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|9|Alois Glück ZUM GELEIT
Оглавление100 – das ist eine schöne Zahl. Ein Mensch, der heutzutage seinen 100. Geburtstag erleben darf, wird, auch wenn dies nicht mehr eine so große Seltenheit ist wie noch in meiner Kindheit, von seiner Familie, von Freunden und Nachbarn gefeiert. Vielleicht nimmt sogar die lokale Presse davon Notiz. Firmen oder Organisationen, die ein 100-jähriges Jubiläum begehen, lassen sich das im Rahmen ihrer Möglichkeiten gerne etwas kosten. Dagegen ist nichts zu sagen, im Gegenteil: Recht haben sie, wenn sie mit Stolz und hoffentlich auch mit Dankbarkeit zurückschauen auf das, was sie, insbesondere aber ihre Vorfahren oder Vorgänger, geleistet haben. Immerhin war es so gut und überzeugend, dass es ein ganzes Zentenarium überdauert hat. Und mit Sicherheit werden sie auch sagen: Es war eine wechselvolle Geschichte, von den Anfängen bis zum Tag des Jubiläums, klein begonnen, mit Höhen und Tiefen, freiwilligen oder erzwungenen Kursänderungen, schmerzlichen Erfahrungen und Zeiten der Hochstimmung.
Auch die Deutschen Katholikentage begehen im Jahr 2016 ein solches Jubiläum. Zwar ist es nicht ihr 100. Geburtstag, der zwischen dem 25. und 29. Mai gefeiert wird, denn die Katholikentage sind dann schon stolze 168. Es ist das 100. Mal, dass dieses größte regelmäßig stattfindende Ereignis in der katholischen Kirche Deutschlands veranstaltet wird. Zum 100. Mal treffen sich zehntausende Frauen und Männer, überwiegend engagierte katholische Christen, um sich fünf Tage lang in größeren und kleineren Veranstaltungen über gesellschaftliche und politische Fragen ihrer Zeit auszutauschen, um sich im gemeinsamen Gebet und Gottesdienst öffentlich zu ihrem Glauben zu bekennen und dazu, dass die Botschaft des Evangeliums eine Provokation ist, vielleicht für die, die diesen Glauben nicht (mehr) teilen oder ihn sogar ausdrücklich ablehnen, ganz sicher aber für sie als Christinnen und Christen selbst.
Wer an einem Katholikentag teilnimmt, weiß, dass der christliche Glaube allein hinter verschlossenen Türen nicht glaubwürdig praktiziert werden kann. Das Himmelreich liegt nicht im Jenseits. Es beginnt hier und heute, wenn wir bereit sind, uns einzuschalten und einzumischen in die Gestaltung des |10|menschlichen Miteinanders in der Familie, im Berufsleben, in der Politik, im Engagement für ein besseres Leben aller Menschen und Mitgeschöpfe auf diesem Globus. Katholikentage waren und sind ein Spiegel all jener Fragen, die den Menschen in ihrer jeweiligen Zeit gestellt waren. Katholikinnen und Katholiken haben bei ihren „Generalversammlungen“, wie sie in den Anfängen hießen, diese Herausforderungen angenommen und sie zum Ausgangspunkt gemacht für unzählige Maßnahmen und Initiativen, die oft über Jahrzehnte hinweg den deutschen Katholizismus geprägt haben und teilweise bis heute bestehen. Idee, Gestalt und eine fast 170-jährige Geschichte der Deutschen Katholikentage sind singulär. In keinem anderen Land gab und gibt es Vergleichbares. Nicht zuletzt gilt dies für die Tatsache, dass die Deutschen Katholikentage von ihrem Ursprung 1848 bis heute Merkmal und Ausdrucksform des deutschen Laienkatholizismus sind. Laien waren und sind es, die in ihrer Eigenverantwortung als getaufte und gefirmte Christen mit oder ohne den ausdrücklichen Segen von Priestern und Bischöfen die Zeichen der Zeit erkannt und gedeutet und in vitale, wirksame und nachhaltige Aktionen umgemünzt haben – nicht zuletzt auf 100 Katholikentagen. Das vorliegende Buch ist hierfür der ebenso kenntnisreich wie kurzweilig geführte Beweis.
Bonn, 21. Januar 2016
Alois Glück
Präsident des Zentralkomitees der
deutschen Katholiken (ZdK) 2009–2015