Читать книгу Tödliche Intrige - Inge Elsing-Fitzinger - Страница 7

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Treffen bei Baumann im Büro

Kurt Wieland eilte die Treppe hinauf. Henni, seine Frau, blickte überrascht auf.

„Was machst du hier. Ich wusste gar nicht, dass du kommst.“

„Mach uns einen starken Kaffee und bring die Flasche Martell auch gleich mit. Ich habe ein wichtiges Gespräch vor mir.“

„Wer hat dich angerufen“, fragte sie nun ein klein wenig gekränkt, und schüttelte ärgerlich den Kopf.

„Ich muss dich zuerst anmelden. Berthold hat eine Menge zu tun, und ich weiß nicht, ob...“

Weiter kam sie nicht. Der Chef hatte die Tür zu seinem Büro geöffnet und lachte herzlich. „Auf meine Sekretärin kann ich wirklich stolz sein, die macht nicht einmal bei ihrem eigenen Gatten eine Ausnahme.“

Freundschaftlich umarmte er Kurt und bat ihn einzutreten.

Unter der mächtigen Zimmerlinde ließ sich Kurt auf der kastanienbraunen Garnitur nieder.

„Was ist los, Bert?“ Er versuchte, die Sache zu beschleunigen. Baumann ließ ihn zappeln, ließ langsam den herrlichen Cognac in zwei große Schwenker fließen.

Schmunzelnd meinte er dann beiläufig. „Warten wir noch auf Henni, sonst muss ich alles zweimal erzählen und dann wird es vielleicht langweilig.“

Kurt sprang auf, stürzte zur Tür und brüllte hysterisch. “Henni, beeil dich, ich platze gleich vor Neugier, und Berthold will nicht mit seiner Neuigkeit herausrücken, ehe du da bist.“

Baumann wählte seine Worte bedächtig, sah seine Freunde sinnend an. Diese beiden lieben Menschen waren Marcs Eltern. Viel zu frisch waren die Wunden nach der Trennung der Kinder.

„Wie ihr wahrscheinlich wisst, hatten wir in den vergangenen Tagen einen Gast.“ Kein zustimmendes Nicken, nur gespannte Aufmerksamkeit.

„Bob Graven hat uns besucht. Er war für drei Tage in Wien und hat sich bei uns vorgestellt.“ Überraschung lag in Kurts Augen. Henni zuckte unwillkürlich zusammen.

„Der junge Mann war auf einer Geschäftsreise, hat seine Tour kurz unterbrochen, und wollte sichtlich die Stimmung ausloten, die bei uns herrscht. Ein interessanter Mann, allerdings scheint er ein ziemlicher Windhund zu sein.“ Baumann räusperte sich, zündete umständlich eine dicke Zigarre an. Ein missbilligender Blick von Henni. In bewusst lockerem Tonfall erzählte er von seiner ersten Begegnung mit dem möglicherweise künftigen Schwiegersohn.

Henni blickte Kurt an und dieser seine Frau. Das ist nicht unser Berthold. Diese gespielte Art passte so gar nicht zu dem immer besonnen Geschäftsmann. Auch privat hatten die Beiden ihn noch nie so eigentümlich beschwingt über schwerwiegende Dinge plaudern hören. Berthold schaute über sie hinweg ins Leere. Es schien fast, als spräche er zu dem tanzenden Mädchen auf dem Cezanne über seinem Schreibtisch.

„Bob redete wie ein Wasserfall. Sprang von einem Thema zum anderen. Zerpflückte in wenigen Minuten die gesamte Weltpolitik, sämtliche Rassenprobleme und unausweichliche Naturereignisse der letzten Jahrhunderte. Wollte mich sichtlich beeindrucken. Gegen diese rhetorische Dampfwalze hatte ich keine Chance. Vielleicht war der erste Eindruck, den er hinterließ, nicht gerade der Beste, aber immerhin, er hatte die Zuhörer auf seiner Seite. Britt war gefesselt von seiner Erzählung und ließ keinen Blick von ihm. Valentina lächelte amüsiert und geduldig, ihr kennt sie ja.“

„Ich war fürs erste einmal höflich zurückhaltend. Aber ich ahne Schreckliches!“

Er lachte lauthals mit seiner vollen sonoren Stimme und klopfte Kurt freundschaftlich auf die Schulter.

Alles Theater, dachte Kurt mit schwerem Herzen. Sein bester Freund steckte in heilloser Bedrängnis. Er brauchte ihre Hilfe.

„Komm Berthold, machen wir das Beste daraus. Gegen die Liebe und den Dickkopf einer Frau sind wir Männer machtlos, du kennst das doch, oder etwa nicht?“

Erleichtert lehnte sich Baumann zurück.

„Und, wie soll es nun weitergehen?“ Hörte er Hennis zögernde Frage.

„Er will in einigen Wochen nochmals kommen und dann offiziell um Britts Hand anhalten.“

„Und du hast dich natürlich von deinen beiden Damen breit schlagen lassen“, meinte Kurt nun wissend. „Deiner Britt kannst du ja keinen Wunsch abschlagen.“ Etwas traurig aber liebevoll ergänzte er: „Wir wollen alle das Beste hoffen. Die Liebe ist nun mal eine Himmelsmacht, nicht nur in der Operette.“

Nun konnte Henni aber nicht mehr an sich halten.

„Hast du ihn eigentlich gefragt, woher er tatsächlich kommt und wie er seine Brötchen verdient?“

„Typisch Frau“, erwiderte Kurt abwehrend, „aber interessant wäre es schon.“

Baumann hob resigniert die Schultern und meinte bedrückt: „Tja, das ist auch so eine Sache, die mich reichlich stutzig gemacht hat. Er wollte nicht so recht mit der Sprache heraus. Betonte zwar immer wieder, dass er als Großhandelskaufmann und Immobilienmakler Geschäfte mit Okzident und Orient macht, aber wirklich ins Detail wollte er sich nicht treiben lassen.“

Heftiger meinte er dann: „Britt stellte sich schützend vor ihn, ließ nicht zu, dass ich ihn wirklich auf Herz und Nieren prüfte. Schließlich bestand sie sogar darauf, mit Bob in die Hinterbrühl zu fahren und ihn Großmama vorzustellen.“

Er nahm einen Schluck Cognac und sagte mit großer Entschiedenheit in der Stimme: „Ich werde mit der jungen Dame gleich heute Abend ein ernstes Gespräch führen. Für das Mädchen existiert im Augenblick anscheinend nur Glück und eitel Sonnenschein.“

Wieland sprang auf, nahm Henni in die Arme. „Wir werden das gemeinsam durchstehen, du meine tüchtige Frau und du mein alter Freund. Wir wollen doch alle, dass Britt glücklich wird.“

Feierlich hob er sein Glas: „Wir wünschen Britt viel Glück mit ihrem Traumprinzen.“

„Berthold, du setzt dich sofort mit Marc in Verbindung. Da gibt es bestimmt eine Menge Rechtskram, der bedacht und besprochen sein will“.

„Ich danke Euch von ganzem Herzen. Ich wusste ja, ich kann mich auf euch immer verlassen.“

Rührung klang aus diesen Worten. Er wandte sich verlegen ab.

Viele Fragen waren offen, viele Zweifel würden kommen.

Keiner von ihnen hatte Valentina erwähnt. Sie durfte nicht belastet werden, weder mit ungeklärten Fragen, schon gar nicht mit drohenden Zweifeln. Schwach und zerbrechlich, sollte sie nur die Sonnenseite dieses Unternehmens sehen, mit den Schattenseiten würde sich der Rest der Familie herumschlagen.

Bob reiste am Sonntag von Wien in Richtung Rom. Britt brachte ihn zum Flughafen. Sie hatte es sich nicht nehmen lassen, bei Großmama in der Hinterbrühl vorbei zu schauen.

Die alte Dame saß auf der Veranda, wie häufig nach dem Mittagessen. Träumte von vergangen Tagen. Selten sprach sie darüber, im Gegensatz zu den meisten älteren Menschen. Eine schwere Zeit. Wenigstens der Bub war zurückgekehrt aus dem Krieg. Ihr Mann blieb im Feld, mit ihm ihre einzige, große Liebe. Den Schmerz trug sie still im Herzen. Nie forderte sie Trost oder Mitleid, noch hätte sie es gebraucht. Sie war die Stütze der Familie, und wollte es bleiben, bis zu ihrem Tod.

Schneeweißes, zu einem lockeren Knoten aufgestecktes Haar umrahmte das elfenbeinfarbene, noch immer schön wirkende Gesicht. Obwohl weit über siebzig, hielt sie sich aufrecht, überragte die meisten Damen in ihrer Umgebung.

Mit grün schimmernden Augen fixierte sie den unbekannten, jungen Mann. Tief empfundene Worte, aus innigstem Herzen. Es bedurfte keiner langen Erklärungen. Dieser Jüngling war Britts große Liebe. Jeder Blick, jedes Wort, jede Geste, unverkennbarer Ausdruck grenzenloser Zuneigung.

„Merkt Euch nur eines, ihr liebenswerten Menschen. Die Ingredienzien des wirklichen Lebens sind Liebe, Treue, Angst, Ehrgeiz, Begierde. Nicht zu vergessen das Leid und schließlich der Tod. Aber der kommt für uns alle, ob wir es wollen oder nicht. Den Tod brauchen wir auch nicht zu fürchten, wenn wir ein erfülltes Leben hatten. Ich bin sicher, ihr werdet euer Leben füllen, mit all den guten Dingen und Taten, die man auf Erden vollbringen kann.“

Wissende Augen. Sanft streichelte sie Britts Hand, wünschte den beiden eine glückliche Zukunft. Bob war fasziniert von dieser charmanten, klugen Frau. In ihr würden sie eine Verbündete haben, welche Zweifel und Ängste der gestrenge Herr Papa auch anführen mochte. Wer Großmama auf seiner Seite hatte, war auf der Seite der Sieger. Ihr Wort galt weit mehr, als man glaubte. Überglücklich fuhren die beiden jungen Mensch zum Flughafen. Britt kämpfte tapfer mit den Tränen. Die Nasenspitze an die kühlen Scheiben gedrückt, heulte sie los. „Komm nur bald zu mir zurück. Ich brauche dich so sehr, mein Geliebter.“

Nach dem Abendessen bat Baumann seine Tochter ins Büro. Mama fühlte sich nicht wohl, genoss die Ruhe nach den turbulenten Tagen. Fürsorglich hielt Berthold alle Sorgen von ihr fern.

Die ernste Miene des Vaters irritierte Britt. Was wollte er von ihr? Es war doch alles klaglos über die Bühne gegangen. Die Eltern hatten Verständnis gezeigt, und Bob freundschaftlich empfangen. Warum hielt es Papa für so wichtig, nun ernstlich mit ihr über die Zukunft zu sprechen.

„Kind, du weißt ich will dein Bestes.“ Beinahe feierlich klangen die Worte.

„Ich wollte dir die Freude des Wiedersehens nicht trüben. Aber da der junge Mann offensichtlich ernste Absichten hegt, müssen wir uns schon Gedanken machen und einige Dinge klären, ehe er wieder vor uns steht, und dir einen Heiratsantrag macht.

Britt setzte sich, schlug die Beine kess übereinander. „Worüber sollten wir uns Gedanken machen, Papa?“ fragte sie reichlich naiv. Berthold rang nach Fassung.

„Du musst doch zugeben, dass wir so gut wie nichts von diesem Bob wissen. Natürlich hat er geredet, viel geredet, viel erzählt. Aber er nannte weder Namen noch Firmen, sprach immer nur sehr allgemein. Wir wissen nichts über seine Herkunft, nichts über seine Geschäfte. Für dich mag alles wunderbar und interessant geklungen haben, mich hat es absolut nicht befriedig.“

Baumann war aufgesprungen. Nervös ging er im Zimmer auf und ab. Schließlich steuerte er auf den Sekretär zu, holte sich eine große Zigarre.

„Papa, er kommt ja wieder, und dann werden wir alles haargenau bereden. Ich verspreche es dir“, versuchte sie ihren Vater zu beruhigen.

„Wenn Bob vor dir steht, zerfließt du wie eine Wachskerze im Hochsommer. Jede Vernunft rutscht aus deinem schönen Köpfchen. Lass uns Nägel mit Köpfen machen.

Wir werden eine Liste mit allen Fragen aufstellen, die dir und mir einfallen. Dann werden wir sie vergleichen und nach Dringlichkeit ordnen. Im Gespräch mit Bob werden wir eine Frage nach der anderen abklären. Ehe die Antworten nicht klipp und klar vor uns liegen, kannst du dir die Hochzeit abschminken.“

„Du hast ja Recht, Papa.“ Britt sagte es aus voller Überzeugung, war ihrem Vater insgeheim dankbar dafür, wie er mit ihr gesprochen hatte. Sie ahnte, dass eine Verbindung zwischen ihr, der reichen Baumann-Tochter, und Bob nicht nur eine Sache der Liebe sein würde.

Bob Graven wusste ganz genau, wer sie war. Er hatte in einem Detektivbüro in Wien nachgefragt, um Näheres über die Familie Baumann zu erfahren. Die Auskunft übertraf all seine Erwartungen. Von diesem Augenblick an war er überzeugt sich mit Britt ein goldenes Vögelchen einzufangen; dass dieses Vögelchen als Draufgabe auch noch liebreizend, bezaubernd und hinreißend war, erleichterte sein Vorhaben um einiges.

Marc unterstützte das Unternehmen „Bob Graven“ zwar widerwillig aber mit größter Sorgfalt und fachkundigem Rat. Ein provisorischer Ehevertrag wurde entworfen. Gütertrennung vereinbart.

Noch vor der Rückkehr Bobs mussten alle wesentlichen Fragen zumindest innerhalb der Familie abgeklärt sein.

Tödliche Intrige

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