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|22|3 REGENSBURG 2. BIS 5. OKTOBER 1849 Rolle der Laien DEMOKRATIE IN DER KIRCHE? GOTT BEWAHRE!

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Überraschend aktuell klingen die Vorschläge, die der Freiburger Theologe Johann Baptist von Hirscher 1849 macht: Er fordert Diözesan- und Nationalsynoden, in denen Laien und Kleriker gemeinsam an der Verwaltung der Bistümer teilhaben und über dringende Fragen diskutieren. In solchen Foren würde deutlich werden, wie „allverbreitet und dringend“ Reformforderungen seien, etwa nach der Liturgie in der Landessprache und der Abschaffung des Pflichtzölibats. Das demokratische Prinzip, so Hirscher in seiner Schrift „Die kirchlichen Zustände der Gegenwart“, habe „die Völker durchdrungen“. Und das betreffe nicht nur den Staat, sondern auch die Kirche: Eine rein monarchische Bistumsverwaltung wäre nur noch haltbar, „wenn der gesamte intelligente Teil der Bevölkerung von der Kirche abfiele oder sich der vollsten religiösen Gleichgültigkeit hingäbe“.

In Regensburg nehmen die Vertreter der katholischen Vereine zu diesen Thesen Stellung. Sind sie dem Priester Hirscher dankbar, dass er die Sache der Laien unterstützt, wo doch auch die „Generalversammlung“ ohne Zutun der Bischöfe entstanden ist? Ganz und gar nicht. Der Katholische Verein protestiert ausdrücklich gegen Hirschers Thesen. Er verwahrt sich „auf das entschiedenste und nachdrücklichste gegen allen und jeden Anspruch auf Beteiligung an der Führung, oder auf Kontrolle des Kirchenregiments“. Die Ideen der Mitwirkung seien unkatholisch. Und die Organisation von Synoden stelle eine „Kirche der Zukunft“ in Aussicht, „vor welcher Gott das katholische Deutschland in Gnaden bewahren wolle“.

Die Abneigung zwischen der Generalversammlung und Hirscher ist beiderseitig. Der Freiburger Domkapitular hat auch geschrieben: „Verlasse man sich ja nicht etwa auf kirchliche Privatvereine. Die werden uns nicht helfen. Einmal sind sie keine kirchlichen Organe, sie haben keine kirchliche Mission und Autorität. Sodann repräsentieren sie überall nur eine bestimmte Richtung und haben deshalb keinen katholischen, sondern einen partikularistischen Charakter.“ Hirscher wünscht sich Vereine, „bestehend aus Gläubigen, Zweiflern, Ungläubigen und Irregeleiteten, zur Besprechung aller schwunghaften religiösen Fragen“, denen beratend Theologen zur Seite stehen. Selbst „Streit und Zerwürfnis“ seien besser als Gleichgültigkeit.

WAS NOCH?

Die Generalversammlung diskutiert das Diakonat auch für Frauen, verabschiedet aber keine Resolution dazu, da die Frage die Autorität der Bischöfe betreffe. Der Münchener Kirchenhistoriker Ignaz Döllinger hält eine berühmte Rede zur Freiheit der Kirche. Um die Seelsorge in der Diaspora zu unterstützen, wird der Bonifatiusverein gegründet, der sich 1968 in Bonifatiuswerk umbenennt. Die Vertreter der erkennbar politischen bayerischen „Vereine für konstitutionelle Monarchie und religiöse Freiheit“ dürfen nur ohne Stimmberechtigung an den Sitzungen teilnehmen.

|23|Der Katholische Verein sieht das anders. Er bestehe zwar „vorzugsweise aus Laien, aber nur aus gläubigen, ihrer Kirche treu und warm ergebenen“, betont er in seiner Protestnote. Der protestantische Volkskundler Wilhelm Heinrich Riehl urteilt 1851 deswegen: „Die katholischen Vereine sind freilich keineswegs eine wirkliche Vertretung des Laien, aber sie geben doch den Schein einer solchen. … Die Gesamtheit der katholischen Vereine sieht aus wie eine große Volkskammer – in welcher der Widerspruch geschäftsordnungsmäßig verboten ist.“

Inzwischen fällt das Urteil der Historiker differenzierter aus. Die Katholikentage haben, trotz ihrer immer wieder betonten Einigkeit und ihrer engen Anlehnung an den Klerus, die Basis für einen selbstbewussten Verbands- und Laienkatholizismus geschaffen, der immer noch weltweit seinesgleichen sucht. Doch für die Thesen Hirschers ist 1849 die Zeit noch nicht reif. „Die kirchlichen Zustände der Gegenwart“ landen noch im selben Jahr auf dem „Index der verbotenen Bücher“.


Der Freiburger Theologe Johann Baptist Hirscher tritt für Synoden in der katholischen Kirche ein.

Hundert Katholikentage

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