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XIX DER PROPHET

EINE STIMME sprach uns an: "Schiffskameraden, habt ihr euch auf diesem Schiffe eingeschifft?"

Queequeg und ich hatten gerade die Pequod verlassen und schlenderten fort vom Wasser, jeder von uns momentan seinen eigenen Gedanken nachhängend, als die obenerwähnten Worte durch einen Fremden an uns gerichtet wurden, welcher, vor uns innehaltend, seinen derben Zeigefinger auf das fragliche Schiff richtete. Er war recht schäbig gewandet mit seinem ausgeblichenen Jackett und geflickten Beinkleidern; der Lumpen eines schwarzen Schnupftuchs bekleidete seinen Hals. Zusammengewachsene Blatternnarben erstreckten sich über sein ganzes Gesicht und ließen es wie das kompliziert gerippte Bett eines Sturzbachs erscheinen, nachdem die reißenden Wasser versickert waren.

"Habt ihr euch hier eingeschifft?,” wiederholte er.

"Ich denke, ihr meint das Schiff Pequod," sagte ich und versuchte, etwas mehr Zeit für einen ungestörten Blick auf ihn zu gewinnen.

"Aye, die Pequod - das Schiff dort," sprach er, zog seinen gesamten Arm zurück, und schob ihn anschließend schnell von sich weg, wobei das feststehende Bajonett seines ausgestreckten Fingers voll auf das Objekt gestreckt wurde.

"Ja," sagte ich, "wir haben gerade die Papiere unterschrieben."

"War irgendwas dabei, was eure Seelen anging?"

"Unsere was, bitte?"

"Oh, vielleicht habt ihr ja gar keine," sagte er schnell. "Macht aber nichts, kenn' viele Typen, die keine haben, - viel Glück ihnen; und ohne sie sind weit besser dran. 'ne Seele ist so ‘ne Art fünftes Rad am Wagen."

"Was brabbelst du da, Schiffskamerad?" Fragte ich.

"Er aber hat genug, freilich, um solcherart Unzulänglichkeiten bei anderen Kerlen auszugleichen," sprach der Fremde schroff, wobei er eine nervöse Gewichtung in das Wort er legte.

"Queequeg," sagte ich, "lass uns gehen; dieser Kollege ist irgendwo ausgebrochen; er spricht über Sachen und Leute, die wir nicht kennen."

"Halt!" rief der Fremde. "Recht Ihr habt gesprochen - denn noch habt ihr Old Thunder nicht gesehen, oder?"

"Wer ist Old Thunder?" fragte ich, nun wiederum durch die kranke Ernsthaftigkeit seines Benehmens gefesselt.

"Kapitän Ahab."

"Wie, der Kapitän unseres Schiffes, der Pequod?"

"Aye, unter uns alten Seekameraden läuft er unter diesem Namen. Ihr habt ihn noch nicht gesehen, was?"

"Nein haben wir nicht. Sie sagen er wäre krank, aber auf dem Weg der Besserung, und würde in Kürze wieder voll einsatzfähig sein."

"In Kürze wieder voll einsatzfähig sein!" lachte der Fremde in einer mehr feierlich, spöttischen Art von Gelächter. "Schaut her; wenn Kapitän Ahab wieder wohlauf ist, dann ist auch mein linker Arm wohlauf; vorher nicht."

"Was wisst ihr über ihm?"

"Was haben sie euch über ihn erzählt? Sagt das!"

"Sie haben nicht viel über ihn gesagt; nur habe ich gehört, dass er ein guter Waljäger sei und seiner Mannschaft ein guter Kapitän."

"Das ist wahr, das ist wahr - ja, beides wahr genug. Aber ihr müsst springen, wenn er den Befehl gibt. Sprung und Knurren; Knurren und Laufen - das ist die Losung bei Kapitän Ahab. Aber nichts davon, was ihm vor langer Zeit vor Kap Hoorn passiert ist, wo er drei Tage und Nächte wie tot gelegen hat; nichts von dem tödlichen Handgemenge mit dem Spanier vor dem Altar in Santa? - nichts davon gehört, eh? Nichts von der silbernen Kalebasse auf die er gespuckt haben soll? Und nichts von dem Verlust seines Beines auf der letzten Reise, ganz der Prophezeiung folgend? Habt nichts von diesen Sachen und noch etwas mehr gehört, eh? Nein, ich glaub' nicht, dass ihr's gehört habt, wie solltet ihr auch? Wer weiß es denn? Nicht mal ganz Nantucket weiß es, denk' ich. Dennoch habt ihr vielleicht doch von seinem Bein reden hören, und wie er's verloren hat; aye, das habt ihr gehört, so will's mir scheinen. Oh, das weiß fast jeder - ich mein', ihr wisst, dass er nur ein Bein hat; und dass es ein Pottwal war, der ihm das and're abriss."

"Mein Freund," sagte ich, "ich weiß nicht, worum es bei diesem ganzen Geschwafel geht, und es ist mir auch herzlich egal; mir kommt's nämlich so vor, als wäret ihr am Kopf etwas beschädigt. Doch falls ihr von dem Kapitän Ahab dieses Schiffes, der Pequod sprecht, so kann ich euch versichern, dass ich alles über den Verlust seines Beines weiß."

"Alles darüber, eh - da seid ihr sicher? - Alles?"

"Ziemlich sicher."

Mit seinem ausgestreckten Finger und den zur Pequod erhobenen Augen hielt der bettlerähnliche Fremde für einen Moment inne, als befände er sich in einer sorgenschweren Entrücktheit; dann, ein wenig aufschreckend, drehte er sich um und sagte: - "Ihr habt euch eingeschifft. Nicht wahr? Namen aufs Papier geschrieben? Schön, schön, was unterschrieben ist, ist unterschrieben; und was geschehen soll, das geschieht; und dann auch wieder, vielleicht wirds dann später gar nicht sein. Wie auch immer, alles ist bereits festgelegt und arrangiert; der eine oder andere Seemann muss mit ihm gehen, schätz ich mal; genau wie alle anderen Männer, möge sich Gott ihrer erbarmen! Einen guten Morgen auch, Schiffskameraden, guten Morgen; und dass euch auch die unbeschreiblichen Himmel behüten mögen; tut mir leid, euch aufgehalten zu haben."

"Schaut einmal, mein Freund," sagte ich, "im Falle, dass ihr uns irgendetwas von Bedeutung mitzuteilen habt, nur 'raus damit; doch wenn ihr uns nur an der Nase 'rumführen wollt, habt ihr euch vertan; das ist alles, was ich dazu zu sagen habe."

"Und das ist sehr gut gesagt, ich höre es gern, wenn ein Mann so daher redet; ihr seid genau der richtige Mann für ihn - so einer wie ihr: Moin euch, Schiffskam'raden, moin! Oh! Wenn ihr losmacht, sagt ihnen, dass ich mich entschlossen hätt', keins von den ihren zu nehmen."

"Ah, bester Kollege, so könnt ihr uns nicht narren, nicht uns. Es ist die einfachste Sache der Welt, so zu tun als würde man das größte Geheimnis hüten."

"Guten Morgen euch, Schiffskam'raden, guten Morgen"

"Morgen ist es, - allerdings" sagte ich. "Komm weiter, Queequeg, und lass' uns diesen verrückten Menschen verlassen. Doch halt, würdet ihr uns vielleicht noch euren Namen sagen?"

"Elijah405."

Elijah, dachte ich bei mir, als wir gemeinsam fortgingen, jeder auf seine Weise diesen zerlumpten, alten Matrosen kommentierend, und dem zustimmte, dass er nichts als ein Schwindler sei, der versuchte ein Kinderschreck zu sein. Wir hatten aber vielleicht noch keine Hundert Yards406 zurückgelegt, und erblickte, als ich mich beim Einbiegen um eine Ecke zufällig umsah, obschon in einiger Entfernung, wen wohl anders als Elijah. Irgendwie rührte mich dieser Anblick des Hinterherlaufens an, sodass ich nichts über die Verfolgung zu Queequeg sagte, sondern mit meinem Gefährten sogar noch einen Schritt zulegte, neugierig, ob der Fremde die gleiche Abzweigung wie wir benutzen würde. So machte er es auch; und nun erschien es mir, als ob er uns tatsächlich verfolgte, jedoch mit welcher Absicht, war mir, bei meinem Leben, absolut schleierhaft. Dieser Umstand, verbunden mit seiner vieldeutigen, halb verbergenden und halb enthüllenden Redeweise erzeugte nun in mir alle möglichen nebulösen Verwunderungen und halben Befürchtungen, allesamt in Zusammenhang mit der Pequod; Kapitän Ahab; seinem verlorenen Bein; dem Anfall vor Kap Hoorn; und mit der silbernen Kalebasse; ebenso das, was Peleg am vergangenen Tag, als ich das Schiff verließ, über ihn erzählt hatte; sowie mit der Voraussage der Squaw Tistig; der Reise, welche zu machen wir uns schriftlich verpflichtet hatten; und hundert andere, schemenhafte Dinge.

Ich war nun aber entschlossen, mich davon zu überzeugen, ob dieser zerlumpte Elijah uns wirklich verfolgte oder nicht, überquerte aus diesem Grund mit Queequeg die Straße und wir gingen auf der anderen Seite wieder den gleichen Weg zurück. Aber Elijah ging weiter, scheinbar ohne uns wahrzunehmen. Das beruhigte mich; und ein für alle Male, wie es mir scheinen wollte, nannte ich ihn in meinem Herzen endgültig einen Schwindler.

405 Elijah: Elija, ein Prophet des Alten Testaments, der König Ahab davor warnte, dass es wegen Ahabs Götzendienst zu einer schweren Dürre kommen würde. (M) Elija oder Elia (auch Elias; hebräisch אליהו auch אליה ʾĒlijjâ; griechisch Ἠλίας Ēlías; arabisch إِلْيَاس ʾIlyās) war ein biblischer Prophet, der in der Zeit der Könige Ahab und Ahasja im zweiten Viertel des 9. Jahrhunderts v. Chr. im Nordreich Israel wirkte. Sein Name bedeutet "Mein Gott ist JHWH“. Nach dem 1. Buch der Könige stammt Elija aus Tischbe im Ostjordanland, das zum Nordreich Israel gehörte. Er wird daher als Tischbiter bezeichnet, das heißt, er gehört zu den Israeliten ohne Grundbesitz. Er gehörte also zu den ersten Benachteiligten des im 9. Jahrhundert v. Chr. in Israel entstandenen Großgrundbesitztums. In 1 Kön 17 EU wird Elija erstmals erwähnt als Prophet, der eine Dürre für das ganze Land ankündet. Da das Nordreich damals dem Baal von Tyrus diente, ist dies eine Kampfansage an diesen Gott, der als Herrscher über Regen und Fruchtbarkeit galt. Insgesamt soll die Dürre drei Jahre und sechs Monate gedauert haben (vgl. Jak 5,17 EU). (W)

406 Hundert Yards: das ist 91,44 m. (D. Ü.) Das Yard ist eine Einheit der Länge in vielen englischsprachigen Ländern, das dort zusätzlich zu den Längen-Einheiten des metrischen Internationalen Einheitensystems gebräuchlich und amtlich zugelassen ist. Es entspricht 3 Fuß und damit 36 Zoll bzw. ein wenig mehr als 0,9 Meter. Das englische Wort bedeutete ursprünglich Gerte (womit es sprachgeschichtlich verwandt ist), Zweig, Stock, Stab. (W)

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