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2 Themenfeld I

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Trotz aller Abweichungen bzgl. der inhaltlichen und formalen Gestaltung sind die zwischen 1993 und 1998 erschienenen Texte des Themenfeldes I arbeitshypothetisch als – im Verlauf der Untersuchung näher zu analysierende – Suchbewegungen der handelnden Figuren zu bezeichnen. Dies wird in drei Fällen – in jeweils unterschiedlicher Art und Weise – bereits durch die Titel der Romane signalisiert: Atlantique (1993) evoziert, als den amerikanischen und europäischen Kontinent miteinander verbindender und voneinander scheidender Ozean, eine Menschen zusammenführende Brücke, aber auch einen sie verschlingenden tiefen Abgrund. Le Désir d’Équateur (1995) benennt ein konkretes Ziel und insinuiert zugleich, dass dieses Ziel möglicherweise gar nicht angesteuert oder zumindest nicht erreicht wird. Voyage à Saint-Thomas (1998) kündigt eine konkrete Handlung an, ohne ihren Ausgangspunkt zu benennen. Mariane Klinger (1996) hingegen fokussiert das Leserinteresse eindeutig auf eine einzige Person, ohne deren singuläres Schicksal anzudeuten.

Erzähltechnisch hebt sich Le Désir d’Équateur durch eine autodiegetische Erzählinstanz und eine assoziative, durch die „stream of consciousness“-Technik inspirierte Erzählweise von den drei anderen Texten ab, die von einer heterodiegetischen Erzählinstanz präsentiert werden. Anders als Mariane Klinger folgt Atlantique keiner chronologisch-linearen Darstellungsform, vielmehr werden Vordergrund- und Hintergrundhandlung konsequent miteinander verschränkt und vereinzelt surrealistisch gefärbte Erzähltechniken verwandt.

Die werkbezogenen, leitfragenorientierten Analysen der Funktionen von Raum und Bewegung setzen exemplarische Schwerpunkte, berücksichtigen aber alle bzgl. des methodischen Ansatzes (in abgewandelter Form) die in B 1.2 vorgestellte, von A. Nünning vorgeschlagene Differenzierung zwischen einer paradigmatischen und einer (jeweils neu definierten) syntagmatischen und perspektivierenden Achse.1 Die Erzählmodi werden nur insoweit in die Betrachtung einbezogen, als dies im Hinblick auf das zentrale Thema der Untersuchung zu vertieften Erkenntnissen führt.

Dass Voyage à Saint-Thomas als letzter der innerhalb des Themenfeldes I erschienenen Romane einer umfassenderen Analyse unterzogen wird, obwohl die Autorin ihn offensichtlich nicht mehr besonders schätzt,2 hat folgende Gründe: Die Hauptfigur Agathe und die dem Text zugrunde liegende „histoire“ spiegeln, in ungleich stärkerem Maße als die zum Teil konstruiert wirkenden Charaktere und „Geschichten“ der drei anderen Texte, einen zwar auf den ersten Blick mitunter banal und sentimental anmutenden, aber insgesamt realistischen Ausschnitt der Alltagswirklichkeit wider. Die Protagonistin verkörpert die Suchbewegungen einer auf die Erfüllung ihrer Liebe hoffenden Frau durchaus wirklichkeitsnahe, da die Erzählstimme die weitgehend aus der Perspektive Agathes dargebotene „histoire“ mit ihren Bezügen zu den semantischen Feldern „Reise“ und „Unterwegssein“ in einer für das Lesepublikum unmittelbar und leicht nachvollziehbaren Weise erzählt. Auf diese Weise wird deutlich, dass menschliches Denken, Sprechen und Handeln nicht nur in durch besondere Bedingungen geprägten Konstellationen, sondern auch in keineswegs singulären bzw. außergewöhnlichen Auseinandersetzungen und Konflikten durch räumliche Faktoren beeinflusst wird. Aus diesem Grunde ist eine ausführliche Textanalyse gerechtfertigt, durch die im Übrigen nachgewiesen wird, dass die Trivialität der Handlung in Voyage à Saint-Thomas durch eine durchaus anspruchsvolle Erzählweise kompensiert wird.

Das Erzählwerk Cécile Wajsbrots

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