Читать книгу Immer Ärger mit den Dämonen! Gruselroman Großband 3 Romane 9/2021 - Hendrik M. Bekker - Страница 18

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Valera sah irritiert zu der alten Frau.

„Er wird kommen“, sagte sie. „Er ist bereits unterwegs. Er hat mich gespürt und fühlte sich bedroht. Allerdings werde ich ihm kaum Widerstand leisten können.“ Sie hob entschuldigend die Hände. „Ich eigne mich nicht mehr sehr für den Kampf gegen einen Dämon.“

„Sie haben mich hergelockt. Sie haben sich mir gezeigt und dann absichtlich versteckt.“

„Das ist richtig.“

In diesem Moment riss eine Pranke das Kunststofffenster an der Seite des Wohnwagens heraus. Ein roter Dämon sprang herein, griff nach Madame Pytia und schien überrascht durch Valeras Anwesenheit. Möglicherweise hatte er Valera wegen ihrer magischen Fähigkeiten nicht wahrgenommen.

Diese zögerte nicht und wirkte einen Zauberspruch. Sie versetzte sich in eine Sphäre, in der die Zeit schneller verlief. Um sie herum begann sich dagegen alles in Zeitlupe zu bewegen. Der Dämon drehte unendlich langsam den Kopf in ihre Richtung, während sie aufstand und Madame Pytia aus seinem Umfeld zog. Seine Hände würden nun ins Leere greifen. Zusätzlich versuchte sie, ihn so zu drehen, dass er sich das Genick brechen würde.

In dem Augenblick, als sie ihn berührte, passierte etwas Unvorhergesehenes: Er wechselte in ihre Zeitebene und schlug ihr kräftig ins Gesicht. Valera taumelte in dem engen Wohnwagen rückwärts und brach den Zauber ab. Madame Pytia war in Sicherheit, doch der Dämon landete sicher auf der Stelle, an der sie soeben noch gesessen hatte. Valera sprang auf und wollte nach einem dicken Wälzer greifen, um ihm dem Dämon entgegenzuschleudern, doch er war schneller. Er griff sie und warf sie so fest gegen die Tür des Wohnwagens, dass diese aus den Angeln riss.

Valera landete krachend auf dem Rücken im Dreck. Sie kam auf die Beine, als der Dämon sie ansprang und mit seinen Händen niederdrückte.

In diesem Augenblick krachten Schüsse. Zähes, rotes Blut tropfte auf Valera. Ruckartig drehte der Dämon seinen Kopf in die Richtung, aus der geschossen worden war. In seiner Schulter war ein großes Loch, wo ihn die Silberkugel verbrannt hatte. Er knurrte.

Joe Gemmer lief mit gezückter Pistole heran. Er hielt inne, um einen sicheren Stand zu haben und schießen zu können. Diese Sekunde nutzte der Dämon und sprang aus dem Stand auf einen der Wohnwagen. Blitzschnell verschwand er in der Dämmerung.

„Lera“, rief Joe besorgt und half ihr auf. Er musterte sie. „Geht’s dir gut?“

„Alles in Ordnung“, sagte sie und umarmte ihn. „Nur etwas ... wackelig auf den Beinen. Er hat mich überrascht.“ Sie erklärte ihm, was geschehen war.

„Das heißt, Sie haben Valera als menschlichen Schutzschild gebraucht“, stellte Joe wütend an Madame Pytia gewandt fest, die gerade aus dem zerstörten Eingang ihres Wohnwagens trat. Joseph Blidakutz war herbeigeeilt, stand dort und reichte ihr eine Hand und half ihr hinaus.

Die alte Frau hatte ihren Raben, den sie Munin nannte, auf der Schulter sitzen. Das Tier wirkte auf Joe widernatürlich, mit einem viel zu intelligenten Auge.

„Das ist richtig. Ich wusste mir nicht anders zu helfen“, stellte sie fest. „Es tut mir leid.“

„Und wo ist nun Roxanne?“, fragte Joseph an die alte Frau gewandt. „Wenn du etwas siehst, sag es! Oleg und ich finden sie und töten dieses ... Ding.“

„Das wirst du nicht, Joseph“, sagte die alte Frau und blickte den Zigeuneranführer auf eine Weise an, die unmissverständlich als Befehl galt. Der ältere Mann machte einen unzufrieden Eindruck, nahm aber den Befehl der Frau gelassen hin, wie Joe feststellte. Sie schien seinen Respekt zu besitzen.

„Was nun?“, fragte Joe an Valera gewandt. „Wenn Madame Pytia den Dämon nicht sehen kann und er eine Geisel hat, was tun wir?“

„Wir stellen ihm eine Falle“, stellte Valera klar. „Er ist an ihr interessiert, wie er auch an mir interessiert sein dürfte.“

„Wieso?“, fragte Joe, doch er ahnte die Antwort bereits.

„Weil er einen Magier braucht. Ich bin nicht ganz sicher, wieso. Vielleicht für ein Blutritual? Roxanne ist, wurde mir gesagt, schwach magisch begabt. Es ist also möglich, dass sie für den Zauber, den er vorhat, nicht ausreicht. Vielleicht will er auch seine volle Macht entfesseln. Hast du die Zeichen auf seiner Haut gesehen?“

„Ja.“

„Ich denke, das sind Bannsprüche. Sie müssen entfernt werden, wenn er volle Macht erlangen will. Nur durch diese Bannsprüche konnte man ihn vielleicht überhaupt gefangen nehmen. Für das Entfernen solcher mächtigen Bannsprüche braucht er Blutmagie.“

Joe kratzte sich am Kinn. „Das gefällt mir nicht“, sagte er. Er hatte seine Waffe wieder in das Unterarmholster gesteckt, das sich unter seiner Jacke verbarg. „Du willst dich als Köder anbieten.“

„Was ist mit Roxanne?“, fragte nun Joseph Blidakutz, der seltsam kleinlaut geworden war. „Denkt ihr, sie ist noch am Leben?“

Hilflos sah er von Madame Pytia zu Valera.

„Ich denke, ja“, sagte Madame Pytia und streichelte den Vogel auf ihrer Schulter. „Er hat gedacht, mit mir und ihr sein Ritual zu begehen. Doch sie“, sie nickte zu Valera, „ist stark für zwei. Ich glaube, dass ihr ihm eine Falle stellen könnt.“

„Sollten Sie nicht wissen, wie es ausgeht —als Seherin?“, fragte Joe leicht sarkastisch.

Valera schüttelte den Kopf, doch Madame Pytia antwortete. „Nein, ich sehe nur Wahrscheinliches. Manches ist vollkommen ungewiss. Ich kann es Ihnen nicht besser erklären, weil Sie und ich dann über unterschiedliche Erfahrungswelten reden würden. Wie könnte ich einem Blinden erklären, welche Farben wie aussehen?“

Joe seufzte, nickte aber. „Gut, belassen wir es dabei.“ Er sah zu Valera. „Was braucht ihr?“

Sie überlegte kurz. „Ich denke, wir brauchen einen abgelegenen Ort. Er muss sich an mich herantrauen. Und ...“, setzte sie an und berührte ihr Top, auf dem lauter Blutspritzer des Dämons waren. Sie legte die Stirn in Falten und schien nachzudenken. „Oder“, flüsterte sie und sah nachdenklich zu Joe, „wir suchen ihn.“

„Wie das?“

„Ich kann einen Zauber weben, der ihn ausfindig macht“, erklärte sie ganz aufgeregt. „Ich habe sein Blut, das ist quasi die mächtigste Essenz für Magie auf der Welt, Joe!“

„Kann ich euch helfen?“, fragte nun Joseph Blidakutz. „Ich ... entschuldige mich für mein schroffes Verhalten. Sagen wir besser mal du. Ihr beide scheint nicht zum ersten Mal mit so etwas ... so etwas zu tun zu haben.“

Valera schüttelte den Kopf. „Nein, aber kannst du uns einen Wohnwagen überlassen? Ich brauche eine Zeit lang einen Ort, wo wir ungestört sind. Komplett ungestört.“

„Aber natürlich“, stimmte Joseph zu. Er überließ ihnen einen der Wohnwagen, die keinerlei Inneneinrichtung hatten. Hier wurde bei den Fahrten normalerweise Ausrüstung aufbewahrt. Joseph selbst musste sich verabschieden, sein Auftritt stand kurz bevor. Es behagte ihm nicht, nun aufzutreten, doch Madame Pytia nahm ihn mit sich und redete beruhigend auf ihn ein. Sie versicherte ihm, dass diese beiden die Richtigen für die Aufgabe waren.

Valera und Joe setzten sich in dem leeren Wohnwagen auf den Boden. Sie kreuzte die Beine, schloss die Augen und begann einen Singsang in einer Sprache, die Joe nicht verstand.

Er vertraute der Hexe bedingungslos, auch wenn er nicht alles über ihre Vergangenheit wusste. Sie stand seit mehr als drei Jahren im Kampf gegen das Böse an seiner Seite. Was für ihn zählte, war das Hier und Jetzt.

Joe zog seine mit Silberkugeln geladene Pistole aus dem Unterarmholster und entsicherte sie. Er sah fasziniert zu, wie sich Valeras Mund bewegte und die Formel immer schneller aufsagte. Diese rothäutige Kreatur hatte voraussichtlich Jacques LaCroix getötet. Es war möglich, dass Valeras Suchzauber das Biest auf sie aufmerksam machte. Dafür wollte er bereit sein.

Auf einmal verstummte Valera. Ihr Mund blieb dabei ein wenig offen stehen. Sie legte den Kopf schief. „Da ... oh Nein!“, fluchte sie und öffnete die Augen.

„Was?“, fragte Joe und sprang auf die Beine. Er half ihr hoch. Sie sah sich etwas desorientiert um. „Ich hab ihn gesehen! Ich hab ihn ... berührt, weißt du? Ich weiß, wo er ist, und er will töten!“

Sie verließen den Wohnwagen und setzten sich ins Auto. Valera schloss erneut die Augen.

„Fahr, ich lotse dich“, sagte sie. Joe diskutierte nicht lange, sondern machte, was sie von ihm verlangte.

Sie hielt die Augen geschlossen, legte immer wieder den Kopf in die eine oder andere Richtung und schien auf etwas zu lauschen, das Joe nicht hören konnte.

„Bieg bei nächster Gelegenheit rechts ab“, murmelte sie. Sie hatten die Stadt hinter sich gelassen. Hier war es eher ländlich, einzelne Bauernhöfe standen weit voneinander entfernt.

Auf einmal riss Valera die Augen auf und deutete aus dem Seitenfenster zu einem alten Bauernhof.

„Dort!“, sagte sie. Dann sackte sie in sich zusammen. Joe fuhr rechts an den Straßenrand und fühlte nach Valeras Puls.

„Lera?“, flüsterte er sanft und strich ihr über die Wange. Sie hatte einen regelmäßigen Puls, schien aber bewusstlos zu sein. „Lera.“

Sie öffnete die Augen, ihre Augenlider flatterten.

„Ich, muss ... das war ... anstrengender als gedacht“, murmelte sie. Er nickte, kramte eine Wasserflasche aus dem Handschuhfach und gab sie ihr. Sie hielt sich regelrecht daran fest.

„Ich bin gleich wieder so weit“, flüsterte sie.

„Ist gut. Ich gehe rein, okay? Du kippst mir gleich wieder um. Das kann ich jetzt nicht gebrauchen.“

„Ist gut“, flüsterte sie. „Aber ... beeil dich. Er will die Frau ... Er will sie töten.“

Joe nickte, zog seine Waffe und stieg aus. Das Haus lag nur noch ein Dutzend Meter entfernt in der Dunkelheit vor ihm. Die Sichel des Mondes spendete schwaches Licht.

Er trat vorsichtig an eines der Fenster heran und sah hinein. Im Haus war es dunkel. Einige der Fenster im Erdgeschoss waren zerstört. Wie schiefe Zähne ragten die verbliebenen Splitter in grotesken Formen heraus.

Der Raum, den er sah, war voller Graffitis. Jemand hatte sich hier verewigt. Es roch unangenehm. Joe zog vorsichtig seine kleine Taschenlampe und ließ deren Strahl durch den Raum wandern. Er entdeckte ein blutiges Bündel nicht weit vom Fenster.

Joe sah sich um, konnte den Dämon aber nicht entdecken. Also öffnete das Fenster und kletterte hinein.

Er trat an das Bündel heran und schob es mit dem Lauf seiner Pistole ein wenig zur Seite.

Es war eine menschliche Leiche. Sie war entstellt, ganze Stücke waren aus ihr herausgerissen worden. Der Kleidung nach handelte es sich nicht Roxanne, sondern um einen Mann. Manche Körperreste ließen auf einen Mann um die um die Vierzig schließen. Vielleicht ein Obdachloser, der sich hier eingenistet hatte, überlegte Joe.

Im oberen Stockwerk war ein spitzer Frauenschrei zu hören. Joe riss seine Waffe hoch und rannte mit der Pistole im Anschlag hinauf.

Am Ende der kurzen Treppe lag ein Flur. Hinter der ersten, offen stehenden Tür sah Joe im Schein seiner Taschenlampe den kleinen roten Dämon. Dieser saß gerade auf einer Frau, die an eine Heizung gefesselt war. Der Dämon wirbelte herum, blinzelte in den Schein der Lampe. Er sprang auf Joe zu und sofort schoss der Ordensritter. Jahre des Trainings gewannen die Oberhand. Drei Schüsse krachten in die Brust des Dämons, der schlug mit seinem Gewicht gegen Joe und riss ihn von den Füßen. Blut lief über ihn. Der Dämon zuckte und wand sich, griff nach Joes Hals.

Joe zog das Knie hoch und rammte es dem Dämon gegen das Kinn, was diesen Blut spucken ließ, aber er löste den Griff um Joes Hals.

Nun nutzte er das angezogene Knie, um den Dämon von sich herunterzudrücken.

Kaum war er weit genug entfernt von der Kreatur, hob er erneut die Waffe und schoss.

Eine Kugel schlug zischend und funkensprühend in den Kopf des Dämons ein, der zuckte und sich dann nicht mehr regte.

Joe stand auf und trat zu der gefesselten Frau.

Sie sah ihn mit geweiteten Augen an, entsetzt und kurz davor zu schreien.

„Ich bin Joe Gemmer, Sie müssen Roxanne sein, richtig?“

Die Frau nickte ängstlich. „Ist er tot?“, fragte sie dann.

Gemmer nickte. „So ist es.“

In diesem Moment begann der Körper des toten Dämons zu brennen. Flammen züngelten aus ihm hervor und breiteten sich schnell aus.

Joe sah keine Möglichkeit, diesem magischen Feuer etwas entgegenzusetzen, band Roxanne rasch los und brachte sie hinunter zum Wagen. Valera war inzwischen wieder fit und kam ihnen entgegen.

„Ist er ...?“, fragte sie und Joe nickte.

Bevor er ein weiteres Wort sagen konnte, explodierte das Obergeschoss regelrecht in einer meterhohen Feuerzunge. Trümmerteile des Hauses flogen umher.

„Los, ins Auto“, befahl Joe. Sobald alle saßen, trat er das Gaspedal durch und sie fuhren zurück zu den Blidakutz’.

Dort war gerade die große Show zu Ende gegangen und das Publikum marschierte in großen und kleinen Gruppen zurück zu ihren Autos.

Sie fanden Joseph Blidakutz, wie er im großen Zelt stand und Anweisungen gab. Als er Roxanne sah, rannte er auf sie zu und nahm sie in die Arme.

„Oh, meine Kleine“, sagte er. „Geht es dir gut?“

„Ja, alles ist gut“, erwiderte sie und lachte befreit. Valera hatte ihr eine Jacke gegeben, die ihr beschädigtes Oberteil verbarg. „Dank diesen beiden“, fügte sie hinzu.

Joseph Blidakutz sah die Vampirjäger an. „Kommt in meinen Wohnwagen. Ich lade euch zum Essen ein, dann könnt ihr alles erzählen.“

Sie wurden von Josephs Frau fürstlich bewirtet und berichteten, was geschehen war. Natürlich war vieles davon für den Anführer der Blidakutz-Sippe unfassbar, aber nachdem er den rothäutigen Dämon mit eigenen Augen gesehen hatte, zweifelte er nicht an den Worten.

Joe und Valera wurden sogar vor ihrer Abreise von ihm zu Mitgliedern der Familie ehrenhalber ernannt. Die beiden nahmen dieses Geschenk dankbar an und reisten am nächsten Morgen früh zu einem weiteren Auftrag ab — nicht ahnend, dass dieser noch nicht abgeschlossen war ...


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