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2.3. Gott gebraucht uns
ОглавлениеDie Erkenntnis geht über meine Funktion hinaus. Gott will und kann ohne mich nicht sein.
Aber er hat mit mir und Ihnen eben auch etwas vor. Er will und kann uns gebrauchen. Er will mich in seinen Dienst nehmen. Irgendwann habe ich begriffen, dass ich berufen bin, ein Bote Gottes zu sein, Brief Christi, Salz und Licht. Und natürlich hat das alles dann auch mit einer Funktion zu tun. Ich war angestellt bei den »funktionalen Diensten« unserer Landeskirche. Ich hatte eine Funktion: Als Prediger und Referent, als Organisator und Moderator, als Begleiter und Berater, als ... und für diese Funktion war ich (zumindest teilweise) auch ausgebildet und befähigt.
Es ist überaus schade, wenn sich Christen von Gott nicht in eine Funktion rufen lassen. Das ist so, als ob der Sohn aus dem Gleichnis (Lk. 15) zurück ist, nun jedoch keine Aufgabe auf dem Hof übernimmt, sondern faul herumsitzt oder immerzu nur ein Fest mit frischem Kalb vom Grill feiern möchte. Nein, er wird wieder mit anpacken. Er wird auf dem Hof seinen Platz finden, irgendwo zwischen den Knechten, dem Vater und seinem älteren Bruder. Er wird mitarbeiten.
Wenn ich mal die Namen jener durchgehe, die ich als Jugendliche gekannt und begleitet habe, so fällt mir etwas sehr Markantes auf. Jene, die sich engagiert haben und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gemeinde wurden, sind auffallend oft heute als Erwachsene noch dabei. Einige sind Kirchenvorsteher, andere leiten Gruppen und manche sind auch hauptamtlich Mitarbeitende geworden. Jene dagegen, die als junge Menschen teilnahmen, sich jedoch darüber hinaus nicht engagierten, sind größtenteils abgetaucht. Nein, sie sind nicht aus Gottes Herzen gelöscht! Dort trifft sie die ganze Sehnsucht des Vaters. Auch über ihren persönlichen Glauben maße ich mir nicht an, ein Urteil zu fällen. Aber viele von ihnen sind im Glauben vermutlich nicht aktiv. Sie leben nicht, was Gott ihnen zugedacht hat. Sie lassen sich von Gott nicht gebrauchen.
Für mich gehören der Glaube, die Berufung und die Mitarbeit unbedingt zusammen. Natürlich hüte ich mich dabei, »Mitarbeit« allzu eng auszulegen. Sie betrifft natürlich nicht nur die Mitarbeit in der Kirche. Auch ein Engagement in unseren Familien, in der Gesellschaft, für Bedürftige usw. kann mein Platz sein und meine ganze Zeit und Kraft erfordern.
Trotzdem spielt das Auf- und Abtauchen in kirchlichen Bezügen für mich eine Rolle bezüglich des Einsatzes für Gott, der uns gebrauchen will. Ich glaube, dass nicht der Einsatz »für die gute Sache« als solcher im Sinne Gottes ist, sondern der Einsatz für »seine Sache«. Christen sind herausgefordert, durch ihre Mitarbeit ein Zeichen für den Immanuel zu setzen. Es soll erkennbar werden, dass Gott mit uns Menschen ist. Gott will mich und Sie gebrauchen, damit Menschen zurückkommen ins »Vaterhaus«, damit sie sich Gottes Wirken wieder öffnen.
Damit dies funktionieren kann, brauche ich, im Bild des Gleichnisses vom verlorenen Sohn, die Umgebung des heimischen Hofes. Diesen kann ich dann auch immer wieder einmal verlassen. Vielleicht werde ich eines Tages vom Vater sogar zu den ehemaligen Kollegen bei den Schweinen gesandt, um ihnen zur Seite zu stehen und sie nach Hause zu begleiten. Aber dazu brauche ich die Unterstützung meines Bruders und meiner Schwester, ich brauche das Team zur Lösung meiner Aufgaben. Ich will mich gebrauchen lassen, bedarf aber immer wieder der Motivation zum Dienst. Auch auf Korrekturen oder die fachliche Unterstützung anderer Mitarbeiter kann ich nicht verzichten. Der »Hof«, also die Gemeinschaft der Söhne und Töchter meines Vaters ist deshalb wichtiger Bestandteil meiner Mitarbeit und Sendung.
Gott begabt
Gott gebraucht mich und uns! Das ist erst einmal toll.
Doch wehe, Funktion und Gabe passen nicht zusammen! Dann verliere ich die Lust, klappe irgendwann zusammen und gebe meine Funktion auf. Zuerst steige ich innerlich aus, dann auch äußerlich.
Mit Kirchenvorständen habe ich oft über Gemeindearbeit nachgedacht. Wie sie gestalten? Wer macht was? Welche Rolle haben Pastoren, welche die Ehrenamtlichen? Was tun und was lassen? Welche Veranstaltungen machen Sinn?
Immer wieder wurde deutlich: Nur wo jemand eine Funktion ausfüllt, die auch seinen Gaben entspricht, kann es klappen und sich entwickeln. Oder umgekehrt: Nur eine gabenorientierte Gemeindeentwicklung kann segensreich verlaufen. Oder noch krasser: Wenn es uns gelingt, die Begabungen in unserer Gemeinde, in den Familien und Gruppen zu entdecken und einzusetzen, und wenn wir der Begabung dann eine Funktion zuordnen – dann wird es richtig aufregend und geht voran.
Meinen Kollegen sage ich gerne, dass der Job der Hauptamtlichen nicht ist, alles zu machen. Sie sind nicht Spieler auf allen Positionen. Sondern sie sind Trainer. Oder, vielleicht besser, Spielführer. Ja, sie spielen selbst auch mit. Aber sie sollen vor allem die Gaben der Mitspieler entdecken und zum Einsatz bringen. Sie sollen den Ball abgeben und verteilen. Sie sollen den Überblick behalten und dafür sorgen, dass jeder und jede seinen Platz gemäß seiner oder ihrer Gabe findet.
Anders als im Fußball müssen dabei keineswegs alle Positionen besetzt sein. Wenn es mal keine Orgelmusik gibt, nicht schlimm. Wenn mal der Kindergottesdienst oder die Jungschar mangels Mitarbeiter ausgesetzt wird, nicht dramatisch. Selbst wenn der Gottesdienst mangels Mitarbeiter ausfallen muss, halte ich das nicht für schlimm. Wenn stattdessen gar ein exotisches Projekt geboren wird, eben weil jemand seine Gaben im Bereich Kunst oder Tanz oder beim Schrauben an Motorrädern einbringt, umso besser!
Es ist wirklich der Mühe wert, über eine gabenorientierte Gemeindearbeit nachzudenken.
Gerne erzähle ich auch ein Negativ-Beispiel: In Schweden warten wir auf den Bus, der uns zurück nach Deutschland bringen soll. Aus Langeweile nimmt eine Mitarbeiterin zwei Mandarinen und einen Stein und beginnt zu jonglieren. Dann gibt ihr jemand einen kleinen Ball. Sie kann mit vier Teilen jonglieren! Alle sind fasziniert und versuchen es selbst mit aufgesammelten Steinen. Die Langeweile ist vorbei! Und ich? – Ich bin sauer. Warum? Weil diese Mitarbeiterin ihre Gabe erst jetzt zeigt und erst jetzt weitergibt. Warum hat sie dies nicht gleich zu Beginn der Freizeit gemacht? Viele der Jugendlichen hätten jonglieren gelernt! Gabe und Funktion, aufeinander abgestimmt, bewegen wirklich viel!
Später werde ich noch mehr zu Gaben und Begabungen schreiben, da mir das Thema sehr wichtig geworden ist. Hier nur mal so viel: Gott beschenkt uns großzügig und bietet viele Möglichkeiten, unsere Gaben einzusetzen – auch deshalb brauche ich ihn.