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|24|4 LINZ 24. BIS 27. SEPTEMBER 1850 Kunst und Kirche KETZEREIEN DER ARCHITEKTUR

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Wie es um die Kunst in den deutschen Landen steht? Der Münchener Geschichtsprofessor Johann Nepomuk Sepp zeichnet auf dem Katholikentag in Linz ein Horrorszenario als Antwort auf diese Frage: Gotische „Musterkirchen“ seien „devastiert“, überall finde man den „französischen Rokoko-Stil der Zopfzeit“, und Messgewänder würden aus jüdischen Fabriken bezogen. Das Volk, „welches das Bunte liebt“, gebe den Geschmack an, die Herz-Jesu-und-Mariä-Bilder verletzten „den guten Geschmack auf empörende Weise“. Sein Fazit: „Unsere Kirchen strotzen vor architektonischen Ketzereien.“ Voll des Lobes ist Sepp dagegen für einen Architekten, der in England der Neogotik zum Durchbruch verholfen hat und dessen berühmtestes Bauwerk der Uhrenturm „Big Ben“ ist: Augustus Welby Pugin. Dieser habe die herrlichsten gotischen Kirchen gebaut. Allerdings sei er – leider – Protestant.

Wie Sepp hadern viele Katholiken mit der Architektur und der Kunst ihrer Zeit. Ihre Ideale finden sie in der fernen Vergangenheit: im Baustil der Gotik und in der Malerei des Mittelalters. Zuspruch erhalten Vertreter der sogenannten nazarenischen Kunst, etwa Peter von Cornelius, Friedrich Overbeck und Joseph von Führich. Auch der Tiroler Bildhauer Michael Stolz plädiert in Linz dafür, die Kunst wieder stärker an die katholische Kirche anzubinden: „Denn ihr ist die Erziehung der Menschheit übertragen, deshalb gibt es außer dem Katholizismus keine Kunst, und was sich außerhalb desselben davon vorfindet, ist entlehntes Gut, was leicht nachzuweisen wäre.“

Diesen Nachweis muss Sepp für Pugin nicht erbringen. Ein Zwischenrufer klärt ihn auf, dass der englische Architekt zur katholischen Kirche „zurückgekehrt“ sei. „Wenn das geschehen, so freue ich mich aus tiefster Seele, denn es liegt darin der kräftigste Beweis, dass die wahre Kunst nur von der katholischen Kirche ausgegangen, und wenn sie recht erfasst wird, wieder zu ihr zurückführen müsse“, entgegnet der Münchener Historiker. Die Mitglieder der Generalversammlung beschließen einmütig, im Folgejahr einen katholischen Kunstverein „zur Wiederbelebung der katholischen Kunst und Poesie“ zu gründen, Sepp wird eines der drei Mitglieder der vorbereitenden Kommission. Schon 1852 entstehen auch Vereine für christliche Kunst in den einzelnen Diözesen. In den folgenden Jahrzehnten werden – nicht nur in katholischen Gegenden – unzählige neugotische Kirchen gebaut, die heute den Mittelpunkt vieler Städte und Dörfer bilden. In immer neuer Form – etwa Impressionismus, Symbolismus, Expressionismus – wird dagegen die Kunst der Moderne für die Katholikentage noch lange ein Ärgernis bleiben.

WAS NOCH?

Der Katholikentag kämpft weiter für die Freiheit der Kirche, distanziert sich aber von der gescheiterten Revolution. Der Präsident der Versammlung, Heinrich von Andlaw, lobt die Volksmissionen, Massenveranstaltungen zur Wiederbelebung des Glaubens in den Pfarrgemeinden, die zumeist von Jesuiten oder Franziskanern geleitet werden. Diese würden Hand in Hand mit den Vereinen die Grundlagen für eine neue Religiosität und höhere Sittlichkeit legen. Die Lage der Arbeiter wird beklagt, Sozialismus und Kommunismus werden als Lösungsmodelle aber strikt abgelehnt. Für die Verbreitung „guter Bücher“ werden die Borromäusvereine, zu caritativen Zwecken die Vinzenzvereine gefördert. Unterstützung erhält auch der 1846 von der 15-jährigen Auguste von Sartorius in Aachen gegründete „Verein der heiligen Kindheit“, aus dem sich später das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ entwickelt. Der angesehene Arzt Carl Mayrhofer aus Kremsmünster erläutert die „Lehre und Wissenschaft“ des „Lebensmagnetismus“. Durch die „allgemeine wechselseitige innere Lebensverkettung“ erklärt er unter anderem Hypnose, Schlafwandeln, Hellsehen und mystische Gotteserfahrungen. Mayrhofer möchte sie zum „Gemeingut der höheren Bildung“ machen.

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„Triumph der Religion in der Kunst“: Das 1840 entstandene Gemälde Friedrich Overbecks versinnbildlicht das Programm der Nazarener, die von den ultramontanen Katholiken verehrt werden.

Hundert Katholikentage

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