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Der erste Schritt

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An jenem schicksalsträchtigen 19. Juni des Jahres 1971 n. Chr. hatte die Menschheit schon ein gutes Stück ihres langen und durchaus beschwerlichen Weges, landläufig als Evolution bezeichnet, hinter sich gebracht. Zwischen den ersten Faustkeilen und der Beherrschung des Feuers bis hin zu pervertierten atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen lagen Welten.

Die Spezies aufrecht gehender Zweibeiner – homo sapiens – hatte sich die Erde untertan gemacht und war im Begriff, ihre Heimat hemmungslos auszubeuten. Als gäbe es jederzeit Ersatz für den Planeten, im Supermarkt um die Ecke oder sonst wo. Späteren Geschichtsschreibern blieb es vorbehalten, darin die Auswüchse einer Konsum- und Wegwerfgesellschaft zu sehen, die jeglichen Respekt vor der Natur verloren hatte.

Andererseits gab es Menschen, die in klaren Nächten zu dem Myriadenheer funkelnder Sterne aufschauten und ihre Blicke forschend über das zernarbte Antlitz des Erdtrabanten wandern ließen. Sie empfanden Abenteuerlust und die Verlockung der unvorstellbaren Weite ebenso intensiv wie jenes prickelnde Gefühl, das sie Romantik nannten. Diese Menschen schickten sich an, erstmals einen anderen Himmelskörper zu betreten – ein Vorhaben wie keines zuvor in der Geschichte, weder vergleichbar dem sagenumwobenen Turmbau zu Babel noch der entbehrungsreichen Seefahrt eines Christoph Kolumbus, der Indien gesucht, aber Amerika gefunden hatte.

Was erwartete die Astronauten, die als erste ihren Fuß auf die staubbedeckte Oberfläche des Erdtrabanten setzten? Ein neues Land, vor allem jedoch lebensfeindliche Ödnis und Leere, eigentlich nichts, was die vorangegangenen Mühen und Strapazen wirklich lohnte. Oder keimte da ein Stückchen Hoffnung auf mehr – auf kleine grüne Männchen vielleicht oder auf Kälber mit zwei Köpfen, die im Schatten der Mondkrater ein luftloses Dasein fristeten?

Humbug waren solche Gedanken allemal. Die Erde stand nicht mehr im Mittelpunkt des Universums, und die Sonne drehte sich schon lange nicht mehr um den vergleichsweise kleinen Planeten, doch die angebliche Krone der Schöpfung trugen die intelligenten Zweibeiner nach wie vor mit dem Stolz der Ignoranz. Für sie existierte nun mal kein außerirdisches Leben – aber falls vielleicht doch irgendwo ganz weit draußen, dann würde es die gute alte Erde wohl nie erreichen, dieses Hintertürchen hielt man sich frei. Wie sich damit ein wachsender UFO-Glaube und manche Hysterie vereinbaren ließen, das blieb ein Geheimnis.

Wie dem auch sei, entsprechend allen Epochen zuvor waren auch im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert Pioniergeist und der Mut einzelner gefragt. Die U.S. Space Force brauchte für den ganz großen Schritt Menschen, die bereit waren, persönliche Risiken zu tragen. Koryphäen aus Wissenschaft und Technik hatten den uralten Traum der Menschen verwirklicht und ein technisches Meisterwerk geschaffen, das jedem Vergleich standhielt.

Dieser Gestalt gewordene Traum besaß einen klangvollen Namen: STARDUST.

»Sternenstaub« – treffender hätte die Bezeichnung nicht sein können. Selbst die Erde galt inzwischen allgemein als Staubkorn im Universum.

Mit imposanten 91,6 Metern reckte sich das dreistufige Raumschiff in den Nachthimmel über den Nevada Fields, entmystifiziert von den gleißenden Scheinwerferbatterien, die keinen Raum ließen für erquickende Schatten. Halb geblendet hoben die vier Astronauten ihre Arme vors Gesicht, als sie über schmale Versorgungsstege an Bord der Rakete gingen.

Perry Rhodan, Major und Risikopilot der U.S. Space Force, winkte in die aufgereihten Kameras. Seine Flugerfahrungen ebenso wie die herausragende Fähigkeit, komplexeste Sachverhalte schnell zu analysieren und in seine Entscheidungen einzubeziehen, hatten ihn zum Kommandanten der ersten bemannten Mondlandung gemacht.

Sein Bild ging in diesen Augenblicken um die Welt. Vermutlich wünschten sich viele Mütter den schlanken, 1,89 Meter großen Mann als Schwiegersohn. Den Raumhelm unter den Arm geklemmt, lachte Rhodan in die Kameras, und die Reporter wiederholten zum wer weiß wievielten Mal Wahres und Zusammengereimtes und glänzten ebenso durch Weglassungen, die keinem auffielen, der Major Perry Rhodan nicht persönlich kannte.

»... wohl niemand in Manchester im Bundesstaat Connecticut kann in dieser Nacht die Augen schließen, bevor die STARDUST endlich, auf Flammensäulen reitend, im Himmel verschwinden wird. In Manchester wurde Major Rhodan am 8. Juni 1936 geboren. Wir versuchen innerhalb der nächsten Stunde Nachbarn und Freunde der Familie vor die Kamera zu bekommen. Sie sollen uns erzählen, wie Rhodan als Kind war. Ich habe mir sagen lassen, dass Perry Rhodan schon immer ein besonderes Interesse an Sternen, Astronomie und Raumfahrt hatte. – Ein Onkel bewirtschaftet in Wisconsin eine Farm. Ein anderer Onkel, Kenneth Malone, war bereits 1948 Colonel der Air Force und später maßgeblich am Aufbau der Cape Canaveral Air Force Station beteiligt, aus der die NASA-Basis entstand. Zweifellos war der Einfluss des Colonels auf Perry Rhodan entscheidend für seinen Besuch der Kadettenschule und die Laufbahn als Risikopilot ...«

Der zweite Mann, der hinter Rhodan die STARDUST betrat, war mehr als eine Handspanne kleiner. Er schritt ebenfalls kräftig aus; das Poltern seiner Stiefel auf dem Metallgitter war trotz der großen Distanz zu den Kameras nicht zu überhören. Vor der Luke hielt er inne, drehte sich direkt in die Objektive und bedachte alle Fernsehzuschauer mit einem auf die Fingerspitzen gehauchten Kuss. Sein Grinsen dazu hatte etwas Ansteckendes, beinahe Kumpelhaftes.

Captain Reginald Bull, geboren am 14. Mai 1938 in Flushing, New York, verkündete ein eingeblendetes Schriftband. Elektronik-Ingenieur an Bord der STARDUST. – Größe: 1,68 Meter. Gewicht: 76 Kilogramm.

»... wir haben versucht, mehr über Captain Bull in Erfahrung zu bringen, der von seinen Freunden Bully genannt wird, doch standen wir bei seiner Mutter und seiner Schwester vor verschlossener Tür. Nachbarn sagten uns, dass Captain Bulls engste Verwandte den Start zum Mond vor Ort beobachten wollen, also hier in Nevada Fields, wo sich längst etliche tausend Schaulustige eingefunden haben. Ein riesiges Picknick vereint die Menschen, die aus allen Bundesstaaten angereist sind, um bei einem der heutzutage leider selten gewordenen großen geschichtlichen Ereignisse hautnah dabei zu sein.

Vielleicht bekommen wir im Laufe der Nacht ja noch Mrs. Eleonore Belle Bull vor die Kameras. Auch den Onkel des Captains trafen wir nicht an, dafür seine Freundin Miriam. Sie verriet uns, dass die beiden sich während der letzten sechs Monate nur ein einziges Mal gesehen haben. Möglicherweise, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer unseres Informationsmagazins VIPs hinterfragt, erleben wir nach der glorreichen Rückkehr unserer heldenmütigen Raumfahrer eine medienwirksame Verlobung. Miss Miriam wollte das nicht ausschließen, wenngleich sie einräumte, gewisse Differenzen zwischen Reginald Bull und ihr seien auf das harte Training zurückzuführen, das kaum Platz für individuelle Freizeit ließ. – Um es mit anderen Worten zu sagen ...«, der Kommentator lachte leise, »... ich glaube nicht, dass unsere Astronauten hinter Klostermauern eingesperrt waren.«

Auch die anderen beiden Raumfahrer hatten mittlerweile die Rakete betreten. Ihre Konterfeis wurden mit Standbildern eingeblendet.

Captain Clark G. Flipper, Fachgebiete Astronomie und Mathematik, Nebenzweig Physik.

Leutnant Dr. Eric Manoli, Mediziner und Geologe; zugleich der unauffälligste und ruhigste Mann des Teams.

Die Zeit des Wartens auf den Start hatte wieder begonnen. Die Bilder zeigten Impressionen der Rampe und der weit entfernt hinter sicherer Absperrung wartenden Zuschauermenge, und der Kommentator klammerte sich nach einer Weile fast schon hilfesuchend an die technischen Details der STARDUST.

Der Countdown näherte sich langsam dem Ende.

PERRY RHODAN-Kosmos-Chroniken: Reginald Bull

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