Читать книгу RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4) - Indira Jackson - Страница 96

2014 - Rub’al Khali - Nachwirkung

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Sie versuchten, noch an diesem Tag so viel Distanz wie möglich zwischen sich und den Ort des Überfalls zu bringen.

Daher machten sie mittags lediglich eine sehr kurze Rast und brachen gleich wieder auf.

Sie waren nun langsamer, weil sie die sechzehn Pferde mitnehmen mussten, was manchmal gar nicht so einfach war. Sie hatten die Tiere aneinander gebunden.

Aber alle wussten, dass es nur noch um einen Tag ging, denn wenn sie ohne weitere Schwierigkeiten vorankommen würden, würden sie morgen Abend in der Oase am Fuße des Gebirges von Zarifa ankommen. Dort könnten sie die Pferde den Männern des Scheichs überlassen, die dort stationiert waren.

Am Abend saßen sie am Feuer und niemand sagte viel, Jassim und Hassan übernahmen die erste Wache, die anderen gingen früh schlafen.

Carina hatte seit dem Überfall kein einziges Wort mehr gesagt.

Zu schaurig waren ihr die Bilder noch immer vor Augen. Als sie in ihrem kleinen Zelt lag, brauchte sie die Augen noch nicht einmal zu schließen, um jedes einzelne Detail wieder und wieder zu sehen.

Doch irgendwann war die Erschöpfung zu groß und ihr Körper holte sich den fehlenden Schlaf, da ja auch die vorangegangene Nacht nicht gerade erholsam gewesen war.

Sie wachte trotzdem noch lange vor Sonnenaufgang wieder auf und beschloss einige Meter zu gehen, anstatt sich weiterhin nutzlos auf ihrem Lager herumzuwälzen.

Wie üblich hatten sie in einer Senke angehalten und so kletterte sie die Sanddüne hinauf.

Einen Moment hielt sie müde und etwas außer Atem inne, dann ging sie ein paar Schritte weiter, um einen freien Blick auf die Sterne zu bekommen.

Leise hörte sie seine Stimme links von ihr: „Guten Morgen.“ Er hatte es ganz sanft gesagt, um sie nicht zu erschrecken, doch sie zuckte trotzdem zusammen.

Carina wusste nicht, ob sie ausgerechnet mit ihm reden sollte und zögerte.

Rayan drängte sie nicht und sagte auch nichts mehr, er spürte, wie sehr sie mit sich rang.

Dann gab sie sich einen Ruck und ging auf ihn zu.

Er saß am äußeren Rand der Düne, mitten im Sand im Schneidersitz.

„Was machen Sie hier?“, fragte sie verblüfft.

„Der Wüste zuhören.“ Sie konnte im Dunkeln hören, dass er lächelte und doch war seine Antwort ernst gemeint.

Carina wusste nicht, ob sie ihn dabei störte und besser wieder gehen sollte, aber er klopfte neben sich auf den Sand: „Kommen Sie.“

Und so setzte sie sich neben ihn. Der Sand war kalt. „Wie erstaunlich“, ging es ihr durch den Kopf. „Tagsüber glüht alles hier, sodass man mit bloßen Füßen nicht laufen kann und nun ist alles eiskalt. “

Einen Moment sagte keiner von beiden etwas, dann erklärte Rayan: „Die Lichter der Sterne werden schon schwächer, bald kommt am Horizont der erste Lichtstreifen. Spüren Sie den Wind? Auch er kündigt die Sonne an.“

Was für eine seltsame Aussage für jemanden, der gestern noch mehrere Menschen getötet hat, zwei davon eiskalt. Sie begann zu frösteln. Es war ein Fehler hier zu sitzen - am liebsten wäre sie davon gelaufen.

Sie sprang auf und auch Rayan erhob sich. Er spürte ihren inneren Konflikt und schwieg, um ihr Zeit zu geben, ihre Gedanken zu sortieren.

Als sich in diesem Moment der Himmel erst zart rosa färbte, um dann relativ schnell Orange zu werden, war es um Carinas Selbstbeherrschung geschehen und sie begann, heftig zu weinen. Rayan trat einen Schritt auf sie zu und nahm sie in den Arm. Sie wehrte sich zuerst und wollte sich losreißen, doch er hielt sie einfach weiter fest. Nach wenigen Sekunden wurde sie still und lies ihren Tränen freien Lauf.

Sie sah nicht, wie sich die Scheibe der Sonne schnell über den Horizont erhob, denn sie hatte ihren Kopf tief in seiner Schulter verborgen. Er stand bewegungslos da, hielt sie einfach nur fest und murmelte beruhigende Worte, aber sie verstand weder den Sinn, noch hätte sie nachher sagen können, in welcher Sprache er gesprochen hatte. Was wichtig war, dass der Tonfall sie beruhigte.

Und irgendwann spürte sie die Wärme der Morgensonne auf ihrem Rücken.

Einen Moment lang genoss sie das Gefühl, dann hob sie den Kopf und sagte leise: „Die anderen werden sich schon Sorgen machen …“ Und brach damit den Bann, der sie beide umfangen hatte. Sie wollte sich aus seiner Umarmung lösen, aber er hielt sie fest: „Warten Sie noch einen Moment – es … es tut mir leid! Dass Tarek Sie geschlagen hat, meine ich, und dass ich Sie auch noch angeschrien habe. Das alles muss für Sie furchtbar fremd sein.“

Überrascht antwortete sie: „Ja das stimmt. Aber darum bin ich ja hier. Um dies alles kennenzulernen.“

Bei dieser Äußerung war es, als ob ein eiserner Vorhang Rayans Gesicht hinunterrollte. Er ließ sie los: „Ja, Ihr Buch. Ich vergaß.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und ließ sie stehen.

RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4)

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