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Jacques LaCroix saß erwartungsvoll auf dem Stuhl im Großen Saal des Alten Rathauses von Gent. Alle Museumsmitarbeiter, die Zeit hatten, waren hier zu einer Generalversammlung zusammengekommen.

Er hatte keine Ahnung, was jetzt kommen würde. Dr. Fred Prettchet trat an das erhöhte Rednerpult. Der Saal verstummte augenblicklich.

Dr. Prettchet stand einen Augenblick schweigend am Pult und blickte in den Saal.

Er seufzte und blinzelte ein paarmal.

„Es freut mich sehr, dass Sie alle gekommen sind. Ich will gar nicht lange um mein eigentliches Anliegen herumreden. Bevor Sie es in der Presse lesen: Ich bin zurückgetreten. Nach Ende dieser Woche werde ich meinen Resturlaub nehmen und dann nicht wiederkommen. Sie alle können sich denken, wieso es so weit gekommen ist, und ich will das auch nicht weiter kommentieren. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“

Es traf Jacques LaCroix wie ein Schlag. Er mochte Dr. Prettchet und zudem war dieser erst seit einem Jahr der neue Museumsleiter. Doch der politische Hickhack in Gent hatte ihn aufgerieben. Die Stadtverwaltung und einige Politiker gaben sich alle Mühe, auf die Arbeit des Museums einzuwirken. Nicht dass dort jemand sonderlich Ahnung davon gehabt hätte, doch wollte jeder, dass sein Vorschlag für eine Ausstellung genommen wurde – egal, ob der Ausstellungsvorschlag schlicht und einfach langweilig war. Denn wenn er angenommen wurde, konnte das jeweilige Ratsmitglied in das Mikrofon blöken, dass es seine Idee gewesen war in der Hoffnung, man erkannte in ihm den Tausendsassa, für den er sich hielt. Jacques war froh darum, den Job nicht zu haben. Je weiter man nach oben kam, desto mehr glich sich jeder Beruf. Es ging nur noch um den Kampf gegen die Bürokraten – fantasielose Menschen, die nur erfassen konnten, wofür es ein Formular gab. Es war kein Wunder, dass sich Dinge in der Welt nur langsam änderten. Denn sofern es kein Formular für etwas gab, wie sollte ein Beamter dann reagieren?

Getuschel wurde laut, als Dr. Prettchet den Raum verließ. Einige waren froh, andere wütend.

Jacques verschwand unauffällig aus dem Raum und zog sich ins Depot zurück. Es wartete Arbeit auf ihn und die Häme einiger Kollegen widerte ihn an. Gerade jene, die sowieso nie in Frage kommen würden, so eine Einrichtung zu leiten, geiferten am meisten.

Jacques’ Arbeit bestand aktuell im Aufarbeiten der ethnologischen Sammlung der Naturforschenden Gesellschaft zu Gent. Diese konnte sich nicht leisten, ihre Bestände auszustellen oder wenigstens angemessen zu archivieren. Also half das Stadtmuseum dabei aus und durfte dafür einige Objekte ausstellen. Es war einiges dabei – viele Händler in der Geschichte Gents hatten alles Mögliche von ihren Reisen mitgebracht – von chinesischem Porzellan des 17. Jahrhunderts bis hin zu afrikanischen Speeren der Namaa oder auch indianischen Friedenspfeifen. Hier lag ein Sammelsurium, über das sich viele Museen freuen würden, wenn sie die Objekte überhaupt fanden. Denn ohne Kataloge wusste ja niemand, dass es so etwas gab, und dann konnte es auch nicht ausgestellt werden.

Der nächste Gegenstand, den er aus der modrigen Kiste nahm, war eine Kanne. Genaugenommen eine antike Öllampe, aber sie erinnerte ihn eher an eine Kanne. Sie war aus Kupfer und ziemlich angelaufen. Dazu gehörte ein Ständer, mit dem man die Kanne über einer Ölflamme fixieren konnte. Die Kanne war mit arabischen Schriftzeichen verziert.

„Hmmm“, brummte Jacques LaCroix. Er griff sich ein Wörterbuch, das er bereits parat gelegt hatte. Die Zeichen entstammten dem persischen Arabisch. Sie waren mindestens einhundert Jahre alt. Genau würde das schwer zu bestimmen sein – Schriftsprachen verrieten das Alter oft nur durch Kleinigkeiten. Manchmal änderten sich Schreibweisen oder ein Wort ersetzte nach und nach ein anderes. So etwas geschah schleichend. Er murmelte leise die Worte vor sich hin, während er sie abschrieb.

Plötzlich begannen die Zeichen zu leuchten. Beinahe hätte er die Kanne fallen lassen! Er rückte seine Brille zurecht. Die Zeichen leuchteten tatsächlich!

Auf einmal erzitterte die Kanne, wie von einer fremden Macht ergriffen, und wurde ihm aus der Hand gerissen. Sie zerbarst vor seinen Augen und schleuderte ihn zwei Meter nach hinten. Er krachte hart mit seinem Stuhl auf den Boden und alle Luft wurde aus seiner Lunge gedrückt.

Als er sich mühevoll aufrichtete, saß ein Wesen auf seinem Tisch, wie er es noch nie gesehen hatte.

Es hatte spitze Ohren und eine kräftig rote Haut. Das Wesen war nur einen Meter groß, aber hatte muskulöse Arme und Beine. Der Körper der Kreatur war nackt, haarlos und mit dunklen Zeichen übersät. Unwillkürlich registrierte Jacques, dass die Zeichen auf seiner Haut eine ältere Sprache war, kein Arabisch – vielleicht Akkadisch? Er war sich nicht sicher. Die Kreatur sah ihn mit einem bösen Lächeln an, das sich mit Neugier in den kalten bernsteinfarbenen Augen abwechselte.

Die Gestalt sagte etwas, das er nicht verstand. Erneut sprach sie, doch er schüttelte den Kopf. LaCroix fühlte sich wie gelähmt.

„Ich verstehe dich nicht“, sagte er mit zittriger Stimme. Mehrmals schluckte er und musste neu Ansetzen um die Worte über die Lippen zu bringen. Die Kreatur seufzte und sprang auf seine Brust. Ihr Gewicht drückte ihn nieder.

Dann presste sie ihre Stirn auf die seine.

„Es macht nichts, dass du mich nicht verstehst. Ich kann aus deinem Geist alles holen, was nötig ist“, vernahm er fremde Gedanken in seinen eigenen! Jacques schrie, als ein Schmerz, wie er ihn noch nie empfunden hatte, seinen Schädel durchzuckte. Die Welt versank für ihn in Schmerzen.


Immer Ärger mit den Dämonen! Gruselroman Großband 3 Romane 9/2021

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