Читать книгу RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4) - Indira Jackson - Страница 48

1991 - Rabea Akbar - Einzelgänger

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Die Einstellung Rayans, niemanden außer sich selbst zu vertrauen und alles alleine anzugehen, ärgerte die Männer aus seinem Team. Obendrein hielten sie ihn für den verwöhnten Sohn des Generals, ein weiterer Grund, dass sich eine Stimmung gegen ihn breitmachte.

Und so kam es, dass ihn eines Morgens, als er wie üblich bereits vor Sonnenaufgang aufstand, drei seiner Mitrekruten in der Dusche abpassten.

Gleich beim Betreten des großen Sammel-Duschraumes spürte er, dass er nicht alleine war. Er wollte sofort wieder umkehren, da versperrte ihm einer der Männer schon den Weg.

Es handelte sich um einen Afroamerikaner mit den Ausmaßen eines Kleiderschrankes. Er überragte Yasin, der mit 1,89 bestimmt nicht klein war, noch um einige Zentimeter, war dafür aber mindestens doppelt so breit. Seine Oberarme hatten Ausmaße wie bei anderen Männern die Oberschenkel. Yasin wusste seinen Namen nicht, hatte ihn für sich aber „Schrank“ getauft.

„Na wohin wollen wir denn so schnell? Was vergessen?“

In Yasins Rücken rückten zwei weitere Männer näher. Einen davon kannte er von den Kampfsportübungen, ein kleiner Japaner namens Cho, der aufgrund seiner Größe oft unterschätzt wurde, jedoch ein Meister sämtlicher asiatischer Kampfsportstile zu sein schien.

Der Dritte im Bunde war ein eher schmächtiger Junge mit Brille, der bei den meisten Übungen Probleme hatte und der wohl eher als Mutprobe mitgenommen worden war.

Yasin brauchte nicht das Seil in der Hand des Jungen zu sehen, um zu wissen, dass dies kein Besuch war, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen.

Er hielt einen Moment inne um sich zu sammeln, und ging dann ohne weiteres Zögern zum Angriff über. Sein Schlag erfolgte so schnell, dass er „Schrank“ voll in der Magengrube traf, bevor dieser überhaupt wusste, was passierte.

Einen anderen Gegner hätte der Schlag sicher sofort ausgeschaltet, doch Schrank zeigte kaum Wirkung. Zumindest war äußerlich nichts zu erkennen.

An die nächsten Minuten konnte sich Yasin im Nachhinein kaum noch erinnern, denn er versank in einer Art Trance und höchster Konzentration. Er wehrte sich instinktiv mit allen Tricks und Kniffen, die er je gelernt hatte. Er schlug, trat und riss, anfangs zielsicher, aber je länger sich der Kampf hinzog, immer unkoordinierter. Und er steckte ein! Zuerst konnte er den Dampfhammerschlägen des Afroamerikaners noch ausweichen, denn seine Schnelligkeit war seine größte Begabung und der behäbige Schrank konnte ihm kaum folgen. Doch mit nachlassenden Kräften wurde es schwerer und schwerer. Die Tritte und Schläge Chos wehrte er nebenbei noch zusätzlich ab, so gut es ihm möglich war.

Aber irgendwann konnte er nicht mehr sicher auf den Beinen stehen und so beförderte ihn ein Tritt Chos in seine Nieren genau in die Reichweite von Schrank. Mehr aus Instinkt riss er seinen Körper noch zu Seite, aber die Faust des starken Mannes fand ihr Ziel. Er hörte mehrere seiner Rippen brechen und bekam mit einem Schlag keine Luft mehr. Ein weiterer Schlag Chos an seinen Hals sorgte dafür, dass er bloß noch Sterne sah.

Er musste zu Boden gegangen sein, denn auf einmal waren sie über ihm und begannen, seine Beine und Hände zu fesseln.

Yasin konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken, als sie ihn hochhoben und begannen, ihn an den Duschhähnen festzuzurren.

Dann zückte Schrank sein Messer und zuerst dachte Yasin, er wollte ihn nun erstechen. Hasserfüllt sah er ihn an, sagte aber kein Wort. Aus einer Platzwunde an seiner Stirn lief Blut über sein Gesicht und auch seine Lippe war aufgeplatzt.

Nun traute sich auch endlich der dritte Mann im Bunde an sein Opfer heran und gab ihm einen Tritt in den Magen. Yasin meinte, seine Organe müssten nach oben kommen und seine Rippen lösten durch die ruckartige Bewegung eine Schmerzwelle aus, die erneut dazu führte, dass er nur mehr bunte Lichter vor seinen Augen sah.

„Das reicht, er hat genug“, schnauzte Cho den Anderen an. Er konnte es nicht leiden, dass der Mann erst mutig wurde, als Yasin gefesselt und so für ihn ungefährlich war.

Schrank packte Yasin am Kinn und schüttelte ihn ein wenig. Er wollte damit seine Aufmerksamkeit auf sich lenken.

Als Yasin die Augen öffnete, sagte sein Peiniger zu ihm: „Du bist dir also zu fein mit uns niederem Fußvolk zu duschen, was?“

Und dann begann er, mit dem Messer Yasins Kleidung aufzuschneiden.

Nicht nur das T-Shirt, sondern auch die Hose und Unterhose mussten dran glauben.

Dann drehte er die Dusche auf – eiskalt natürlich.

So wollten sie ihn nackt hängen lassen, bis die anderen Männer nach dem Weckruf in die Dusche kommen würden.

Sie waren gerade dabei, den Duschraum zu verlassen, da meinte der Schmächtige, nochmals seinen Mut beweisen zu müssen und tätschelte Yasin provozierend auf die Wange. Doch er hatte nicht mit dessen Schnelligkeit gerechnet. Voller Hass packte Yasin blitzschnell mit den Zähnen die Hand des Jungen und biss zu. Der schrie laut auf und versuchte seine Hand freizubekommen, doch Yasin ließ nicht locker.

Er spürte das Blut des anderen bereits in seinem Mund und sein Kopf schien durch die ruckartigen Befreiungsversuche zu explodieren. Wasser geriet ihm in Augen, Mund und Nase, doch er ließ nicht los.

Schließlich kam Cho dem Anderen zu Hilfe, indem er Yasin am Kiefer packte und ihn zwang, die Hand freizugeben.

Auf einmal hörte Yasin undeutlich, wie Cho ruckartig die Luft einsog. „Joe!“ Der Riese kam fragend nochmals zu ihnen. Cho sagte nichts, deutete aber mit dem Kopf auf Yasins vernarbten Rücken.

Sie hatten ihn zuerst mit dem Rücken Richtung Wand an die Duschen gehängt, doch durch den erneuten Kampf um die Hand, hatte Yasin sich halb gedreht und hing nun seitlich.

„Oh Shit!!“ entfuhr es Joe, dem Schrank. Sie blickten sich an und Cho nickte bestätigend. Daraufhin schnitt Joe mit einer schnellen Bewegung die Fesseln ihres Opfers durch und legte ihn vorsichtig auf den Boden.

Yasin versuchte sich aufzurappeln, schaffte es aber lediglich eine sitzende Haltung einzunehmen, so sehr schmerzten seine Rippen und die meisten anderen Körperteile. Er war nass wie ein Pudel und begann vor Kälte zu zittern.

„Lass uns gehen“, meinte Joe und die drei verließen die Dusche.

Halblaut stieß Yasin den schlimmsten arabischen Fluch aus, den er kannte und wünschte den Dreien die Pest und noch einige andere Dinge an den Hals.

Erst nach drei Anläufen gelang es ihm aufzustehen, da auch sein Handgelenk beim Abstützen versagte. Er hoffe, dass nicht auch hier etwas gebrochen war.

Er hinkte zum Spiegel und sah hinein. Er bot ein wirklich erschreckendes Bild.

Am Waschbecken versuchte er die Blutung an seiner Stirn zu stoppen, gab es aber wenig später auf.

Mit Erschrecken wurde ihm bewusst, dass er nun ohne jede Kleidung irgendwie in die Baracke kommen musste und fluchte erneut.

Er überlegte noch, ob ihm eine Lösung einfiel, da ging die Tür zum Duschraum auf.

Im Spiegel konnte er Cho erkennen. Ihre Blicke kreuzten sich kurz, und der japanstämmige Amerikaner schüttelte den Kopf. Dann legte er einen Stapel frische Kleider und ein Handtuch hin und verschwand ohne ein weiteres Wort wieder.

Yasin spürte eine Welle von Erleichterung und gegen seinen Willen sogar ein wenig Dankbarkeit. Diese Geste ersparte ihm eine große Peinlichkeit. Doch ein derartiges Gefühl unterdrückte er schnell wieder, denn ohne Cho und seinen Kumpel wäre er ja gar nicht erst in dieser Lage.

Cho seinerseits war wütend auf sich selbst. Er war normalerweise der Besonnene im Team. Schon einige Male hatte er seinen impulsiven Freund Joe von Dummheiten abgehalten. Wie hatte er nur dieser idiotischen Aktion zustimmen können? Es hatte ein Streich sein sollen. Zugegeben ein gemeiner, ja gehässiger Streich, aber derartige Erziehungsaktionen waren durchaus üblich. Der kleine Japaner hatte niemals damit gerechnet, dass Yasin sofort derart zum Angriff über gehen würde. Er hatte gekämpft, als verteidige er sein Leben.

Dann dachte er an dessen Rücken und in diesem Zusammenhang ergab die Situation Sinn: Egal wer und warum man ihm so etwas Grausames angetan hatte, es war klar, dass er sich durch ihr Auftauchen in der Dusche sofort bedroht gefühlt haben musste. Vermutlich hatte er tatsächlich um sein Leben gekämpft. Cho schüttelte den Kopf.

Es war sein, Chos, Fehler gewesen, ihn für einen verzogenen Generalssohn zu halten, der vermutlich in seinem Leben viele Waffen gesehen hatte, aber noch keine wirklich gegen einen Gegner eingesetzt hatte – was für eine Fehleinschätzung!

Außerdem verstand Cho nun den wirklichen Grund, warum Yasin sich nie zu ihnen in die Dusche gesellte: Scham und nicht etwa Arroganz!

Und der kleine Japaner fasste für sich den Entschluss, dass er alles tun würde, um diese Aktion wieder gut zu machen. Yasin hatte ihn im Kampf beeindruckt und er war sich nicht sicher, ob er alleine, ohne Joe, eine Chance gegen ihn gehabt hätte.

Yasin trocknete sich, so schnell es ging, ab und zog sich die Kleidung an, dann hinkte er in Richtung Krankenstation.

Die Ausrede „beim Duschen gestürzt“ nahm ihm der Arzt zwar nicht ab, beharrte aber auf keinen weiteren Erklärungen. Zu oft hatte er diesen Spruch schon gehört.

Er nähte die Wunde an der Stirn und legte Yasin einen Streckverband um die Rippen. Er untersuchte auch das Handgelenk, das aber zum Glück nur geprellt und nicht gebrochen war. Auch hier legte er einen Verband an, um es ruhig zu stellen. Dann wollte er ihn ins Bett verbannen, doch das verweigerte Yasin resolut. Er wollte auf keinen Fall als Schwächling dastehen oder den Anderen die Genugtuung geben, dass sie ihn außer Gefecht gesetzt hatten.

Auch dies kam für den Arzt nicht ganz unerwartet; er hatte in seinen langen Jahren immer wieder solche Situationen erlebt und konnte sich denken, dass hier ein Streich oder eine Mutprobe schief gegangen war und jemand sein Gesicht nicht verlieren wollte.

Also schärfte er ihm ein, er solle auf keinen Fall am aktiven Training teilnehmen, sondern sich schonen und gegebenenfalls im Laufe des Tages noch krankmelden.

Dann gab der Arzt ihm eine Spritze gegen die Schmerzen und für später noch einige Tabletten mit, zusammen mit dem dringenden Hinweis, am Abend nochmals zu einer Untersuchung vorbei zu kommen.

Anstatt zum Frühstück zu gehen, gönnte sich Yasin eine halbe Stunde Ruhe und legte sich hin. Beinahe hätte er das Signal zum Antreten verpasst.

Und er verwünschte seinen verfluchten Stolz, als ihnen der Ausbilder gehässig grinsend verkündete, dass er für heute einen „kleinen Wüstenspaziergang“ geplant hatte.

Es würde ein sehr langer, heißer Tag werden.

RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4)

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