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2001 - Tal von Zarifa - Die Geschichte eines Spielers

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Rayan trat auf die Terrasse. Wie er gesagt hatte, hatte es keine zwei Stunden gedauert, Yusuf zu brechen. Er hatte ihn bis an den Rand seiner Existenz und darüber hinaus gebracht, sodass es dem Diener inzwischen egal war, was man mit ihm danach anstellen wollte. Er hoffte nur, dass es schnell ging und man ihn von diesem eiskalten Killer befreite.

„Er ist jetzt soweit, Eure Fragen zu beantworten“, sagte er ruhig, als würde er über das Wetter sprechen.

Die Reaktion war wie immer, auch dies hatte er vorhersehen können: Keiner war selber in der Lage etwas zu unternehmen, also tat er, was getan werden musste. Doch anstatt dankbar oder wenigstens erleichtert zu sein, begegneten sie ihm mit Furcht und Verachtung – er war der Schlächter. Nun ja, er wollte ja ohnehin nicht hier bleiben. Job erledigen und weiterziehen! Nichts anderes zählte.

Und tatsächlich musste er sich eingestehen, dass er sich manchmal auch vor sich selbst fürchtete, denn in keinem Moment hatte Yusuf ihm leidgetan, der sich das selbst eingebrockt hatte. Erst seinen Stamm verraten und dann die Konsequenzen nicht tragen wollen. Hätte er sich gleich kooperativ gezeigt, wäre ihm die Tortur erspart geblieben.

Zwei der Männer schleppten den wimmernden Yusuf ins Zimmer. Jemand hatte sich die Mühe gemacht ihm zumindest notdürftig die Hände zu verbinden, um den Männern den schlimmsten Anblick zu ersparen.

Trotzdem bot er ein entsetzliches Bild. Seine Kleidung war voller Blut. Seine Augen waren rot unterlaufen und über sein Kinn lief ihm Speichel. Am Geruch war erkennbar, dass er sich ebenfalls selbst besudelt hatte.

Rayan hatte ihm zuerst Metallspäne unter die Nägel getrieben und danach die Nägel einzeln ausgerissen, sodass inzwischen an keinem der Finger mehr ein Nagel war und seine Finger eher blutigen Stumpen glichen. Das Wichtigste war daran das Timing - man musste sich Zeit lassen, alles langsam machen, damit der Gefangene genau sah, was als Nächstes auf ihn zukam. Jemand hatte einmal gesagt, dass foltern eine Kunst war – Rayan hatte dies für Polemik gehalten, sah inzwischen aber ein, dass zumindest ein gewisses Geschick und Veranlagung dazu vorhanden sein musste.

Stockend, mit schwacher Stimme, aber ohne weiteres Zögern erzählte Yusuf seine Geschichte.

Scheich Yuemnue al Harun hatte er vor etwa einem halben Jahr durch Zufall in der Oase von Farah beim Handeln getroffen. Er hatte beim Wetten auf Straußenkämpfe viel Geld verloren, erheblich mehr als er jemals besessen hatte und der Scheich hatte ihn vor seinen Gläubigern gerettet, indem er alle seine Schulden tilgte – auf einmal! Mit Zockern, die ihre Verluste nicht begleichen konnten, machte man in der Regel kurzen Prozess und hängte sie einfach auf. Dieses Schicksal hatte sein Retter ihm erspart. Er hatte ihm das Satellitentelefon gegeben und ihm gesagt, er müsse nichts Schlimmes tun, sich nur ab und zu melden. Ein netter kleiner Plausch mit seinem neuen Freund, nichts weiter.

Und so hatte er sich immer weiter in seine ausweglose Lage hineinmanövriert.

Rayan hörte der Geschichte emotionslos zu. Es war nichts Neues für ihn – im Grunde liefen diese Geschichten doch immer gleich ab. Irgendeinen Verlierer fand man immer, wenn man einen Verräter nötig hatte.

Er hatte selbst bereits zu ähnlichen Methoden gegriffen, wenn er Insiderinformationen über Objekte seines Auftrages benötigte. Der Zweck heiligte die Mittel. Doch ihm war klar, dass die Geschichte für die Männer im Raum neu und es für sie wichtig war, zu verstehen, wie einer der ihren zu einem Verräter werden konnte.

Es musste bereits gegen vier Uhr morgens sein, die Sonne würde bald aufgehen und am liebsten wäre Rayan irgendwohin gegangen, wo er alleine war. Schlafen würde er jetzt ohnehin nicht können.

Nach einer Weile versuchte er, die Geschichte in Richtung der eigentlich relevanten Fragen zu lenken: Wie viel hatte Yusuf an Yuemnue verraten? Welche Details kannte er? Was war sein Plan? Und wie hatte dieser die Stämme überzeugen können?

Yusuf schien erfreulicherweise nicht allzu viele Details gekannt zu haben. Er hatte die Anzahl der Krieger und Pferde von Zarifa durchgegeben und den Stand des Trainings und der Kampffertigkeit der einzelnen Männer, soweit er sie beurteilen konnte, da er selbst kein Krieger war.

Dies waren jedoch alles Informationen, die nicht mehr relevant wären, würde Rayans Plan aufgehen.

Der schlimmste Schaden wäre also gewesen, hätte Yusuf etwas vom am Vortag Besprochenen verraten können, was er und Hanif jedoch verhindert hatten.

„Was machen wir nun mit ihm?“, fragte einer der Männer. „Aufhängen“, antworteten die meisten prompt. Bevor sie zur Aktion schreiten konnten, trat Rayan wieder nach vorne „Wir nehmen ihn mit – wir brauchen ihn noch, er hat einen Job zu erledigen.“

Und wieder sagte er dies so bestimmt, dass keiner seine Entscheidung infrage stellte.

Überrascht hob Yusuf den Kopf, er hatte mit seinem Leben abgeschlossen gehabt, nun begann er, vorsichtig wieder Hoffnung zu schöpfen.

Rayan, der dies bemerkt hatte, lächelte kalt. „Wenn du wüsstest, wie der Job aussieht, den ich dir zugedacht habe“, dachte er bei sich.

Sie einigten sich darauf, in zwei Stunden loszureiten, inzwischen brachten sie Yusuf wieder nach unten in den Kellerraum, wo er nicht entwischen konnte. Er wäre zwar kaum im Stande zu laufen, angesichts seiner Lage konnte man jedoch nicht sagen, ob er nicht doch ungeahnte Kräfte entwickeln würde. Sicher war sicher.

RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4)

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