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2001 - Oase von Zarifa - Des Rätsels Lösung

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Es war Ruhi, der den herumstreunenden Harun bereits etwa zehn Minuten später verdächtig fand und ihn zur Rede stellen wollte. Er staunte nicht schlecht, als er dessen Kapuze herunterzog und ihn erkannte. Wäre Rayan nicht schnell dazwischen gegangen, wäre Ruhi wohl wie ein wilder Stier auf ihn losgegangen. Rayan zog Ruhi zur Seite und erklärte ihm halblaut seinen Plan, woraufhin dieser ihm grinsend auf die Schulter haute und sich davon machte.

„Haben Sie nun genug gesehen, was Sie Ihren Männern erzählen können? Alle Schwachpunkte ausgelotet?“ Rayan schäumte vor Wut. Nun hatte er den letzten Beweis, dass Harun kein Mann mit Ehre war, wie sonst sollte er sich erklären, dass der sogar das Krankenbett seines Bruders verließ, um sie auszuspionieren?

„Ich denke, damit ist der Besuch jetzt beendet. Sie haben gesehen, dass es Ihrem Bruder gut geht und wissen auch, dass es keine Erfindung von mir war, dass er nicht bewegt werden darf. ICH habe mich an alle Punkte gehalten, die ich versprochen habe.“

Dann packte er Harun mit eisernem Griff und schob ihn in Richtung des schmalen Felspfades, der zur Plattform führte. Dabei schaute er ihn so verächtlich an, dass Harun am liebsten im Boden versunken wäre. Aber er hatte es ja verdient, hatte er nicht das Vertrauen dieses Mannes missbraucht, der ihm und vor allem seinen Bruder bisher nur geholfen hatte?

Er ließ sich daher widerstandslos den Weg entlang schieben. Seine Gedanken rasten. Als sie die Felsplattform bereits wieder erreicht hatten, entschloss er sich zur Wahrheit. „Hören Sie mir bitte zu. Es ist wichtig!“ Doch Rayan hatte endgültig genug von dem Ehrlosen und schob ihn wortlos weiter.

„Bitte! Vielleicht können wir diesen sinnlosen Krieg doch noch beenden.“ Auch dies hielt Rayan lediglich für Floskeln. Er wollte den Mann einfach nur loswerden, schließlich hatte der schon genug seiner Zeit nutzlos vertan. Er erwog kurz, ob er ihn vielleicht doch noch umbringen sollte, schließlich hatte er genug Gelegenheit gehabt, die Waffen und Verteidigungsstellungen des Lagers zu inspizieren. Er würde mit wertvollen Informationen zu seinen Männern zurückkehren.

So etwas konnte und durfte man eigentlich nicht zulassen. Doch sein Ehrgefühl war stärker. Er hatte mit dem Mann einen Pakt geschlossen, und ER würde sich an seine Seite der Abmachung halten. Punkt. Dass er den Kerl alleine gelassen hatte und ihm somit die Chance zum Schnüffeln geboten hatte, war zu Teil auch seine Schuld. Wenn also jemandem ein Vorwurf zu machen war, dann musste er sich selber dafür verantworten.

Harun spürte, was in Rayan vorging und sie standen bereits auf der Plattform, als er sich ruckartig zu ihm umdrehte und ihn somit zwang, ihm in die Augen zu sehen.

„Hören Sie, ich weiß nicht, wer Sie sind und was genau Ihre Rolle hier ist, aber Sie müssen mir noch einmal zuhören. Zwei Minuten nur. Wenn Sie mich dann noch immer für einen unehrenhaften Mann halten, dürfen Sie mich umbringen.“

„Als ob ich dafür deine Erlaubnis brauche “, dachte sich Rayan ätzend, aber er schwieg.

Er konnte in den Augen des Mannes sehen, dass dieser eine Entscheidung getroffen hatte – ihm endlich die Wahrheit zu sagen.

„Ich bin vorhin nicht durchs Lager geschlichen, um Eure Waffen zu inspizieren. Ich habe eine Frau gesucht. Sie ist meine Nichte. Sie war eine der Frauen von Scheich Yuemnue. Und nun ist sie verschwunden! Yuemnue selbst sagt, Scheich Sedat Suekran hat sie entführt und in seinem Harem eingesperrt. Er hat mir schreckliche Dinge erzählt, die er mit ihr macht!“

Rayan lachte ungläubig auf: „Und den Mist haben Sie ihm abgekauft?“

„Natürlich war ich nicht sofort überzeugt, ich weiß aber sicher, dass sie hier ist. Bitte! Ich muss wissen, wie es ihr geht. Sie ist die Tochter meiner verstorbenen Schwester, der ich auf dem Sterbebett versprochen habe, dass ich mich um Samira wie meine eigene Tochter kümmern werde. Und nun das!“

Auf einmal war für Rayan einiges klar. Wenn Harun sie für fähig hielt, eine Frau gegen ihren Willen zu rauben, dann konnte es mit der Ehre der Tarmanen auch nicht weit her sein. Das war zumindest Haruns logische Schlussfolgerung.

„Ich kann Ihnen versichern, dass der Scheich keinen Harem hat. Soweit ich weiß, hat er seit dem Tod seiner verstorbenen Ehefrau überhaupt keine andere Frau mehr gehabt.“

„Wie können Sie sich da so sicher sein? Ich habe gehört, Sie sind erst vor zwei Wochen hier plötzlich aufgetaucht.“

„Weil ich hier aufgewachsen bin, zum Teufel!“, fuhr Rayan ihn an.

Da fiel es Harun wie Schuppen von den Augen - die Ähnlichkeit, der schlanke hochgewachsene Körper, dieser unbändige Stolz, der unerschütterliche Glaube an die Gesetze der Wüste und das Interesse, den Stamm mit allen Mitteln zu verteidigen: „Sie sind Suekrans Sohn! Aber man sagt, Sie seien tot …“

„War ich auch, bis vor kurzem“, antwortete Rayan sarkastisch.

Harun überlegte fieberhaft: „Hören Sie mir zu! Sie glauben an die Gesetze, dann glauben Sie auch an Schicksal! Denken Sie nicht, dass es Bestimmung war, dass ausgerechnet Sie Sarif gerettet und somit mich kennengelernt haben?“ Er sah Rayan fest in die Augen: „Wir beide können diesen Krieg beenden. Ich schwöre Ihnen bei allem, was mir heilig ist, bei Sarifs Leben, wenn Sie wollen! Wenn ich Samira finde und es ihr gut geht, dann ziehe ich noch heute meine Männer ab und kehre nach Hause zurück!“

Das hörte sich zu gut an, um wahr zu sein. Sollte die Lösung so einfach sein?

„Also gut, kommen Sie mit!“, knurrte Rayan.

Beide eilten zurück ins Lager.

RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4)

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