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|26|5 MAINZ 7. BIS 10. OKTOBER 1851 Adolph Kolping DIE BRANDREDE

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Ausgerechnet vom Feuer der Revolution spricht ein Redner aus Österreich, als es passiert: Der Brenner einer Gaslampe am Haupteingang des Festsaals springt aus seiner Fassung, die Flamme lodert kurz auf. „Feuer!“ hallt es durch den voll besetzten Frankfurter Hof in Mainz. „Ruhe! Ruhe!“ und „Sitzenbleiben!“ halten andere dagegen. Doch die Unruhe wächst, und auf den Galerien bricht Panik aus.

Was tun? Der Regens des Mainzer Priesterseminars Christoph Moufang stimmt das Lied „Großer Gott, wir loben dich“ an. Hunderte fallen in den Gesang ein, die Lage entspannt sich etwas. Der Präsident schickt – außer der Reihe – Adolph Kolping auf die Tribüne. Dem Kölner Domvikar traut er zu, für Ruhe zu sorgen, hat er sich doch am Tag zuvor als glänzender Redner erwiesen. Thema: Das Elend der Handwerksgesellen, für die er in Köln einen der ersten katholischen Gesellenvereine gegründet hat. „Seit die alten Klöster aufgehoben sind und die Gewerbfreiheit proklamiert ist, seit man diese armen Leute vergessen hat, sind ihre Herbergen zu niederen Spelunken herabgesunken. Nur in Köln, in Elberfeld ist es anders geworden“, hat Kolping verkündet und gedroht: „O verwundert euch nicht, wenn die Leute heutzutage nach sechs- bis siebenjähriger Verlassenheit und Preisgebung in den Reihen der Roten stehen und das Kanonenfutter abgeben für die, welche das Heer des Teufels führen.“ Das Protokoll vermerkt gleich zwei Mal „ungeheuren“ Beifall.

WAS NOCH?

Die Generalversammlung beschließt, nicht nur die Gesellenvereine zu fördern, sondern empfiehlt auch dringend die Gründung marianischer Kongregationen für Junggesellen. Lehrjungen sollen „bei braven katholischen Meistern“ unterkommen. Die Bischöfe werden in ihrem Bemühen unterstützt, eine Katholische Universität zu gründen. Die katholischen Vereine sollen sich verstärkt um die Seelsorge in Gefängnissen und um entlassene Sträflinge kümmern. Mit einer Denkschrift an die deutschen Regierungen setzt man sich für die Heiligung des Sonntags ein. Die „schlechte“ Presse wird bekämpft, die gute soll gefördert werden.

Und nun, einen Tag später, gelingt es Kolping wieder, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Nicht ohne Pathos schildert er die Frömmigkeit der jungen Männer: „Hunderte Handwerksgesellen aus allen Gauen des Vaterlandes gingen miteinander aus freiem Willen zur heiligen Kommunion, sodass den Leuten in der Kirche die Tränen im Auge standen.“ Kolping lobt den Wert einer christlichen Erziehung, erzählt von seiner armen, aber glücklichen Kindheit, spricht über Selbstständigkeit, Familiengründung und die Frage, was einen Mann ausmacht. „Wenn es heißt: es brennt! so darf er nicht gleich den Kopf verlieren und blindlings zur Tür hinausrennen, sondern muss hübsch kaltblütig bleiben und erst sehen, ob es wahr ist. Was hätte das gegeben, wenn uns Männern auch so bang gewesen wäre wie einigen Frauen diesen Abend!“

Was Kolping nicht weiß: Es gibt Tote. Der Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler verkündet, „dass an dem ganzen Feuerlärm gar nichts gewesen ist, wir sind nun aber dadurch geschreckt worden und der Schrecken hat leider! Unglücksfälle nach sich gezogen“. In der Dokumentation der Veranstaltung ist |27|das Geschehen in dramatischen Worten beschrieben: Die Ordner beweisen zwar „Besonnenheit, Kraft und Heldenmut wie die tapfersten Krieger in Mitte eines hitzigen Kampfes“, doch die Menschen stürzen zuhauf von den Treppen. Ärzte eilen „aus allen Teilen der Stadt mit einer unglaublichen Schnelligkeit herbei, die Adern wurden geöffnet, dass das Blut in Strömen floss, alle sonstigen Rettungsversuche angewendet – bei sechs umsonst, sie waren Leichen“. Vier Mädchen und zwei Frauen sind gestorben. Vor dem Frankfurter Hof marschiert das Militär in geschlossenen Reihen auf. Denn neben Hilfsbereiten und Schaulustigen eilen auch Gegner der Katholiken – Mainz ist eine Hochburg der radikalen Demokraten – zum Unglücksort: „Diese Unmenschen, in feinen und groben Kleidern, in Blusen und Moderöcken, denen gegenüber der Irokese und der Vandale gesittet genannt werden muss, ließen beim Anblicke der Leichen und der Verwundeten … unter Bravorufen Äußerungen hören, die jeden, der noch menschlich fühlt, schaudern machten.“


Der Gesellenvater Adolph Kolping nutzt die Katholikentage als Forum, um für seine Idee der Gesellenvereine zu werben.

Hundert Katholikentage

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