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Einwände und Zweifel
ОглавлениеIm Rahmen der Eröffnung des neuen Etrusker-Flügels des Metropolitan Museum of Art wurden 1933 alle drei Statuen zusammen ausgestellt. Dabei kam es zu ersten Zweifelsbekundungen seitens der zu dem festlichen Anlass eingeladenen italienischen Experten. Zudem erfuhr der aus Italien stammende und in New York ansässige Kunsthändler Piero Vito Tozzi (1882–1974) durch eine Publikation von dem Ankauf der Stücke und informierte Richter, dass es sich dabei um Erzeugnisse von einem bekannten Fälschertrio, dem Bildhauer Alfredo Fioravanti sowie den beiden als Goldschmiede tätigen Brüdern Pio und Alfonso Riccardi, handle. Richters Nachforschungen in Bezug auf Fioravanti liefen jedoch, in Ermangelung geeigneter Quellen und Kontakte, ins Leere, was sie als Zeichen sah, dass der vorgebrachte Verdacht unbegründet sei, woraufhin sie mit einer gewissen Erleichterung 1937 einen schmalen Band innerhalb der Reihe der Metropolitan Museum of Art Papers veröffentlichte. Darin werden die drei Statuen eingehend vorgestellt, besprochen und in einem Beitrag von Charles F. Binns, dem Direktor der „New York State School of Clay-Working and Ceramics at the Alfred University“, in Bezug auf ihre Technik gewürdigt.
Eben diese Technik geriet aber nach dem Zweiten Weltkrieg in das Kreuzfeuer der Kritik von Experten. Der italienische Restaurator und Experte Giuseppe „Pico“ Cellini sprach den drei Statuen, als er sie in New York sah, jeden Zusammenhang mit echter etruskischer Kunst ab, da der Ton, aus dem sie gemacht sind, viel zu dick sei. Da er mit einer Tochter der Riccardi-Brüder verlobt gewesen war und die beiden Bildhauer persönlich kennengelernt hatte, wusste er die Fälschungen auch ihren Urhebern zuzuordnen. Seine Hinweise wurden allerdings entstellt wiedergegeben. Cellini hatte davon gesprochen, dass die Wände der Skulpturen verdächtigerweise „dick wie Perroni-Bierflaschen“ seien, was zu der Aussage verzerrt wurde, der Ton der Figuren enthalte „gemahlene Perroni-Bierflaschen“, sodass seinem Urteil weniger Gewicht beigemessen wurde. Der italienische Etrusker-Spezialist Cagiano de Azevedo lehnte sogar eine Besichtigung der Figuren ab, als er 1959 eine Führung durch das Museum von Richters Nachfolger Dietrich von Bothmer erhielt: „Wie kann ich“, fragte er, „wenn ich den Mann kenne, der sie gemacht hat?“
Angesichts dieser geballten Ablehnung, beschloss man am Metropolitan Museum, den Vorwürfen nachzugehen und beauftragte von Bothmer mit der Überprüfung der Figuren. In gewisser Weise kam es dabei zu einer ähnlichen Teambildung wie 1937, als Richter ihre stilkritischen Überlegungen gemeinsam mit Binns technischen Untersuchungen veröffentlichte, denn parallel zu den Nachforschungen von Bothmers befasste sich auch Joseph V. Noble, der Verwalter des Museums, mit den verdächtigen Objekten. Da er selber aus Interesse Vasen nach etruskischem Vorbild anfertigte, war er in deren Herstellungstechnik bewandert. Er reichte daher Proben der Glasur der verdächtigen Figuren bei einem Labor zur Analyse ein und erhielt die Auskunft, dass sich darin Mangandioxid befinde, das jedoch von den Etruskern gar nicht verwendet worden sein konnte, da es ihnen unbekannt war.
Weitere Experten wiesen nun auf eine ganze Anzahl von Unstimmigkeiten hin, die von Richter und Binns in ihrer Studie zwar auch bereits festgestellt worden waren, ihnen jedoch offenbar mehr Anlass zum Staunen denn für Skepsis gegeben hatten. So schienen die Figuren in einem Ofen gebrannt worden zu sein, der eine extrem regelmäßige Temperatur aufgewiesen haben musste. Angesichts des Umstands, dass der Ofen zudem von beträchtlicher Größe hätte sein müssen, um die Figuren beziehungsweise ihre Teile zu brennen, erschien es für die etruskische Technik als geradezu unmöglich, angesichts solcher Dimensionen eine konstante Temperatur von 960 Grad aufrechtzuerhalten. Binns, der sich ebenfalls selbst als Töpfer betätigte, hatte in seinem Beitrag zu Richters Studie 1937 geschrieben, dass die etruskischen Skulpteure ihr Feuer wohl über Monate hatten brennen lassen, um eine solch regelmäßige Temperatur zu erzielen, und er hatte über deren damit offenbar bereits erzielten Fortschritt gestaunt.