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9. Dokumente der Römischen Kurie

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Die Päpste und ihre Ratgeber haben mit Hilfe von offiziellen Dokumenten immer wieder in die Entwicklung der franziskanischen Bewegung eingegriffen. Da die päpstlichen Bullen legislatorische Kraft besaßen, haben sie den Verlauf der Geschichte des Franziskanertums entscheidend geprägt. Letztlich haben sie alle mehr oder weniger zu seiner Domestizierung und Verkirchlichung beigetragen, d.h. sie haben die offenen und verborgenen revolutionären Elemente des Franziskanertums eliminiert, um es schließlich zu einem ganz normalen katholischen Orden, wie alle anderen, zu machen. Ja noch mehr: die Päpste konnten sich in der Folgezeit gerade der Franziskaner als eines besonders geeigneten Instrumentes der Mehrung ihrer politischen Macht bedienen.

Die die Minderbrüder betreffenden Dokumente der Römischen Kurie sind gesammelt in dem Bullarium Franciscanum, dessen vier ersten Bände von J.H. SBARALEA (Rom 1759–1768) herausgegeben wurden.156 Die Arbeit wurde erst gut ein Jahrhundert später fortgesetzt von C. EUBEL mit den Bänden 5–7 (1898–1904) und einem Nachtragsband (Epitome: Quaracchi 1908).

Der erste bedeutungsvolle Schritt in die von uns oben angedeutete Richtung war die Bulle »Cum secundum« des Papstes Honorius III. vom 22. September 1220.157 Durch sie wird eine einjährige Probezeit (Noviziat) der Aufnahme in den Orden vorgeschaltet. Einmal aufgenommene Professen können den Orden nicht mehr verlassen, dürfen auch von keinem anderen Orden aufgenommen werden. Das Ordenskleid darf nur von Brüdern innerhalb der Ordensdisziplin getragen werden, nicht von anderen herumziehenden Bettelmönchen oder Wanderpredigern.

Derselbe Papst hat in der auf den 29. November 1223 datierten Bulle »Solet annuere«158 die endgültige Ordensregel (Regula bullata) im Wortlaut bestätigt. An der Ausarbeitung hatte der Kardinal Hugolino maßgeblichen Anteil. Mit dieser Bulle wurde die Regel der Minderbrüder Bestandteil der kirchlichen Gesetzgebung wie die kanonischen Regeln der seit langem bestehenden Orden.

Weitere Bullen, die noch zu Lebzeiten des Franziskus von der Kurie ausgehen, erlauben den Minderbrüdern die Feier von Messe und Offizium in ihren eigenen Oratorien und beauftragen sie mit der Mission unter den Sarazenen.159

Nach dem Tode des Franziskus ordnet der Papst Gregor IX. in mehreren offiziellen Schreiben den Kultus des neuen Heiligen. Schon am 29. April 1228 regt er den Bau der Grabeskirche in Assisi an.160 In der Bulle »Is qui Ecclesiam« vom 22. April 1230 wird die auf dem »Paradieshügel« errichtete Kirche zur »Haupt- und Mutterkirche« des Ordens erhoben und unmittelbar dem Heiligen Stuhl unterstellt.161 Die schon am 16. Juli 1228 erfolgte Heiligsprechung hatte der Papst in der Bulle »Mira circa nos« (19. Juli 1228) offiziell dokumentiert.162

Der wohl entscheidendste und folgenschwerste Eingriff in die Entwicklung des Franziskanertums überhaupt ist die Bulle »Quo elongati« Gregors IX. vom 28. September 1230.163 In ihr wird das Testament des Franziskus jeglicher rechtlichen Verbindlichkeit entkleidet und als rein privates Schriftstück hingestellt. Das absolute Verbot gemeinschaftlichen Besitzes der Minderbrüder und das Geldverbot werden faktisch unterlaufen und ausgehöhlt.

Angesichts wachsender Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen im Orden im Verlauf des 13. Jahrhunderts folgen weitere Regelerklärungen der Päpste, alle zweifellos in eklatantem Widerspruch zu dem Willen des Stifters. Die wichtigsten davon sind: »Ordinem vestrum« Innocenz’ IV. (14. November 1245),164 »Ordinem vestrum« Alexanders IV. (20. Februar 1257),165 »Exiit qui seminat« Nikolaus’ III. (14. August 1279).166 In diesem zuletzt genannten Dokument wurde, im Sinne der radikaleren Richtung des Ordens, festgehalten, daß die kollektive Armut des Ordens der Lehre und dem Beispiel Christi genau entspreche. Deshalb beriefen sich die »Spiritualen« in der Folgezeit immer wieder auf »Exiit qui seminat«.

Die Regelerklärungen der Päpste im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts gingen jedoch einen anderen Weg und führten schließlich zum Ausschluß nicht nur der Spiritualen, sondern auch der übrigen Anhänger der strengeren Armutsauffassung aus Orden und Kirche. Entscheidende Schritte hierin sind die Bullen »Exivi de Paradiso« Clemens’ V. (6. Mai 1312),167 »Quia nonnumquam« Johannes’ XXII. (26. März 1322),168 und von demselben Papst: »Ad conditorem canonum« (8. Dezember 1322),169 »Cum inter nonnullos« (12. November 1323).170 In der zuletzt genannten Bulle erklärt der Papst den Kern der franziskanischen Armutsauffassung, nämlich daß Christus und die Apostel weder privaten noch gemeinsamen Besitz gehabt hätten, für häretisch.

Franziskus von Assisi

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