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XV SÄMIGE MUSCHELSUPPE

ES WAR schon ziemlich spät am Abend, als die kleine Moss behaglich anlegte, von wo aus Queequeg und ich an Land gingen; so spät, dass wir keine weiteren Geschäfte an diesem Tage unternehmen konnten, außer vielleicht zu einem Abendessen und in ein Bett zu kommen. Der Wirt des Gasthofs “Zum Speier” hatte uns an seinen Cousin Hosea Hussey von den “Try-Pots333” empfohlen, von dem er behauptete, dass er der Besitzer eines der bestgeführten Hotels auf Nantucket sei; weiterhin behauptete er, dass Vetter Hosea, wie er ihn nannte, für seine Fischsuppen berühmt sei. In Kürze, er hatte uns anschaulich umschrieben, dass wir praktisch nichts Besseres tun konnten, als die Überraschungen aus den “Try-Pots” zu versuchen. Allerdings waren die Anweisungen bezüglich der Richtungen, die wir einzuschlagen hatten, recht merkwürdig und lauteten in etwa: Behaltet das gelbe Lagerhaus auf der Steuerbordseite334, bis sich euch auf der Backbordseite335 eine weiße Kirche offenbart, diese ebenfalls auf der Backbordseite halten, bis wir drei Strich336 Steuerbord eine Ecke ausmachen würden; das vollbracht, sollten wir den ersten Menschen, den wir anträfen, erst einmal fragen, wo sich denn wohl der Ort befände, den wir suchten. Diese von ihm geäußerten krummen Richtungsangaben verwirrten uns zu Anfang sehr, besonders in dem Augenblick, als Queequeg darauf drang, dass die gelbe Lagerhalle - der erste Punkt nach unserem Auslaufen - auf der Backbordseite liegen muss, wohingegen ich Peter Coffin dahingehend verstanden hatte, dass es auf der Steuerbordseite sein müsse. Dennoch kamen wir durch einiges Herumklopfen im Dunklen, da und dort bei auch noch bei einem friedlichen Einwohner anklopfend, um nach dem Weg zu fragen, dann endlich zu einer Örtlichkeit, die keinerlei Verwechslungen mehr zuließ.


Abbildung 28: Auskochtöpfe Töpfe, die an Bord eines Walfängers auf gemauerten Öfen, dem sog. Auskochwerk, hinter dem Fockmast, angebracht waren, und zum Auslassen des Öls aus dem Walspeck dienten. Ein Wasserreservoir unter den Ofenziegeln verhinderte ein Anbrennen des Holzes. (Gemeinfrei) (W)

Zwei enorme, schwarz angestrichene, hölzerne Töpfe waren mit ihren Eselsohren337 an der Quersaling eines alten Toppmasts angehängt. Die Hörner der Saling338 waren auf der anderen Seite abgesägt worden, sodass dieser alte Toppmast nicht wenig nach einem Galgen aussah.


Abbildung 29: Quersaling am Toppmast (Gemeinfrei) (W)

Vielleicht war ich damals gegenüber solchen Eindrücken überempfindlich, aber ich konnte nicht anders, als diesen Galgen mit einem vagen Misstrauen zu betrachten. Ich bekam einen Anflug von steifem Hals, als ich auf die verbliebenen zwei Stengenenden blickte, jawohl, zwei von ihnen, eins für Queequeg und eins für mich. Es ist unheilvoll, dacht’ ich bei mir. Ein Coffin ist mein Gastwirt bei meinem ersten Eintreffen in einem Walfanghafen; Grabsteine, die mich in der Kapelle der Walmänner anstarren; und hier, ein Galgen! Und auch noch ein Paar bedrohlicher Töpfe dazu! Sind diese Letzteren eine schräge Andeutung, die mit Tophet339 in Berührung kommt?

Aus diesen Reflexionen wurde ich durch den Anblick einer in ein gelbes Kleid gewandeten, sommersprossigen Frau mit blonden Haaren gerissen, die im Windfang des Gasthofs unter einer dort schwingenden trüben roten Lampe stand, welche ihrerseits mehr an ein verletztes Auge gemahnte, und die mit einem Mann, der ein rotes Wollhemd anhatte, ein heftiges Gezeter austrug.

"Verschwinde bloß, du," sagte sie zu dem Mann, "oder ich kämm' dich!"

"Los komm, Queequeg," meinte ich, “alles in Ordnung. Das da ist Mrs. Hussey."

Und so stellte sich dann heraus, dass Mr. Hussey zwar außer Haus beschäftigt war, aber seiner sachkundigen Frau alle Vollmachten zur Fortführung seiner Geschäfte überlassen hatte. Auf die Bekanntmachung unserer Wünsche nach einem Abendessen und einem Bett führte sie uns, das Schelten bis auf Weiteres verschiebend, in einen kleinen Raum, setzte uns an einen Tisch, der noch mit den Überresten einer bereits vergangenen Mahlzeit bedeckt war, drehte sich zu uns um und sagte - "Muschel oder Kabeljau?"

"Was war das mit dem Kabeljau, Ma'am? fragte ich mit äußerster Höflichkeit.

"Muschel oder Kabeljau?" erwiderte sie.

"Eine Muschel zum Abendbrot? Eine kalte Muschel; ists das, was ihr meint, Mrs. Hussey?" sag ich; "ist mir dies doch eine recht klamme und feuchte340 Begrüßung in dieser Winterszeit, nicht wahr, Mrs. Hussey?"

Da sie aber in großer Eile war, das Beschimpfen des Mannes im roten Hemd fortzusetzen, welcher brav im Eingang auf selbiges wartete, und weil sie offensichtlich außer dem Wort Muschel nichts verstanden hatte, huschte sie zu einer geöffneten Tür, die zur Küche führte, röhrte "Muschel für zwei" hinein, und verschwand.

"Queequeg," sagte ich, "meinst du, dass wir aus einer Muschel ein Abendessen für uns beide machen können?"

Indessen trug der warme, herzhafte Duft aus der Küche doch sehr dazu bei, die trostlosen Aussichten, die vor uns lagen, zu widerlegen. Und als dann die dampfende Muschelsuppe endlich kam, wurde das Geheimnis auf die köstlichste Weise gelüftet. Oh, liebste Freunde! Horchet meiner. Sie war aus kleinen, saftigen Muscheln gemacht, kaum größer als Haselnüsse, mit gestoßenem Schiffszwieback341 vermischt, und mit gepökeltem Schweinefleisch, das in kleine Flocken gezupft worden war; das Ganze durch viel Butter bereichert und reichlich mit Pfeffer und Salz gewürzt. Unser Hunger, der durch die frostige Reise geschärft worden war, und ganz besonders Queequeg, der sich seinem Lieblings-Fischgericht gegenüber sah, dazu noch die absolut überragende, sämige Muschelsuppe selbst bewirkten, dass wir ihr in gewaltiger Geschwindigkeit Genüge taten: und als ich mich dann einen Augenblick zurücklehnte und mich über Mrs. Hussey's Muschel und Kabeljau Ankündigung bedachte, kam mir der Gedanke, hier doch einmal ein kleines Experiment auszuprobieren. Ich lief also zur Küchentür, gab das Wort "Kabeljau" mit großem Nachdruck von mir und kehrte zu meinem Platz zurück. Während Kurzem erschienen die würzigen Düfte wieder, diesmal mit einem wenig anderen Geruch, und binnen kürzester Zeit wurde ein prächtiger Kabeljaueintopf vor uns hingesetzt.

Wir nahmen also die Arbeit wieder auf; und während unsere Löffel in der Schale hantierten, dachte ich so bei mir, ob dies hier wohl Auswirkungen auf das Hirn haben möchte? Wie ging noch gleich dieses veralbernde Sprichwort über Suppenköpfe? "Aber sieh' doch mal da Queequeg, ist das nicht ein lebendiger Aal in deiner Schale? Wo hast du nur deine Harpune?"

Fischigster von allen fischigen Plätzen waren diese “Try-Pots”, die ihren Namen wohl verdienten; denn in den Töpfen brodelte zu allen Tageszeiten sämige Fischsuppen. Dicke Fischsuppe zum Frühstück, und zu Mittag Fischsuppe, und auch zum Abendbrot Fischeintopf, solange, bis du anfängst nachzuschauen, ob dir nicht Gräten durch die Kleidung stechen. Der Platz vor dem Haus war mit Muschelschalen gepflastert. Mrs. Hussey trug eine Kette aus polierten Kabeljauwirbelknochen; und Mr. Hussey hatte seine Rechnungsbücher in feinstes, altes Haifischleder gebunden. Selbst die Milch hatte einen leicht fischigen Hauch, was ich mir kaum erklären konnte, bis ich eines Morgens auf einem Spaziergang am Strand entlang bei ein paar Fischerbooten Hosea Husseys Kuh sehe, wie sie Fischabfälle frisst und auf dem Sand weitermarschiert, jeder Huf steckte im abgeschnittenen Kopf eines Kabeljaus, was aber nun ausgesprochen schlampig aussah, das kann ich euch versichern.

Nach Beendigung des Abendessens erhielten wir eine Lampe und Anweisungen von Mrs. Hussey, wie unser Bett am schnellsten zu erreichen sei; als aber Queequeg auf der Stiege mir vorangehen wollte, streckte die Dame ihren Arm aus und verlangte seine Harpune; sie erlaube keine Harpunen in den Zimmern. "Wieso nicht?" sagte ich, "jeder wahre Walmann schläft bei seiner Harpune - also warum nicht?" "Weil's gefährlich is," sagt sie. "Seitdem der junge Stiggs, als er von seiner unsel'gen Reis' z'rück war, wo er für viere und'n halb’s Jahr draußen war, mit nur drei Fässern Öille, tot in meinem Hinterzimmer im ersten Stock gefunden worden iss, mit seiner Harpune in seine Seite; seitdemme erlaube ich koinem Kostgänger nich, sonne gefehrliche Waffen des Nachts in ihre Zimmas. Also Mr. Queequeg" (da, sie hatte seinen Namen gelernt), "Ich nehm' man nur diss Eisen dort, und werde es für euch bis zum Morgen aufbewahn. Jedoch wachtet, die Suppe; Muschel oder Kabeljau morgen zum Frühstück, Männa?"

"Beides," sag' ich; "und tischt uns doch zusätzlich zur Abwechslung mal ein paar geräucherte Heringe auf."

333 Try Pots: ein Gasthaus, das nach den großen Kesseln auf Walfangschiffen benannt ist, in denen das Öl aus dem Walspeck gewonnen wird. (M) Ein Auskochtopf (try pot) ist ein großer Topf zum Auslassen des Öls aus Walspeck und anderem tranigem Material, das von Walen, anderen Flossenfüßlern und auch Pinguinen gewonnen wurde. Sobald ein Wal gefangen und getötet war, begann der Vorgang des Abspeckens. Der rohe Walspeck wurde dann in die Auskochtöpfe verbracht, um darin das Öl zu extrahieren, das dann abgeschöpft und in Fässern an Bord gelagert wurde. Siehe Abbildung 28: Auskochtöpfe auf Seite 61. (W)

334 Steuerbord: rechts (da, wo bei ganz alten Schiffen (Wikingerschiff, z. B.). das Steuerruder war), grünes Leuchtsignal. Backbord: links, rote Signallampe (Eselsbrücke: B-rot) D. Ü.)

335 Backbord: ein archaischer Begriff für "Hafen", d. h. der Teil eines Schiffes, der sich links befindet, wenn man nach vorne schaut. (M)

336 Drei Strich: in nautischen Positionen, ein Winkel von 33 Grad und 45 Minuten von der Geraden aus. (M) Ein nautischer Strich entspricht dem 32. Teil eines Vollkreises, beträgt also 11,25°. Hier also ein Winkel von 33°45' von der Geraden. (W)

337 Eselsohren: ohrförmige Griffe. (M)

338 Saling: Schiffsbauerische Verbindung zweier Maststengen zum Abspreizen von Wanten. (D. Ü,) Siehe Abbildung 29: Quersaling am Toppmast auf Seite 62. (W)

339 Tophet: eine biblische Stadt, in der die Einwohner Kinder opferten, indem sie sie lebendig verbrannten. Auch die Hölle selbst. (M) siehe Fußnote 176 auf Seite 8 für (W):

340 hier macht Melville ein schönes Wortspiel, das nur im Original richtig wirkt: "A clam for supper, is that what you mean, Mrs. Hussey," says I, "but that's a rather cold and clammy reception in the winter time, ain't it, Mrs. Hussey?" Wobei “clam” Muschel bedeutet und “clammy” für klamm, feucht steht. (D. Ü.)

341 Schiffszwieback: ein Hartkeks, der nur aus Mehl und Wasser hergestellt wird. (M)

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