbeit.« Andreas Amendt stand auf und nahm eine Schürze, die seit Katharinas Einzug ungenutzt an einem Haken an der Küchentür hing.
***
»Lernt man das als Arzt? Kochen?«, fragte Laura. Sie hatte das Essen für »superduperlecker« befunden.
»Nein, Kochen habe ich von einer alten Freundin gelernt. Marianne, weißt du?«
Laura nickte. »Klar. Die mit dem Vogel.«
Andreas Amendt biss sich auf die Unterlippe: »Ja, so kann man das ausdrücken.«
»Beeindruckende Frau«, sagte Katharina.
»Oh ja. Ein bisschen verrückt. Aber beeindruckend. – Ich bin bei ihr aufgewachsen.«
»Und Sie haben eine Platte mit ihr aufgenommen?«
»Ja. Marianne hat mir nie ganz verziehen, dass ich nicht Profimusiker geworden bin.«
»Wollten Sie das denn?«
»Es war eine Option. Doch als ich dann die ganzen kleinen Clubs gesehen habe … Gitarristen gibt es wie Sand am Meer. Marianne hat wohl eingesehen, dass meine Entscheidung vernünftiger war. Aber richtig begriffen hat sie es bis heute nicht. – Und Sie? Wollten Sie immer Polizistin werden?«
»Nur als Kind. Da wollte ich immer Detektivin werden. Aber später dann Ärztin. Chirurgin.«
Andreas Amendt sah sie über den Rand seines Weinglases an: »Ich kann nur wiederholen, was ich Ihnen schon gesagt habe: Sie wären eine gute Ärztin geworden.«
Katharina zuckte mit den Schultern: »Vielleicht.«
***
Später brachte Katharina Andreas Amendt die Treppe hinunter zur Haustür. Er hatte sich schon verabschiedet und war auf die Straße hinausgetreten, als Katharina ihn noch einmal aufhielt: »Ach ja, ich helfe Ihnen. Ich weiß zwar noch nicht wie, aber ich helfe Ihnen.«
»Danke.« Andreas Amendt hauchte Katharina einen Kuss auf die Wange. Dann war er in der Dunkelheit verschwunden.
Katharina spürte den Kuss noch, als sie wieder vor ihrer Wohnung stand.
Laura erwartete sie in der Tür. »Warum ist denn der Andreas nicht dageblieben?«
»Er musste doch nach Hause, Schatz. Komm, Zeit, ins Bett zu gehen.« Laura folgte Katharina ins Gästezimmer und setzte sich auf die Bettkante.
»Hm«, machte sie. Und noch einmal: »Hm.«
»Was ist?« Katharina setzte sich neben sie.
»Ist der Andreas nicht dein Freund?«
Katharinas Wangen fingen an zu glühen. »Nein«, sagte sie rasch.
»Schade.« Laura dachte angestrengt nach. »Hast du denn einen Freund?«
Das ging wirklich zu weit. »Nein!«
»Hm«, sagte Laura wieder. »Hm.« Doch sie schien ihre Gedanken für sich behalten zu wollen.
Endlich hielt Katharina es nicht mehr aus: »Was ist, Laura?«
»Warum hast du denn keinen Freund?«
»Weißt du …« Tja. Warum? »Ich denke, ich habe wohl den Richtigen noch nicht gefunden.« Das klang doch gut, oder?
Lauras Stirn lag in Falten: »Magst du Frauen lieber?«
»Was?« Jetzt fing die kleine Kröte auch noch damit an.
»Tante Sandra mag Frauen lieber«, erklärte Laura und fuhr belehrend fort: »Das ist aber völlig normal! Und nicht schlimm!«
Katharina musste wider Willen lächeln. »Nein. Das ist wirklich nicht schlimm.«
»Und?« – »Und was?« – »Magst du Frauen lieber?«
Katharina wusste nicht, ob sie stöhnen oder lachen sollte. »Nein, ich mag Männer lieber.«
»Echt?« – »Ja, echt!« Katharina fand, das war ein gutes Schlusswort für die Diskussion ihres Liebeslebens.
Laura war anderer Meinung: »Aber du hast keinen Freund?«
»Nein. Das hab ich doch schon gesagt.« In Sachen Verhör konnte sogar Polanski noch etwas von Laura lernen.
»Magst du den Andreas?«
Katharinas Magen wusste nicht, ob er angenehm kribbeln oder sich zusammenziehen sollte. Nach einer Pause sagte sie, so leicht es ihr möglich war: »Ja, ich mag ihn.«
»Er mag dich auch!« Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Laura präsentierte der Verdächtigen die Beweise.
Katharinas Wangen brannten, besonders an der Stelle, die Andreas Amendts Lippen berührt hatten. »Ja. Ich glaube schon.«
»Warum ist er dann nicht dein Freund?« – Gestehen Sie, Angeklagte!
Katharina sagte streng: »Ab ins Bett, Laura.«
***